TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/7 91/08/0140

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Veröffentlicht am 07.04.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §314;
AVG §59 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Kongregation der D in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Oktober 1991, Zl. MA 14 - M 23/91, betreffend Vorschreibung eines Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. F, S, 2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 3. Mai 1973 gab der Erstmitbeteiligte der zweitmitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bekannt, er habe seit 15. August 1952 dem Orden D als Priester und Ordensmann angehört. Am 11. Jänner 1973 sei er durch standesamtliche Trauung aus dem Orden ausgeschieden. Unter Angabe der jeweils ausgeübten Tätigkeiten beantragte er "die Regelung meiner pensionsversicherungsrechtlichen Angelegenheiten".

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens setzte die Zweitmitbeteiligte mit Bescheid vom 22. Jänner 1974 gegenüber der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs (im folgenden: Superiorenkonferenz) den Erstmitbeteiligten betreffend gemäß § 314 ASVG in der Fassung der 29. Novelle (ausgehend von einer - im Überweisungsverfahren relevanten - Zugehörigkeit des Erstmitbeteiligten zur Kongregation in der Zeit vom 15. August 1951 bis 30. September 1956, 1. August 1961 bis 30. September 1962 und vom 1. September 1965 bis 31. Dezember 1972, das sind 164 Monate) einen Überweisungsbetrag von S 39.625,68 fest.

Der der Superiorenkonferenz und dem Erstmitbeteiligten zugestellte Bescheid erwuchs in Rechtskraft; die Superiorenkonferenz leistete den festgesetzten Überweisungsbetrag am 30. Jänner 1974.

Mit einem Schreiben vom 15. März 1974 verständigte die Zweitmitbeteiligte die Superiorenkonferenz und den Erstmitbeteiligten, daß auf Grund des eingelangten Überweisungsbetrages von S 39.625,68 die nachstehend angeführten Zeiten (15. August 1951 bis 30. September 1956, 1. August 1961 bis 30. September 1962 und 1. September 1965 bis 31. Dezember 1972) als Beitragszeiten vorgemerkt würden.

Am 18. Dezember 1990 erließ die Zweitmitbeteiligte einen weiteren Bescheid, mit dem sie gegenüber der Superiorenkonferenz (ausgehend von der Ordenszugehörigkeit des Erstmitbeteiligten zur beschwerdeführenden Kongregation vom 15. August 1951 bis 31. Dezember 1972, abzüglich einer Beitragszeit vom 1. Oktober 1971 bis 31. Dezember 1972 und unter Berücksichtigung des bereits geleisteten Überweisungsbetrages von S 39.625,68) einen Überweisungsbetrag von S 74.796,30 festsetzte.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch beantragte die Superiorenkonferenz die ersatzlose Aufhebung des Bescheides, weil diesem die Rechtskraft des früher ergangenen Bescheides entgegenstehe.

Die belangte Behörde änderte den bekämpften Bescheid der Zweitmitbeteiligten dahin ab, daß die Superiorenkonferenz nicht verpflichtet sei, für den Erstmitbeteiligten gemäß § 314 ASVG einen Überweisungsbetrag von S 74.796,30 an die Zweitmitbeteiligte zu leisten. Unter Berufung auf einen im Verfahren über die zur Zl. 90/08/0090 protokollierte Beschwerde gefaßten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1990 vertrat sie die Auffassung, nicht die Superiorenkonferenz, sondern die Kongregation sei zur Leistung des Überweisungsbetrages verpflichtet.

Die Zweitmitbeteiligte erließ daraufhin gegenüber der beschwerdeführenden Kongregation und dem Erstmitbeteiligten am 9. April 1991 folgenden Bescheid:

"Der (Erstmitbeteiligte) hat in der Zeit vom 15. August 1951 bis 31. Dezember 1972 der Kongregation der Salesianer Don Bosco angehört. In Ergänzung zur Entscheidung vom 15. März 1974 ist für die Zeit von Oktober 1956 bis Juli 1961 und für die Zeit von Oktober 1962 bis August 1965, somit 93 Monate, der Überweisungsbetrag gemäß § 314 ASVG zu berechnen. Gemäß § 314 Abs. 4 ASVG gilt als Berechnungsgrundlage gemäß § 308 Abs. 6 ASVG ein Betrag von S 4.252,50. Dieser ist gemäß Art. VI Abs. 8 der 48. Novelle mit dem Faktor 72/91 = 2,429 aufzuwerten und beträgt S 10.329,32. Hievon ist ein Überweisungsbetrag von je 7 % für jeden Monat, somit S 723,05 zu entrichten. Der Überweisungsbetrag von S 67.243,65 ist binnen vier Wochen durch die Kongregation der Salesianer Don Bosco zu leisten."

In der Begründung dieses Bescheides vertrat die Zweitmitbeteiligte die Auffassung, es sei "mit dem Überweisungsverfahren gemäß § 314 ASVG vom 15. März 1974 die Zeit vom 15. August 1951 bis 30. September 1956, 1. August 1961 bis 30. September 1962 und 1. September 1965 bis 31. Dezember 1972 als Beitragszeit vorgemerkt, hingegen über die Zeit von Oktober 1956 bis Juli 1961 und Oktober 1962 bis August 1965 nicht entschieden" worden.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Kongregation Einspruch. Sie vertrat die Auffassung, der Überweisungsbetrag sei mit Bescheid vom 15. März 1974 (gemeint offenbar: 22. Jänner 1974) rechtskräftig festgesetzt worden. Die Rechtskraft erfasse sowohl die Person des Zahlungspflichtigen als auch die Höhe des Überweisungsbetrages. Eine Wiederaufnahme sei nicht verfügt worden; Gründe hiefür lägen auch nicht vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch ab. Sie vertrat die Auffassung, mit Bescheid vom 15. März 1974 (richtig: 22. Jänner 1974) sei der Überweisungsbetrag nicht der beschwerdeführenden Kongregation, sondern der zur Leistung des Überweisungsbetrages gar nicht verpflichteten Superiorenkonferenz vorgeschrieben worden. Der nunmehr bekämpfte Bescheid erfasse auch nur Zeiträume, die im "Vorbescheid" nicht enthalten gewesen seien. Aus dieser Sicht könne ein weiterer Überweisungsbetrag auch ohne Wiederaufnahme des Verfahrens festgesetzt werden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die Zweitmitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Gerichtshof hat in dem einen gleichgelagerten Sachverhalt betreffenden Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0141, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, daß einerseits der (zahlungspflichtige) Orden im Sinne des § 8 AVG Partei des Verfahrens war, in dem ein Überweisungsbetrag gemäß § 314 ASVG festgesetzt wurde, und andererseits der Bescheid, mit dem der Überweisungsbetrag festgesetzt wurde, auch erlassen im Sinne des § 62 Abs. 1 AVG war, weil er zumindest dem früheren Ordensangehörigen zugestellt worden war.

Der Gerichtshof vertrat im genannten Erkenntnis weiters die Auffassung, Angelegenheit des mit Bescheid (im vorliegenden Beschwerdefall:) vom 22. Jänner 1974 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens, über die nach der dargelegten Rechtslage nicht neuerlich entschieden werden dürfe, sei der "aus Anlaß des Ausscheidens aus dem Orden zu leistende Überweisungsbetrag". Es handle sich um einen einheitlichen Abspruch, der in zeitlicher Hinsicht nicht teilbar sei.

Der Erlassung des Bescheides vom 9. April 1991 durch die Zweitmitbeteiligte stand somit deren Bindung an ihren Bescheid vom 22. Jänner 1974 entgegen. Da die belangte Behörde dies nicht erkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991080140.X00

Im RIS seit

07.04.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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