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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. Oktober 1991, Zl. MA 70-10/231/91/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. April 1990 um 13.05 Uhr in Wien II, Praterstraße in Höhe Czerningasse, Richtung Praterstern, ein Fahrrad gelenkt und dabei 1. nicht den dort angelegten Radweg benützt, sondern sei in einer Entfernung von 1,5 m vom rechten Fahrbahnrand mitten auf dem ersten Fahrstreifen gefahren, 2. anschließend sein Fahrrad vorschriftswidrig und verkehrsbehindernd quer zur Fahrtrichtung auf dem ersten Fahrstreifen abgestellt. Der Beschwerdeführer habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu
1. nach § 68 Abs. 1, zu 2. nach § 68 Abs. 4 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. ZUR ÜBERTRETUNG DES § 68 ABS. 1 STVO:
Zur Radwegbenützungspflicht macht der Beschwerdeführer Notstand geltend. Der Radweg in der Praterstraße sei wegen seiner engen und schlechten Anlage bereits für sich und nicht erst auf Grund besonderer, konkreter Umstände gefährlich. Um nicht seine eigene Gesundheit und die von Fußgängern zu gefährden, habe sich der Beschwerdeführer entschlossen, auf der Fahrbahn zu fahren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr EINZIG UND ALLEIN DADURCH RETTEN KANN, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 1991, Zl. 91/02/0097). Die Beweislast traf den Beschwerdeführer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1990, Zl. 89/02/0212).
Im Beschwerdefall kann von einer Notstandssituation schon deshalb keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer nicht behauptet und bewiesen hat, daß es ihm nicht möglich und zumutbar gewesen wäre, sein Fahrziel - wenn er den gegenständlichen Radweg wegen von ihm angenommener Gefährlichkeit nicht benützen wollte - auf anderen Straßenzügen zu erreichen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß die Benützung der Fahrbahn der Praterstraße für den Beschwerdeführer das einzige "Rettungsmittel" darstellte. Damit kann es auf sich beruhen, ob die Benützung des Radweges für den Beschwerdeführers überhaupt mit einer "unmittelbar drohenden Gefahr" verbunden gewesen wäre. Die belangte Behörde war demnach nicht verpflichtet, vom Beschwerdeführer vermißte Beweisaufnahmen zur Frage der Gefährlichkeit der Radwegbenützung durchzuführen.
2. ZUR ÜBERTRETUNG DES § 68 ABS. 4 STVO:
Der Beschwerdeführer bemängelt, es sei nicht ersichtlich, wann und wo er sein Fahrrad abgestellt habe. Hiezu genügt es, auf den von der belangten Behörde bestätigten Spruch des Straferkenntnisses zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Lichte seiner Rechtsprechung zu § 44a lit. a VStG (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A) nicht finden, daß der Beschwerdeführer durch die eingangs wiedergegebene Tatzeit- und Tatortumschreibung in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre.
Schließlich macht der Beschwerdeführer noch geltend, er habe sein Fahrrad wegen eines vor ihm anhaltenden Fahrzeuges ebenfalls anhalten müssen und sei durch dieses Fahrzeug an der Weiterfahrt gehindert worden. Damit bekämpft er die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm zustehenden Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) aber nicht zu erkennen, daß diese Beweiswürdigung rechtswidrig wäre: Es trifft zwar zu, daß der vom Beschwerdeführer behauptete Sachverhalt bereits in seiner Darstellung vom 10. Juli 1990 aufschien. Unrichtig ist hingegen, es gehe auch aus Anzeige und Aussage des Meldungslegers klar hervor, daß vor ihm ein Fahrzeug angehalten habe. Vielmehr ergibt sich hieraus, daß der Beschwerdeführer sein Fahrrad quer zur Fahrbahn auf dem ersten Fahrstreifen abstellte, wodurch dieser zur Gänze blockiert wurde, und daß es durch sein Verhalten zu einem Rückstau kam. Wenn die belangte Behörde den Angaben des Meldungslegers, der den Vorfall von der gegenüberliegenden Fahrbahnseite aus selbst beobachten konnte, Glauben geschenkt hat, ist hierin eine unschlüssige Beweiswürdigung nicht zu erblicken. Bemerkt sei, daß der Beschwerdeführer noch in seiner Berufung ausgeführt hatte, der Verkehr dürfte durch das Fahrzeug eines NACHKOMMENDEN Autofahrers blockiert worden sein.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020090.X00Im RIS seit
11.05.2001