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96 StraßenbauNorm
Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. 354/1985, mit der der Straßenverlauf eines Abschnittes der A 9 Pyhrn Autobahn und der B 113 Schoberpaß Straße bestimmt wirdLeitsatz
Zulässiger Individualantrag auf Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. 354/1985, soweit der Straßenverlauf der A 9 Pyhrn Autobahn festgelegt wird; den gesetzlichen Anforderungen genügende Entscheidungsgrundlagen; Abweisung des AntragesSpruch
1. beschlossen:
Die Anträge werden, soweit sie die Aufhebung jener Teile der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 6. August 1985, BGBl. Nr. 354/1985, begehren, mit denen der Straßenverlauf eines Abschnittes der B113 Schoberpaß Straße im Bereich der Gemeinde Kalwang bestimmt wird, zurückgewiesen.
2. gemäß Art139 B-VG zu Recht erkannt:
Im übrigen wird den Anträgen keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Antragsteller sind Eigentümer von Liegenschaften der KG Mautern bzw. der KG Kalwang.
Sie beantragen die gänzliche Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 6. August 1985, BGBl. 354/1985, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A9 Pyhrn Autobahn und der B113 Schoberpaß Straße im Bereich der Gemeinden Kalwang, Mautern in Steiermark und Kammern im Liesingtal.
2. Die angefochtene Verordnung lautet:
"Auf Grund des §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 63/1983 wird verordnet:
1. Der Straßenverlauf eines Abschnittes der A9 Pyhrn Autobahn wird im Bereich der Gemeinden Kalwang, Mautern in Steiermark und Kammern im Liesingtal wie folgt bestimmt:
Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 141,90, führt in der Folge über die Anschlußstellen Kalwang und Mautern und schließt bei km 155,30 an den bereits verordneten Abschnitt 'Kammern' an.
2. Der Straßenverlauf eines Abschnittes der B113 Schoberpaß Straße wird im Bereich der Gemeinde Kalwang wie folgt bestimmt:
Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 26,405, verläuft in der Folge unter Mitbenützung großer Teile der ehemaligen Schoberpaß Straße und bindet bei km 27,250 wieder in den Bestand ein.
3. Im einzelnen ist der Verlauf der beiden Straßentrassen aus den beim Bundesministerium für Bauten und Technik, beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung sowie bei den Gemeinden Kalwang, Mautern in Steiermark und Kammern im Liesingtal aufliegenden Planunterlagen (Plan Nr. A9/35 im Maßstab 1 : 2880) zu ersehen.
§15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf die vorangeführten Straßenabschnitte Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind den aufliegenden Planunterlagen zu entnehmen.
Durch diese Verordnung wird die Verordnung vom 28. August 1981, BGBl. Nr. 399, betreffend den Abschnitt 'Kammern' der A9 Pyhrn Autobahn von km 154,79 bis km 155,30 abgeändert."
3.a) Mit den dieses Verfahren bestimmenden Anträgen begehren die Antragsteller die Aufhebung der Verordnung BGBl. 354/1985 zur Gänze.
b) Zur Legitimation bringt der Antragsteller zu V10/89 vor, daß durch die mit der bekämpften Verordnung festgelegte Trasse der A9 Pyhrn Autobahn unmittelbar in seine Rechtssphäre eingegriffen werde, da die Trasse mehrere Grundstücke des Antragstellers durchquere. Der Antragsteller zu V11/89 begründet seine Antragslegitimation damit, daß durch die verordnete Autobahntrasse eine Verlegung des Liesingbaches notwendig werde und dieser in der Folge das Grundstück des Antragstellers in der Mitte durchschneiden würde. In beiden Fällen werde daher die bekämpfte Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für die Antragsteller unmittelbar wirksam. Es stehe den Antragstellern auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die Frage der Rechtmäßigkeit der bekämpften Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Sie seien daher zur Stellung eines Individualantrages hinsichtlich der angefochtenen Verordnung legitimiert.
c) Die Trassenfestlegung erachten die Antragsteller für gesetzwidrig, weil sie ohne Bedachtnahme auf den tatsächlich zu erwartenden Bedarf, ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung und ohne Bedachtnahme auf die Belastung der Umwelt verordnet worden sei. Nach Ansicht der Antragsteller sei ein Ausbau der A9 Pyhrn Autobahn weniger leistungsfähig, kostenungünstiger und umweltbelastender als Lösungsvarianten, die einen Ausbau der Bahntrasse über den Schoberpaß miteinbeziehen; zur Bewältigung des Verkehrsstroms auf der in Frage stehenden Route wäre in verstärktem Maße die Bahn heranzuziehen und auf den Bau der A9 Pyhrn Autobahn zu verzichten.
4. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat als der zur Vertretung der angefochtenen Verordnung gemäß §2 Abs1 Z2 in Verbindung mit Teil 2 der Anlage litC Z21 BMG 1986 in der Fassung BGBl. 78/1987 zuständige Bundesminister Aktenstücke vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er die Abweisung der Anträge begehrte.
5. Mit Erkenntnis vom 20. Juni 1989, V118/88, V9/89, gab der Verfassungsgerichtshof Anträgen von Eigentümern von Liegenschaften der KG Mötschendorf auf gänzliche Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 12. August 1981, BGBl. 399/1981, in dem von der Verordnung BGBl. 354/1985 nicht abgeänderten Teil, also der Trassenfestlegung der A9 Pyhrn Autobahn von km 155,300 bis km 164,400 keine Folge, da die in den diesen Verfahren zugrunde liegenden Anträgen vorgebrachten Bedenken nicht zutrafen. Diese Bedenken entsprachen im wesentlichen wörtlich gleichlautend den Ausführungen der Antragsteller in den vorliegenden Verfahren V10/89 und V11/89.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Frage der Zulässigkeit der Anträge erwogen:
1.a) Die angefochtene Verordnung bestimmt insbesondere in ihrem Punkt 2. den Straßenverlauf eines Abschnitts der B113 Schoberpaß Straße im Bereich der Gemeinde Kalwang.
b) Die vorliegenden Anträge bekämpfen die Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 6. August 1985, BGBl. 354/1985 zur Gänze, mithin auch die Trassenfestlegung der B113 Schoberpaß Straße. Der Sache nach enthalten die Anträge jedoch ausschließlich Ausführungen betreffend die - ebenfalls mit der genannten Verordnung erfolgte - Trassenfestlegung der A9 Pyhrn Autobahn im Bereich der Gemeinden Kalwang, Mautern in Steiermark und Kammern im Liesingtal.
Keiner der Antragsteller behauptet auch nur, zur Anfechtung der Trassenfestlegung bezüglich der B113 Schoberpaß Straße legitimiert bzw. durch diese Trassenfestlegung in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Anträge waren daher, soweit sie jene Teile der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. 354/1985, anfechten, mit denen ein Teil des Straßenverlaufes der B113 Schoberpaß Straße festgelegt wird, mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art139 Abs1 B-VG (vgl. VfSlg. 8058/1977 mit Hinweis auf VfSlg. 8009/1977) zurückzuweisen.
2. Beide Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken, die in dem von der bekämpften Verordnung für die Trasse der A9 Pyhrn Autobahn festgelegten Bundesstraßenbaugebiet (§15 BStG) liegen, weshalb schon deshalb beide Anträge, soweit sie sich gegen jene Teile der Verordnung BGBl. 354/1985 richten, mit denen die Trasse der A9 Pyhrn Autobahn festgelegt wird, zulässig sind (vgl. VfSlg. 9823/1983).
3. Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden Anträge zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
III. In der Sache hat der Gerichtshof erwogen:
1. §4 Abs1 Bundesstraßengesetz 1971 idF der hier maßgeblichen Novelle BGBl. 63/1983 bestimmt, daß der Straßenverlauf durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Denkmalschutz und die Umweltverträglichkeit nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüberhinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges zu bestimmen ist. Durch die Verweisung auf die §§7 und 7a BStG 1971 ist zum Ausdruck gebracht, daß der Straßenverlauf auch eine sichere Benützbarkeit der Straßen gewährleisten muß und daß vorzusorgen ist, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den künftigen Verkehr soweit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand ermöglicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist (VfSlg. 9823/1983 mit Hinweis auf VfSlg. 8200/1977).
Das die Bundesstraßen A(Bundesautobahnen) aufzählende Verzeichnis 1, das gemäß §1 Abs1 BStG einen Bestandteil des BStG bildet, nennt in der Fassung der Novelle BGBl. 63/1983 als eine der Bundesautobahnen die "A 9 Pyhrn Autobahn" und beschreibt deren Verlauf mit der Formulierung "Sattledt (A 1, A8) - Liezen - St. Michael bei Leoben - Knoten Graz (A 2) - Staatsgrenze bei Spielfeld" (durch die BStG-Nov. BGBl. 165/1986 wurde die Streckenbeschreibung in Einzelheiten in einer für den vorliegenden Fall nicht maßgeblichen Weise geändert).
2.a) Die Antragsteller suchen darzutun, daß kein Bedarf nach Errichtung einer Autobahn auf der fraglichen Teilstrecke bestehe und daß einem Ausbau der Bahnstrecke über den Schoberpaß (allenfalls in Verbindung mit dem Ausbau der Bundesstraße) aus ökonomischen Erwägungen und unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes der Vorzug gegenüber dem Autobahnausbau zu geben sei. Sie meinen, daß aus diesen Gründen die verordnete Trasse gesetzwidrig sei. Dabei übersehen sie, daß dem Bundesminister zur Prüfung dieser Frage bei der Verordnungserlassung keine Befugnis zustand, da nach dem einen Teil des BStG bildenden "Verzeichnis 1" die autobahnmäßig auszubauende Verbindung vorgeschrieben ist und die Festlegung einer Trasse nach §4 Abs1 BStG "im Rahmen der Verzeichnisse" zu erfolgen hat (vgl. VfGH v. 23.6.1988, V92/87). Auch die von §4 Abs1 BStG geforderte Bedachtnahme auf die Umweltverträglichkeit bezieht sich ausschließlich auf die Festlegung der zu verordnenden Trasse. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Aufnahme der A9 Pyhrn Autobahn in das "Verzeichnis 1" des BStG hat der Verfassungsgerichtshof aber keine Bedenken (vgl. VfGH v. 20.6.1989, V118/88, V9/89).
b) Die Antragsteller erachten die angefochtene Verordnung auch deshalb für gesetzwidrig, weil der verordnungserlassende Bundesminister Wirtschaftlichkeitsüberlegungen überhaupt nicht angestellt habe.
Diese Annahme der Antragsteller trifft jedoch nicht zu: Aus dem "Technischen Bericht" des der Trassenfestlegung aufgrund von Überarbeitungen letztlich zugrunde liegenden "Generellen Projekts 1980" geht nämlich hervor, daß der verordnungserlassende Bundesminister Wirtschaftlichkeitserwägungen angestellt hat. Dabei wurde nicht nur eine Kostenübersicht erstellt, es wurden auch die im fraglichen Abschnitt erforderlichen besonderen Baumaßnahmen (wie Brücken, Unter- und Überführungen und Bachverlegungen) im einzelnen angeführt und in die Kostenschätzung miteinbezogen. Diese Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bildeten sodann - nach Abwägung mit den anderen vom Gesetz vorgegebenen Entscheidungskriterien - die Grundlage für die mit der angefochtenen Verordnung fixierte Trasse.
Wie sich bereits aus den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses vom 20. Juni 1989, V118/88, V9/89, ergibt, reicht dies - gerade noch - aus, um den gesetzlichen Anforderungen nach Bewertung und Abwägung der verschiedenen Kriterien (vgl. VfSlg. 9823/1983) zu entsprechen, die vor der Trassenfestlegung vorzunehmen ist.
3. Die vorgebrachten Bedenken treffen daher nicht zu, weshalb den Anträgen keine Folge zu geben war.
IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Straßenverlaufsfestlegung, Verordnungserlassung, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:V10.1989Dokumentnummer
JFT_10109074_89V00010_00