Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §198 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/04/0234 91/04/0235Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der Dr. G in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. Juli 1991, Zl. VwSen-220014/3/Gf/Bf, VwSen-220015/3/Gf/Bf, VwSen-220016/3/Gf/Bf, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. Juli 1991 erging gegen die Beschwerdeführerin folgender Schuldspruch:
"Die Berufungswerberin ist schuldig, am 5. Jänner 1991, am 13. Jänner 1991 und am 9. Februar 1991 die Verwaltungsübertretungen des § 368 Z. 11 i.V. m. § 198 Abs. 2 der Gewerbeordnung, BGBl. Nr. 50/1974, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 325/1990, und i.V.m. § 1 Abs. 1 lit. a der O.ö.Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. Nr. 73/1977, jeweils dadurch begangen zu haben, daß sie als Gastgewerbetreibende während der Sperrzeit ein weiteres Verweilen in ihren Betriebsräumen gestattet hat, und wird hiefür für die Tatbegehung am 5. Jänner 1991 mit einer Geldstrafe in Höhe von S 500,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Stunden, für die Tatbegehung am 13. Jänner 1991 mit einer Geldstrafe in Höhe von S 700,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Stunden und für die Tatbegehung am 9. Februar 1991 mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, sohin mit einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt S 2.200,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen, belegt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, entgegen den Bestimmungen des § 368 GewO 1973 in Verbindung mit § 198 leg. cit. nicht bestraft zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin geltend, das von der belangten Behörde festgestellte Tatverhalten erfülle nicht den Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen.
Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Erwägungen als berechtigt:
Gemäß § 198 Abs. 2 GewO 1973 hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den durch Verordnung nach Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.
Nach § 368 Z. 11 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, welche nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem zu enthalten:
1.
die als erwiesen angenommene Tat;
2.
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3.
die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A) ist es nach der Z. 1 der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und daß 2. die Identität der Tat - z.B. nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht. Dieser letzteren Forderung ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als die belangte Behörde weder den Ort noch den nach der Uhrzeit bestimmten Tatzeitpunkt (Tatzeitraum) der Tatbegehung bezeichnete. Überdies fehlt es am Vorwurf des für die Tatbildmäßigkeit erforderlichen Sachverhaltselementes, es sei "Gästen" das Verweilen gestattet worden.
Der Bestimmung des § 44a Z. 3 VStG widerspricht der Spruch des angefochtenen Bescheides deshalb, weil darin nicht jene Gesetzesbestimmung bezeichnet wird, nach welcher die Strafe verhängt wurde.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040233.X00Im RIS seit
03.04.2001