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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, in der Beschwerdesache des Dr. A, Rechtsanwalt in W, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der N-reg. Gen. m. b. H. in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. August 1990, Zl. GA 11 - 1431/1/90, betreffend Grunderwerbsteuer, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Ein (in der Folge als N bezeichneter) gemeinnütziger Bauträger im Sinne des § 4 GrEStG 1955 (in der Folge: GrEStG) hatte auf Grund des Kaufvertrages vom (2./)3. Dezember 1980 von einem Landwirt das Eigentum an einer bestimmten unbebauten Liegenschaft in Niederösterreich erworben und in der betreffenden gemäß § 18 GrEStG dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: FA) erstatteten Abgabenerklärung vom 3. Dezember 1980 für diesen Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuerbefreiung wegen § 4 Abs. 1 Z. 1 (offensichtlich lit. a) GrEStG beantragt.
Nachdem mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30. November 1983 über das Vermögen des N der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt worden war, hatte letzterer die nach wie vor unbebaut gewesene Liegenschaft am 30. Juni 1987 durch Verkauf an einen anderen (in der Folge als G bezeichneten) gemeinnützigen Bauträger verwertet.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1989 setzte das FA gegenüber N zu Handen des Beschwerdeführers für den erwähnten Erwerbsvorgang vom 2. Dezember 1980 unter Angabe des Fälligkeitstages 27. Februar 1989 Grunderwerbsteuer fest. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Vorschreibung erfolge gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG wegen Nichterfüllung des steuerbegünstigten Zweckes (Nichtfertigstellung des Hauses innerhalb von acht Jahren ab Erwerb).
In seiner Berufung vom 1. Februar 1989 gegen diesen Bescheid des FA brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, ihm sei nicht bekannt, inwieweit G eine Bautätigkeit im Sinne der befreienden Bestimmungen des GrEStG ausführe. Die festgesetzte Grunderwerbsteuer wäre jedenfalls nicht an dem angegebenen Fälligkeitstag zu bezahlen, sondern als Konkursforderung beim Handelsgericht Wien anzumelden.
Das FA wies diese Berufung mit an N, vertreten durch den Beschwerdeführer, gerichteter Berufungsvorentscheidung vom 4. Juli 1989 als unbegründet ab. Dies im wesentlichen unter Anführung der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 zweiter Satz GrEStG mit der Begründung, bis 2. Dezember 1988 seien auf dieser Liegenschaft Kleinwohnungen oder Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum nicht errichtet worden. Daher gelte der begünstigte Zweck als nicht erfüllt.
In seinem Antrag vom 11. Juli 1989 auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Ansicht des FA, die Steuerschuld sei "daher mit Ablauf der acht Jahre seit Verwirklichung des Erwerbsvorganges" entstanden, widerspreche der Systematik über die Behandlung von Abgaben im Insolvenzfall. Die hier in Rede stehende Befreiung sei ja dem Inhalt nach nichts anderes als der nach einem Überprüfungszeitraum zu erkennende Wegfall der jeweiligen "Geschäftsgrundlage für die erteilte Befreiung". Es entspreche daher durchaus der Systematik und auch der Absicht des Gesetzgebers, in diesen Fällen nach Ende bzw. Ablauf des Überprüfungszeitraumes auf die Besteuerungsgrundlagen wie zu Beginn dieses Zeitraumes abzustellen. Falle nun der Stichtag der Konkurseröffnung in den Überprüfungszeitraum, würde dies sowohl nach der vorstehenden Systematik wie auch nach den Grundsätzen des Insolvenzrechtes bedeuten, daß eine auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses zurückblickende Beurteilung dazu führe, die entsprechende Forderung sei eben Konkurs- und nicht Masseforderung.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) wies die Berufung des Beschwerdeführers mit an N zu Handen des Beschwerdeführers als Masseverwalter gerichteter Berufungsentscheidung vom 22. August 1990 als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit einer Verweisung auf die oben zitierte Begründung der Berufungsvorentscheidung und der - in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen - Bemerkung, die Abgabenforderung werde im Konkursverfahren angemeldet.
In seiner vorliegenden, gegen diese Berufungsentscheidung gerichteten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen ausdrücklich folgendes vor:
"Soweit mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid die Erhebung der Grunderwerbsteuer durch die I. Instanz sanktioniert wird, ist diesem Bescheid nicht entgegenzutreten. Der Einschreiter anerkennt das Entstehen dieser Steuerverbindlichkeit. Soweit aber die Unterbehörden diese Steuerverbindlichkeit als Masseforderung ansehen, wird dieser Rechtsauffassung entgegengetreten und da in dem bekämpften Bescheid implicite hervorkommt, daß die belangte Behörde diese Abgabenforderung als Masseforderung betrachtet, wird dieser Teil des Bescheides als rechtswidrig bekämpft."
Weiters bringt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das - z.B. in der Slg. Nr. 4472/F veröffentlichte - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1972, Zl. 1510/72, vor, ihm sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann die Steuerschuld in den Fällen des § 4 Abs. 2 GrEStG entstehe, nämlich im Zeitpunkt der Aufgabe des begünstigten Zweckes oder spätestens nach Ablauf von acht Jahren, bekannt.
Abschließend vertritt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Gessler, Steuern bei Konkurs und Ausgleich, Wien 1984, S. 136 (Abs. 3), und den dort zitierten Autor Frotscher zusammenfassend dennoch die (auch der vom Verwaltungsgerichtshof allerdings abgelehnten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - siehe z.B. Boruttau-Egly-Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz11, München 1982, S. 452 Tz 38 - zugrunde liegende) Ansicht, bei richtiger Würdigung aller Umstände sei die Steuerpflicht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entstanden.
Der Beschwerdeführer bekämpft also in keiner Weise den Spruch der hier in Rede stehenden Berufungsentscheidung, der im übrigen der Sach- und Rechtslage auch in bezug auf die zumindest im Ergebnis - im vorliegenden Zusammenhang - bedeutungslose Bestätigung des gemäß §§ 19 GrEStG bzw. 198 Abs. 2 und 210 Abs. 1 BAO angegebenen Fälligkeitstages entspricht, sondern lediglich das - offensichtlich seiner Meinung nach mit Konsequenzen für das Konkursverfahren verbundene - Begründungselement in bezug auf das Entstehen der Abgabenschuld nach Konkurseröffnung.
Bei dieser Beschwerdeführung übersieht der Beschwerdeführer folgendes:
Selbst wenn ein Bescheid auf "unrichtigen rechtlichen Erwägungen" beruht, sein Spruch aber trotzdem gesetzmäßig ist, dann kann der Verwaltungsgerichtshof nicht mit der Aufhebung des - unrichtig begründeten - Bescheides vorgehen, weil er mit keiner Rechtswidrigkeit belastet ist (siehe z.B. die von Dolp-Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 563 letzter Abs., zitierte Rechtsprechung und zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1990, Zl. 90/16/0181, mit weiteren Hinweisen).
Ganz abgesehen davon, daß anhängige steuerrechtliche Verfahren durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen werden (siehe z.B. die Entscheidung des OGH vom 21. Jänner 1959, AZ. 6 Ob 343/58, JBl. 15/16/1959, S. 416, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Jänner 1957, Zlen. 2041, 2042/54, Slg. Nr. 1567/F), hat das Konkursgericht (§ 110 Abs. 3 KO) zu entscheiden, ob eine Abgabenforderung eine Masseforderung ist oder nicht (siehe z.B. die von Mohr, Die Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung7, Wien 1990, S. 190, unter E 51 zitierten Entscheidungen des OGH). Der vom Beschwerdeführer als kryptisch und mehrdeutig empfundene Satz "Die Abgabenforderung wird im Konkursverfahren angemeldet."
kann im übrigen sowohl für eine Masse- als auch für eine Konkursforderung sprechen, wenngleich Masseforderungen nicht der AnmeldungsPFLICHT unterliegen (siehe z.B. die von Mohr, a. a.O., S. 185, unter E 2 zitierte Rechtsprechung).
Nun setzt jede Beschwerde eine beschwerdeführende Partei und deren "Beschwer" begrifflich voraus. Das Rechtsschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei der Bescheidbeschwerde im OBJEKTIVEN INTERESSE der beschwerdeführenden Partei an der Beseitigung des angefochtenen, sie beschwerenden Verwaltungsaktes. Das objektive Interesse der beschwerdeführenden Partei gründet aber in dieser Beschwer. Eine solche liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder wenn mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet (materielle Beschwer) - siehe z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0125, mit weiterem Hinweis.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind u.a. Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluß nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
Die Beschwerdelegitimation hat nicht nur die Behauptung, durch einen Bescheid in einem oder mehreren bestimmten SUBJEKTIV-ÖFFENTLICHEN Rechten verletzt zu sein, sondern auch die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung zur Voraussetzung (siehe z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juni 1986, Zl. 86/16/0089, mit weiteren Hinweisen).
Da auch in dem nunmehr zu beurteilenden Fall eine solche Rechtsverletzungsmöglichkeit fehlt, ist die vorliegende Beschwerde mangels Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a UND ABS. 3 VwGG zuständigen FÜNFERSENAT zurückzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990160205.X00Im RIS seit
26.03.1992