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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in N, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 15. Oktober 1991, Zl. 8V-2679/1/91, betreffend Aussetzung des Verfahrens in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 15. Oktober 1991 wurde das bei der Bundespolizeidirektion Villach, Verkehrsamt, als Vorstellungsbehörde gegen den Beschwerdeführer anhängige Verfahren betreffend Entziehung seiner Lenkerberechtigung gemäß § 38 AVG "bis zum Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz" ausgesetzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, daß die von der Bundespolizeidirektion Villach, Verkehrsamt, mit Bescheid vom 17. September 1991 ausgesprochene und von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid aufrechterhaltene Aussetzung des Entziehungsverfahrens "bis zum Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz", ohne daß dieses Strafverfahren näher bezeichnet worden wäre, den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt, weil er darüber nicht in Zweifel sein konnte, um welches Strafverfahren (der Bundespolizeidirektion Villach) es sich hiebei handelt, und er der Aktenlage nach auch solche Zweifel nie hatte. Daß mit der genannten spruchmäßigen Formulierung die Aussetzung des Verfahrens, der Bestimmung des § 38 AVG entsprechend, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im (zur Zeit in erster Instanz anhängigen) Verwaltungsstrafverfahren zu verstehen ist, wurde bereits in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides hinreichend klargestellt.
Die belangte Behörde hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/11/0094, mit weiteren Judikaturhinweisen) im wesentlichen richtig erkannt, daß es sich bei der im Entziehungsverfahren zu prüfenden Frage, ob der Beschwerdeführer am 23. August 1991 als Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat und demnach eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vorliegt, um eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG handelt. Ob dieses Strafverfahren - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht hat - in Ansehung des Vorwurfes, der Beschwerdeführer habe gemäß § 5 Abs. 1 (in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a) StVO 1960 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, geführt wird oder Gegenstand des Strafverfahrens - im Sinne der zugrundeliegenden Anzeige und wie der Beschwerdeführer geltend macht - eine allfällige (im gegebenen Zusammenhang als gleichwertig anzusehende) Verweigerung der Atemluftprobe gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bildet, ist hiebei ohne Belang.
Eine Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt eine dieser strafbaren Handlungen begangen hat (wobei gemäß § 100 Abs. 2 StVO 1960 beide Strafdrohungen einander ausschließen), erfolgt im Strafverfahren und konnte von der Vorstellungsbehörde im Entziehungsverfahren auf Grund der ihr diesbezüglich allein vorliegenden Anzeige nicht abschließend beurteilt werden. Richtig ist, daß gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestimmte Organe der Straßenaufsicht nur dann berechtigt sind, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Dem Beschwerdeführer, der ins Treffen führt, daß eine derartige Vermutung nicht bestanden habe, ist aber der Inhalt der Anzeige entgegenzuhalten, wonach vom Meldungsleger festgestellt wurde, daß der Beschwerdeführer aus dem Mund stark nach alkoholischen Getränken roch, gerötete Augen hatte und beim Stehen stark schwankte, welche Symptome die Vermutung zuließen, der Beschwerdeführer habe sich auch schon im Zeitpunkt des vorangegangenen Lenkens eines Kraftfahrzeuges (nach der Anzeige etwa eine Stunde vorher) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, was er durch die von ihm verlangte Vornahme der Atemluftprobe (allenfalls in Verbindung mit einem einen Nachtrunk des Beschwerdeführers berücksichtigenden ärztlichen Sachverständigengutachten) hätte entkräften können. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 85/11/0239, dessen Rechtssätze in Slg. Nr. 12019/A veröffentlicht worden sind, ausgesprochen, daß der als vorrangig anzusehende Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie in der Regel eine Aussetzung des Verfahrens als im Sinne des Gesetzes gelegen erscheinen lassen werde, er jedoch dann von geringerem Gewicht sein werde, wenn die Behörde nach dem Stand ihres Verfahrens, insbesondere auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse, ohne weiteres zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage ist. Da der letztgenannte Fall in der gegenständlichen Beschwerdesache nicht gegeben war, bestehen keine Bedenken dagegen, daß aus Gründen der Verfahrensökonomie von der Möglichkeit, das Verfahren auszuzsetzen, Gebrauch gemacht worden ist, dies ungeachtet dessen, daß der Beschwerdeführer auf Grund des Mandatsbescheides vom 28. August 1991 bereits Rechtsnachteile in Kauf zu nehmen und daher ein erhebliches rechtliches Interesse an einer raschen Beendigung des Entziehungsverfahrens hatte (vgl. dazu außer dem schon erwähnten Erkenntnis zur Zl. 91/11/0094 jenes vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/11/0053). Darauf ist der Beschwerdeführer auch zu verweisen, wenn er im übrigen in der Aussetzung des Verfahrens ein willkürliches behördliches Verhalten erblickt.
Darauf, ob im Sinne des Beschwerdevorbringens dem Beschwerdeführer der Führerschein gemäß § 76 Abs. 1 KFG 1967 zu Unrecht abgenommen wurde und der Mandatsbescheid zu Unrecht ergangen ist, kommt es bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des (ausschließlich die Aussetzung des Verfahrens betreffenden) angefochtenen Bescheides nicht an. Schließlich ist das Beschwerdevorbringen, es treffe zwar zu, daß der Verwaltungsgerichtshof mit seinen Erkenntnissen vom 20. September 1987, Zl. 87/11/0053, und vom 4. Dezember 1987, Zl. 87/11/0115, ausgesprochen habe, "daß es der Behörde (grundsätzlich) nicht verwehrt ist, (auch nachträglich) ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und dieses auszusetzen, wobei kein Rechtsanspruch auf Erledigung der Vorstellung wegen des Fehlens der formellen Voraussetzungen gemäß § 57 Abs. 1 AVG besteht", es würden aber "diese Leitsätze im gegenständlichen Fall nicht zu dem Ergebnis führen, wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt", unverständlich, weil die Erstbehörde bereits einen Tag nach Einlangen der Vorstellung den Aussetzungsbescheid verfaßt und unverzüglich zugestellt hat, nachdem sie festgestellt hatte, daß "in derselben Sache ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist, welches noch nicht abgeschlossen ist", und daher das Ermittlungsverfahren - ungeachtet dessen, daß es unter einem ausgesetzt worden ist - rechtzeitig im Sinne des § 57 Abs. 3 AVG eingeleitet wurde, was zur Folge hatte, daß der Mandatsbescheid nicht außer Kraft getreten ist.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110155.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
27.06.2016