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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AktG 1965 §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der XY-AG in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 25. Oktober 1990, Zl. 181-GA 5-DSt/89, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich - in Übereinstimmung mit der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 VwGG - im wesentlichen folgendes:
Mit Sacheinlagevertrag vom 20. August 1988 wurde der Betrieb (mit den dazugehörenden drei Grundstücken in S) einer Genossenschaft mit Sitz im Bundesland S, die sich nach § 5 Abs. 2 dieses Vertrages in ihrem Anlagevermögen ausgewiesene Beteiligungen, nämlich Aktien der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft mit Sitz in W (in der Folge: Beschwerdeführerin) im Gesamtbuchwert von S 718.000,-- und Anteile an einer (anderen) Genossenschaft im Gesamtbuchwert von S 189.000,-- zurückbehielt, mit allen Aktiven und Passiven auf Grundlage der zum 31. Dezember 1987 erstellten Einbringungsbilanz mit dem zuletzt genannten Tag als Stichtag in die Beschwerdeführerin eingebracht. Als Gegenleistung für die Einbringung der Sacheinlage wurde gemäß § 7 Abs. 2 dieses Vertrages die Übernahme neuer Aktien der Beschwerdeführerin im Nennbetrag von S 4,000.000,-- aus einer von ihr durchzuführenden Kapitalerhöhung vereinbart.
Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinne der Beschwerde) die Grunderwerbsteuer auf Grund des § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG 1987 (in der Folge: GrEStG) vom Einheitswert der Grundstücke oder (im Sinne der angefochtenen Berufungsentscheidung) gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst findet der Verwaltungsgerichtshof folgende
Klarstellung erforderlich:
Die Wirkungen eines Bescheides letzter Instanz, das sind nach Maßgabe des Verwaltungsverfahrenrechts Unanfechtbarkeit, Unwiderrufbarkeit, Unwiederholbarkeit, Verbindlichkeit, Vollstreckbarkeit und Tatbestandswirkung, treten mit seiner Erlassung ein. Die Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ändert - abgesehen von einer im vorliegenden Fall nicht beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, durch deren Bewilligung die Verbindlichkeit, die Vollstreckbarkeit und die Tatbestandswirkung des Bescheides bis zur endgültigen Entscheidung über die Beschwerde aufgeschoben wären, - an diesen Wirkungen nichts (siehe z.B. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, Linz 1983, S. 116). Im Hinblick darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nach der im Zeitpunkt seiner Erlassung (das war im vorliegenden Fall der 15. November 1990) maßgebenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen hat, sind im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren schon deshalb § 22 Abs. 4 des Art. III des 1. Hauptstückes des 1. Teiles und Z. 1 lit. d des 3. Teiles des Umgründungssteuergesetzes BGBl. Nr. 699/1991 unbeachtlich.
Weiters ist zur Vermeidung von Mißverständnissen darauf hinzuweisen, daß die Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend davon ausgehen, daß die hier in Rede stehende Grundstücksübertragung der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegt und nach § 12 Abs. 1 zweiter und vierter Satz GrEStG nicht steuerbefreit ist (siehe z.B. Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987, Wien - Stand nach der
5. Lieferung November 1990, Tzz 184 f zu § 1 und Tz 6 zu § 12, und Quantschnigg, Zum Auslaufen der Grunderwerbsteuerbefreiungen im Strukturverbesserungsgesetz, ÖStZB 16/1987, S. 186 f).
Schon im zeitlichen Geltungsbereich des GrEStG 1955 hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 26. November 1970, Zl. 1234/69, Slg. Nr. 4156/F, dargetan, daß die Einbringung von Grundstücken in eine Aktiengesellschaft mit Sacheinlagevertrag gegen den Erwerb neuer Aktien einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang darstellt und die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auf den Hinweis der damals belangten Behörde auf sein Erkenntnis vom 28. September 1964, Zl. 2224/63, Slg. Nr. 3138/F, erwidert, sie könne "nichts Entscheidendes gewinnen, da im gegenständlichen Falle ja nicht eine Aktiengesellschaft neu gegründet wurde, sondern vielmehr die Beschwerdeführerin als bereits bestehende Gesellschaft mit einem bestimmten Grundkapital im Wege der Kapitalerhöhung neue Aktien an die Gesellschaft ausgab".
Mit seinem Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0101, ÖStZB 23/24/1991, S. 568, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem bereits dem GrEStG unterliegenden Beschwerdefall (Sacheinlagevertrag vom 30. November 1987) unter ausdrücklicher Ablehnung der z.B. in dem oben angeführten Erkenntnis vom 28. September 1964 vertretenen Auffassung entschieden, daß Gesellschaftsrechte regelmäßig AUCH bei Neugründungen zu bewerten sind. Nach § 13 Abs. 2 BewG ist für Aktien, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Läßt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Eine Schätzung dient zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage. Von einer nicht zu ermittelnden Gegenleistung im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG kann daher keine Rede sein.
Mit diesem Erkenntnis vom 20. Juni 1990 hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur eine Differenzierung zwischen der Einbringung von Grundstücken in eine bestehende Aktiengesellschaft einerseits und in eine neu gegründete andererseits abgelehnt, sondern auch eindeutig seine in dem angeführten Erkenntnis vom 26. November 1970 vertretene Rechtsansicht in den zeitlichen Geltungsbereich des GrEStG übernommen. Schon deshalb findet der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall, der dem dem Erkenntnis vom 26. November 1970 zugrunde gelegenen im wesentlichen gleicht, keinen Anlaß für einen verstärkten Senat im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG.
Soweit sich Arnold in Punkt 3. seiner Nachbemerkung in Anw. 11/1990, S. 643, zu der in dem angeführten Erkenntnis vom 20. Juni 1990 geklärten Sachfrage selbst äußert, ist ihm insofern beizupflichten, daß die Bewertung der Gesellschaftsrechte einer neu gegründeten Gesellschaft gewiß nicht einfach ist.
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung ist auch die Schätzung der Gegenleistung als eine Art ihrer "Ermittlung" im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG zu verstehen (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1958, Zl. 1954/57, vom 9. Mai 1968, Zl. 1310/67, ÖStZB 21/1968, S. 155, und das bereits angeführte vom 20. Juni 1990).
Die auf den Grundstückserwerb entfallende Gegenleistung ermittelte die belangte Behörde zu Recht durch die Verhältnisrechnung: Gesamtvermögen der Genossenschaft:
Verkehrswert der Grundstücke = Gesamtgegenleistung: x (siehe z. B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 29. Oktober 1958 und die Erkenntnisse vom 26. Februar 1962, Zl. 861/61, Slg. Nr. 2599/F, und vom 28. Februar 1974, Zl. 25/73, ÖStZB 17/1974, S. 203).
Schon diese Formel der Verhältnisrechnung zeigt, daß die Beschwerdeführerin in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht dadurch verletzt ist, daß die belangte Behörde erklärte: "Da der gemeine Wert der gewährten Aktien der ...
(Beschwerdeführerin) zum 1.1.1986 S 0,-- betrug, können diese bei Ermittlung der Gesamtgegenleistung für die Einbringung des Betriebes außer Ansatz bleiben." Es bedarf auch keiner weitwendigen Begründung, daß in dieser Verhältnisrechnung nicht einerseits der Verkehrswert und andererseits der Einheitswert angesetzt werden darf.
Wenn sich die Beschwerdeführerin schließlich gegen die Feststellung des Verkehrswertes der Grundstücke mit S 18,500.000,-- wendet, dann ist darauf folgendes zu erwidern:
Die Beschwerdeführerin antwortete auf den Vorhalt der belangten Behörde vom 30. Juli 1990, mit dem auf Grund konkreter Tatsachen ein Mindestverkehrswert der Grundstücke von S 38,400.000,-- angenommen worden war, in ihrem Schreiben vom 10. Oktober 1990 lediglich, die Liegenschaften seien zwischenzeitig um S 18,500.000,-- verkauft worden. Der Kaufvertrag sei beim "dortigen" Finanzamt angezeigt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag keine Rechtswidrigkeit darin zu erblicken, wenn die belangte Behörde den Verkehrswert der Grundstücke nur mit dem zuletzt genannten Betrag annahm. Das in diesem Zusammenhang erstmalige Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde verstößt gegen das sich aus § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG ergebende Neuerungsverbot.
Auf Grund einer sogenannten Bescheidbeschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nicht die Untätigkeit einer Behörde - hier die behauptete Säumigkeit zum Antrag auf Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung - zu beurteilen (siehe z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1988, Zl. 88/16/0077, mit weiterem Hinweis).
Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Auf Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin von einer Verhandlung absehen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesUntätigkeit einer BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990160234.X00Im RIS seit
14.01.2002Zuletzt aktualisiert am
30.07.2010