Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. Oktober 1991, Zl. UVS-03/20/00963/91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung der D-Gesellschaft mbH nach außen Berufener zu verantworten, daß diese am 5. Februar 1991 um 10.40 Uhr die Straße und den darüber befindlichen Luftraum in Wien I, Kärntner Straße 61, Karlsplatzpassage, vor dem Eingang in die Bar, durch Betreiben eines Verkaufsstandes im Ausmaß von ca. 4 x 1,5 m auf Privatgrund mit öffentlichem Verkehr ohne die erforderliche Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken benützt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. d in Verbindung mit § 82 Abs. 1 StVO und § 9 VStG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer betont, daß sich der gegenständliche Verkaufsstand nicht auf öffentlichem Grund, sondern auf (von ihm mitgemietetem) Privatgrund befinde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die in Rede stehende Verwaltungsübertretung aber nicht darauf an, ob es sich den Eigentumsverhältnissen nach um öffentliches Gut oder um einen Privatgrund und den dazugehörigen Luftraum handelt. Entscheidend ist vielmehr, daß es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 StVO handelt, d.h. um eine Verkehrsfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (vgl. aus jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zlen. 92/02/0081, 0082, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur). Hiefür ist das Merkmal des äußeren Anscheines an Ort und Stelle maßgebend (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 89/03/0294).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die Karlsplatzpassage an sich eine Straße mit öffentlichem Verkehr ist. Dem äußeren Anschein nach handelt es sich bei der in Rede stehenden Fläche, von der aus man nicht nur den Discothekeneingang erreichen, sondern auch die seitlichen Auslagen der benachbarten Geschäftslokal betrachten kann, aber um einen Teil, nämlich eine "Ausbuchtung" dieser Fußgängerpassage. Dem Vorbringen, der Bereich vor dem Discothekeneingang könne nicht von jedermann benützt werden, sondern in den Abendstunden nur von den Mitarbeitern und Gästen des Lokales, in den Tagesstunden nur von jenen Personen, die beim Verkaufsstand Einkäufe tätigen, ist entgegenzuhalten, daß grundsätzlich jedermann "Gast" der Discothek werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/02/0090, und die darin zitierte Judikatur zur Benützung von Gasthausparkplätzen) oder am Verkaufsstand einkaufen kann. Daß der Discothekeneingang während der Betriebszeiten des Verkaufsstandes versperrt ist, könnte allenfalls dafür von Bedeutung sein, ob und in welchem Umfang eine Bewilligung gemäß § 82 Abs. 1 und 5 StVO zu erteilen wäre, ändert aber am äußeren Anschein einer Straße mit öffentlichem Verkehr und damit an der Bewilligungspflicht nichts.
Mit der in der Judikatur genannten Abschrankung einer Privatstraße (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom 19. September 1990) ist die stundenweise Aufstellung eines Verkaufsstandes nicht vergleichbar. Zutreffend führt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, daß eine unbewilligte (gewerbliche) Tätigkeit eine (hiedurch "gesperrte") Straße mit öffentlichem Verkehr nicht zu einer solchen ohne öffentlichen Verkehr, für welche dann keine Bewilligungspflicht bestünde, machen kann.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Qualifikation von Friedhofswegen beruft, ist für den Verwaltungsgerichtshof ohne nähere Erläuterung nicht verständlich, warum der Vorplatz eines Discothekeneinganges einem Friedhofsweg gleichzuhalten sein soll.
Was die Ausführungen des Beschwerdeführers, des handelsrechtlichen Geschäftsführers der D-GmbH, zu § 9 VStG und den diesbezüglichen Verjährungseinwand anlangt, genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0087, zu verweisen, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof unter anderem mit einem gleichartigen Vorbringen desselben Beschwerdeführers befaßt hat. Geradezu mutwillig ist im Hinblick auf den von der belangten Behörde bestätigten Spruch des Straferkenntnisses das Vorbringen, aus dem angefochtenen Bescheid gehe nicht konkret hervor, wer nun tatsächlich vor dem von der D-GmbH betriebenen Nachtlokal einen Verkaufsstand betreibe, zumal der Beschwerdeführer in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung selbst ausgeführt hat, der Verkaufsstand werde von der D-GmbH betrieben. Wenn der Beschwerdeführer schließlich meint, die Tatortumschreibung "vor dem Eingang in die Bar" wäre zu unbestimmt, so kann der Verwaltungsgerichtshof im Licht seiner Rechtsprechung zu § 44a Z. 1 VStG (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A) nicht erkennen, daß der Beschwerdeführer durch die eingangs wiedergegebene Tatortumschreibung in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Straße mit öffentlichem VerkehrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020091.X00Im RIS seit
12.06.2001