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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Z in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 5. November 1991, Zl. Frb-4250/91, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 1991 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 2 und Abs. 3 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden kurz: FPG) ein bis zum 31. Dezember 2005 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landgerichtes R. (BRD) vom 7. Jänner 1985 wegen gemeinschaftlich schweren Raubes zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden, wovon der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben 21 Monate verbüßt habe. In Österreich sei der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Feldkirch mit Urteil vom 29. Oktober 1991 wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen, bedingt auf drei Jahre, und mit Urteil vom 31. Jänner 1991 wegen Gebrauches eines fremden Ausweises gleichfalls zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden. Weiters sei er von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zweimal wegen Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG und einmal wegen einer Übertretung des FPG bestraft worden.
Der Beschwerdeführer habe sich im Jahre 1984 in der BRD eines schweren Rechtsbruches schuldig gemacht. Gemeinsam mit einem Mittäter habe er einen bewaffneten Raubüberfall auf eine Tankstelle durchgeführt. Der Beschwerdeführer sei somit von einem ausländischen Gericht einer Straftat für schuldig gesprochen worden, die auch nach österreichischem Recht strafbar sei; die Voraussetzung des § 73 StGB seien gegeben. Allein auf Grund dieser Tatsache stelle sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Hiezu komme jedoch, daß der Beschwerdeführer seit seinem Aufenthalt in Österreich, nämlich seit
Oktober 1989, bereits zweimal gerichtlich verurteilt und wiederholt verwaltungsbehördlich bestraft hätte werden müssen. Insbesondere diese Anhäufung von Rechtsbrüchen binnen kurzer Zeit ließen keine positive Verhaltensprognose für den Beschwerdeführer zu. Berücksichtige man weiters, daß der Beschwerdeführer zweimal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne erforderliche Lenkerberechtigung, somit wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen, rechtskräftig bestraft worden sei, so erscheine die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten. Der Vollständigkeit halber werde noch hinzugefügt, daß einer Gendarmerieanzeige vom 8. April 1991 entnommen werden könne, daß der Beschwerdeführer wiederholt Cannabisharz konsumiert habe. Gegenüber den Beamten sei der Beschwerdeführer geständig gewesen, wiederholt von unbekannten Personen für den Eigenkonsum Cannabisharz erworben zu haben. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Feldkirch sei diese Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurückgelegt worden.
Am 26. Jänner 1990 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. Mehrere seiner Verwandten lebten in Lustenau. Seine Eltern und Geschwister seien in Deutschland aufhältig. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers habe diesem eine zufriedenstellende Arbeitsleistung bestätigt. Trotz der, insbesondere auf Grund der Verehelichung mit einer österreichischen Staatsangehörigen erheblichen persönlichen "Einwendungen", die gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sprächen, erschienen der Behörde die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer zu wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Die vorliegenden gerichtlichen Verurteilungen und verwaltungsrechtlichen Bestrafungen ließen erkennen, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich an die Rechtsordnung zu halten. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes, befristet mit 31. Dezember 2005, sei notwendig gewesen, um den Verwaltungszweck, nämlich die Hintanhaltung von einschlägigen Rechtsbrüchen, zu erreichen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 24. Februar 1992, Zl. B 1459/91, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie des Abs. 3 FPG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht;
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Der Beschwerdeführer tritt der Ansicht der belangten Behörde, die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 FPG seien im Wege sowohl der Z. 1 als auch der Z. 2 des Abs. 2 dieses Paragraphen erfüllt, nicht entgegen. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag dies nicht als rechtswidrig zu erkennen; insbesondere entspricht es der ständigen hg. Rechtsprechung, daß es sich bei der Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) FPG handelt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. April 1991, Zl. 91/19/0087).
Das Beschwerdevorbringen läßt sich vielmehr dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung als rechtswidrig erachtet. Allerdings vermag der Beschwerdeführer dieser Interessenabwägung nichts Entscheidendes entgegenzusetzen: Die belangte Behörde konnte nämlich in Ansehung jener öffentlicher Interessen, die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechen, nicht nur die erwähnte ausländische Verurteilung, der selbst unter Bedachtnahme auf den inzwischen verstrichenen Zeitraum erhebliches Gewicht zukommt, sondern auch die in der Folge in Österreich begangenen Rechtsbrüche in ihre Überlegungen miteinbeziehen. Selbst die von der belangten Behörde angeführte Übertretung des FPG ist keineswegs als unbedeutend zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1992, Zl. 91/19/0350). Der Versuch des Beschwerdeführers, dieses öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als nicht erheblich anzusehen, muß fehlschlagen.
Selbst wenn es für den Beschwerdeführer schwer möglich sein sollte, im Ausland umgehend wieder eine Arbeitsstelle zu finden, so ist dies nicht geeignet, bei der Interessenabwägung entscheidend ins Gewicht zu fallen. Auch legt der Beschwerdeführer nicht dar, weshalb der Unterhalt seiner Gattin auf Grund des Aufenthaltsverbotes "gröblichst gefährdet" wäre. Der Gerichtshof hegt somit gegen die von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung keine Bedenken.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die Dauer des Aufenthaltsverbotes sei weit überhöht, die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid insoweit unzureichend begründet. Dem ist entgegenzuhalten, daß dem festgestellten Sachverhalt nichts zu entnehmen ist, das erkennen ließe, daß die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu einem früheren Zeitpunkt wegfallen könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0152). Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Begründungsmangel kann daher nicht wesentlich sein.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180093.X00Im RIS seit
11.07.2001