TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/25 91/03/0278

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

BetriebsO 1986 §32 Abs1 Z3;
BetriebsO 1986 §36 Abs1;
GelVerkG §10;
StGB §146;
StGB §147 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisen des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Ing. A in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Juni 1991, Zl. MA 63-T 121/91, betreffend die Zurücknahme des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. April 1991 nahm die Behörde erster Instanz den dem Beschwerdeführer ausgestellten Taxiausweis mit der Nr. 2489/57 gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 163/1986 (BO 1986), auf die Dauer von 18 Monaten zurück. Die Zurücknahme wurde mit einer Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Rechtskraft 18. Oktober 1990 wegen §§ 146, 147 Abs. 2, 12, 289 und 15, 12, 288 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen a S 100,-- (S 36.000,--) im Nichteinbringungsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, begründet.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, es liege ein Fehlurteil vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Juni 1991 bestätigte die belangte Behörde den Bescheid der ersten Instanz. Sie führte in der Begründung nach Zitierung der maßgebenden Bestimmungen der §§ 32 und 36 BO 1986 zum Begriff der "Vertrauenswürdigkeit" nach § 32 Abs. 1 BO 1986 aus, es sei, da die Betriebsordnung keine Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit enthalte, in diesem Zusammenhang unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauches davon auszugehen, daß dem Wort "Vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zukomme, wie einem "Sich verlassen". Die Frage der Verläßlichkeit sei auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens zu beurteilen. Der Schutzzweck der Betriebsordnung sei nicht allein auf den Straßenverkehr beschränkt, sondern sei darauf gerichtet, jedermann vor der Verletzung eines jeden durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Eine strafgerichtliche Verurteilung beeinträchtige die Vertrauenswürdigkeit nur dann nicht, wenn es sich um eine einmalige Verfehlung handle, der nach den Feststellungen des Gerichtes geringer Unrechtsgehalt und geringes Verschulden zugrunde lägen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1986, Zl. 85/15/0009). Der Beschwerdeführer sei mit dem genannten Urteil vom 14. Mai 1990 wegen der Vergehen des schweren Betruges, der Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor der Verwaltungsbehörde und der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht (Tatzeiten zwischen Mai 1988 und anfangs 1990) schuldig erkannt und über ihn ein Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je S 200,--, im Nichteinbringungsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt worden. Aus dem Gerichtsakt ergebe sich, daß der Beschwerdeführer einer Person, die wegen geistiger Beschränkung keinen Führerschein erlangen könne, vorgetäuscht habe, wegen seiner Beteiligung an einer Fahrschule, gegen entsprechende Honorierung, in der Lage zu sein, eine Lenkerberechtigung zu beschaffen. Auf diese Weise habe der Beschwerdeführer dieser Person mehrmals beträchtliche Geldbeträge (zusammen S 200.000,--) herausgelockt. Überdies habe er seine ehemalige Freundin zu falschen Aussagen verleitet. Das Gericht habe bei der Strafbemessung als erschwerend u.a. gewertet, daß der Beschwerdeführer eine geistig nicht sehr hoch entwickelte Person aus finanziellen Gründen auf sehr häßliche Weise ausgenützt habe. Die gegen das Urteil erhobene volle Berufung habe der Beschwerdeführer hinsichtlich Nichtigkeit und Schuld zurückgezogen und nur die Strafberufung aufrechterhalten. Das Oberlandesgericht Wien habe mit Urteil vom 18. Oktober 1990 den Tagessatz auf S 100,-- herabgesetzt. Es habe dazu festgehalten, daß dem Umstand, daß der Beschwerdeführer eine geistig behinderte Person ausgenutzt habe, erschwerende Wirkung zukomme, ebenso der Hartnäckigkeit, mit der der Beschwerdeführer durch die Beeinflussung einer Zeugin seine Überführung wegen des Vermögensdeliktes zu verhindern versucht habe. Der Verurteilung komme somit nicht nur geringes Verschulden und geringer Unrechtsgehalt zu. Da der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vor Gericht am 14. Mai 1990 ein Geständnis abgelegt und nur die Strafberufung aufrechterhalten hat, komme seinem Berufungsvorbringen keine Berechtigung zu. Da dem Schuldspruch Taten zugrunde gelegen seien, die wohlüberlegt worden waren, müsse auf einen schwerwiegenden Charaktermangel des Beschwerdeführers geschlossen werden. Die Zurücknahme des Taxilenkerausweises (eine Sicherungsmaßnahme, um die Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Taxilenker zu schützen) sei daher zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 1 BO 1986 ist der Taxilenkerausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der in § 32 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Als solche Voraussetzung normiert § 32 Abs. 1 Z. 3 BO 1986 die Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers um einen Ausweis.

Die BO 1986 enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauches ist davon auszugehen, daß dem Wort "Vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zukommt wie dem Ausdruck "Sich verlassen". Dem Gegenstand der in Rede stehenden Regelung nach soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen läßt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, obliegt. Der Schutzzweck der Betriebsordnung ist nicht auf den Straßenverkehr beschränkt, sondern darauf gerichtet, jedermann vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Die Vertrauenswürdigkeit umfaßt sohin das Gesamtverhalten, es ist daher unbeachtlich, ob eine allfällige strafgerichtliche Verurteilung in ursächlichem Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Taxilenker erfolgte oder nicht. Das einer strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten kann derart schwer wiegen, daß es allein die Annahme des Fehlens der Vertrauenswürdigkeit rechtfertigt, es sei denn, daß es sich um gerichtliche Verurteilungen handelt, welchen nach den Feststellungen des Gerichtes geringer Unrechtsgehalt und geringes Verschulden zugrundeliegen (vgl. dazu die

hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/03/0144, und vom 3. November 1986, Zl. 86/15/0081).

Unter Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte ist der belangten Behörde weder ein Rechtsirrtum unterlaufen noch ist ihr ein Verfahrensmangel anzulasten, wenn sie bei dem ihr vorgelegenen Sachverhalt das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit beim Beschwerdeführer zumindest für eine vorübergehende Zeit verneinte. Der Beschwerdeführer wurde wegen mehrerer gravierender Vergehen, darunter wegen des Vergehens des schweren Betruges, begangen durch mehrere Angriffe gegen eine behinderte Person mit einer beträchtlichen Schadenssumme von weit über S 100.000,--, rechtskräftig verurteilt. Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie nicht vom Vorliegen einer einmaligen Verfehlung und nicht von einem geringen Verschulden und einem geringen Unrechtsgehalt der Taten ausging und deshalb zu dem Ergebnis gelangte, daß es an der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit mangle, und eine Zurücknahme des Taxilenkerausweises für die Dauer von 18 Monaten für angemessen erachtete. Der Verwaltungsgerichtshof vermag entgegen der Beschwerdebehauptung nicht zu finden, daß der angefochtene Bescheid keine Ausführungen darüber enthält, aus welchem Grund dem Beschwerdeführer die Verläßlichkeit zum Lenken eines Taxis fehlen würde. Die Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen wie im gegenständlichen Fall lassen eine Charaktereigenschaft des Beschwerdeführers erkennen, die die erforderliche Vertrauenswürdigkeit in Frage stellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. November 1986, Zl. 86/15/0081).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030278.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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