TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/25 91/03/0009

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des O in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. November 1990, Zl. IIb2-V-8374/7-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Lienz erkannte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 8. März 1990 schuldig, er habe als Beifahrer des M, der am 8. August 1989 gegen 09.50 Uhr in Lienz auf der Bahnhofskreuzung mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, wobei an einem dem Kennzeichen nach bestimmten PKW die linke Frontseite samt Beleuchtung erheblich beschädigt und am LKW die linke Rückseite leicht beschädigt worden sei, diesen unmittelbar nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall mit dem Hinweis, er sei an dem Sachschadenunfall völlig schuldlos, weshalb er die Unfallstelle verlassen könnte, vorsätzlich dazu veranlaßt, weiterzufahren, obwohl die Meldung des Unfalles ohne unnötigen Aufschub an die nächste Gendarmeriedienststelle nicht erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit.b StVO eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, nachdem die Frage nach einem ordnungsgemäß erfolgten Identitätsaustausch jedenfalls zu verneinen sei, hätte der Lenker des verunfallten Fahrzeuges, M, die Pflicht gehabt, die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Durch die gegenüber ihm gemachte Aussage, er sei an dem gegenständlichen Sachschadenunfall völlig schuldlos, weshalb er die Unfallstelle verlassen könne, habe der Beschwerdeführer zweifellos auf den Täter bewußt eingewirkt und ihn zu seinem Verhalten, nämlich die Unfallstelle ohne vorhergehende Meldung an den nächsten Gendarmerieposten zu verlassen, veranlaßt.

Die gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wies die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 19. November 1990 mit der Maßgabe als unbegründet ab, daß anstelle der Worte "die Unfallstelle verlassen könnte" die Worte "die Unfallstelle zu verlassen habe" und anstelle des Wortes "obwohl" das Wort "wodurch" zu treten habe. Nach der Begründung dieses Bescheides stehe auf Grund der Aktenlage fest, daß es zur Tatzeit am Tatort zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gekommen sei, wobei der Beschwerdeführer Beifahrer in seinen betriebseigenen LKW gewesen sei. Auf Grund er Zeugenaussagen der Lenker der unfallsbeteiligten Fahrzeuge stehe weiters fest, daß unmittelbar nach dem Unfall der Beschwerdeführer und die beiden Lenker sich über den Unfall unterhielten und anschließend der Beschwerdeführer seinem Lenker erklärt habe, daß die Schuld am gegenständlichen Verkehrsunfall beim anderen Unfallsbeteiligten liege. Sodann sei der Fahrer vom Beschwerdeführer definitiv aufgefordert worden, die Unfallstelle zu verlassen. Der Beschwerdeführer habe den Lenker des Fahrzeuges zur Eile angetrieben und ihn aufgefordert, daß er weiterfahren solle, da sie am Unfall keine Schuld trügen. Weiteren Erhebungen zufolge hätten sich die beiden unfallsbeteiligten Lenker einander vor den gegenständlichen Verkehrsunfall nicht gekannt. Nachdem der andere unfallbeteiligte Lenker noch an der Unfallstelle verblieben und kein gegenseitiger Austausch der Identität mittels Lichtbildausweises erfolgt sei, habe der Lenker des LKW"s eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen, wobei er zu diesem Verhalten vom Beschwerdeführer angestiftet worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher durch sein Verhalten eine Übertretung nach § 7 VStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 StVO begangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Anstiftung setzt die vorsätzliche Bestimmung eines anderen zu rechtswidrigem tatbildmäßigen Verhalten voraus, wobei bedingter Vorsatz genügt, der Täter (Gehilfe) demnach den tatbildmäßigen Erfolg als möglich angenommen und trotzdem die Handlung vorsätzlich gesetzt, also den Erfolg eventuell mitgewollt hat.

Das tatbildmäßige Verhalten nach § 4 Abs. 5 StVO besteht in der nicht ohne unnötigen Aufschub erfolgten Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall, wenn ein gegenseitiger Nachweis von Namen und Anschrift der in Betracht kommenden Personen unterblieb. Der Beschwerdeführer machte sich der Anstiftung zu einer Übertretung dieser Bestimmung sohin (nur) schuldig, wenn er seinen Fahrer vorsätzlich dazu veranlaßte, nicht nur die Unfallstelle zu verlassen und weiterzufahren - die Aufforderung an den Fahrer, den "Identitätsnachweis" nicht zu erbringen, ist nicht strafbar - sondern auch die Meldung des Verkehrsunfalles an die nächste Gendarmeriedienststelle zu unterlassen, obwohl die Unfallsbeteiligten einander ihren Namen und ihre Anschrift nicht nachgewiesen haben. Für eine solche Annahme bilden die Verwaltunsstrafakten - wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet - keine hinreichenden Anhaltspunkte. Denn die Aufforderung, die Unfallstelle zu verlassen und weiterzufahren, schließt nicht zwangsläufig die Aufforderung ein, auch die nach § 4 Abs. 5 StVO erforderliche Meldung zu unterlassen. Aus einer solchen Aufforderung kann nicht zwingend abgeleitet werden, daß schon allein dadurch die Meldung des Unfalles ohne unnötigen Aufschub an die nächste Gendarmeriedienststelle nicht erfolgte, wie dies von der belangten Behörde dem Spruch des angefochtenen Bescheides zufolge angenommen wurde, kann doch auch nach dem Verlassen der Unfallstelle und Weiterfahrt, etwa zur nächsten Gendarmeriedienststelle, der Verpflichtung des § 4 Abs. 5 StVO durch den Fahrer entsprochen werden. Die Frage, ob vom Vorsatz des Beschwerdeführers mitumfaßt war, seinen Fahrer zu veranlassen, den Verkehrsunfall auch nicht zu melden, was der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren bestritt und zu welcher Frage den Ermittlungsergebnissen, insbesondere den Zeugenaussagen der unfallsbeteiligten Lenker konkret nichts zu entnehmen ist, hätte es weiterer Erhebungen, vor allem einer ergänzenden Einvernahme des vom Beschwerdeführer aufgeforderten Fahrers, bedurft. Der Hinweis, daß der Beschwerdeführer den Lenker des Fahrzeuges an der Unfallstelle zur Eile antrieb, reicht hiefür allein nicht aus.

Solcherart verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, wenn sie den Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 StVO schuldig erkannte. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Begehren auf Ersatz der Umsatzsteuer war im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes abzuweisen. Ferner hat die Abweisung des Mehrbegehrens nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand.

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030009.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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