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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. August 1991, Zl. MA 70-8/369/91, betreffend Aussetzung des Verfahrens in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. August 1991 wurde das bei der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, als Vorstellungsbehörde gegen die Beschwerdeführerin anhängige Verfahren betreffend Entziehung ihrer Lenkerberechtigung gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem bereits anhängigen, näher bezeichneten Strafverfahren der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, gegen die Beschwerdeführerin wegen Übertretung "nach § 5 Abs. 2 StVO 1960" ausgesetzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/11/0094, mit weiteren Judikaturhinweisen) im wesentlichen richtig erkannt, daß es sich bei der im Entziehungsverfahren zu prüfenden Frage, ob die Beschwerdeführerin am 1. Dezember 1990 die Vornahme der Atemluftprobe gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 verweigert hat und demnach eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vorliegt, um eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG handelt. Die Beschwerdeführerin vertritt hiezu keine andere Rechtsansicht und stellt auch nicht in Abrede, daß diese Vorfrage bereits den Gegenstand des bei der zuständigen Behörde anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens bildet. Sie beruft sich aber auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1986, Zl. 85/11/0239, aus dem sich ergebe, daß die Behörde bei einer derartigen Entscheidung nicht ausschließlich den Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie im Auge haben dürfe, sondern sie vielmehr zu prüfen habe, "ob sie selbständig beurteilen kann, ob der für die von ihr zu setzende Schutzmaßnahme in Form der Entziehung der Lenkerberechtigung, bzw. der Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung maßgebende Tatbestand vom Inhaber der Lenkerberechtigung verwirklicht wurde oder nicht".
Damit ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht, kommt doch die von ihr dargelegte Rechtsansicht in dem von ihr zitierten Erkenntnis (dessen Rechtssätze in Slg. Nr. 12019/A veröffentlicht worden sind) auf diese Weise nicht zum Ausdruck. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich darin ausgesprochen, daß der im gegebenen Zusammenhang als vorrangig anzusehende Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie in der Regel eine Aussetzung des Verfahrens als im Sinne des Gesetzes gelegen erscheinen lassen werde, er jedoch dann von geringerem Gewicht sein werde, wenn die Behörde nach dem Stand ihres Verfahrens, insbesondere auf Grund der ihr vorliegenden Ermittlungsergebnisse, ohne weiteres zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage ist. Der letztgenannte Fall lag in der gegenständlichen Beschwerdesache nicht vor, zumal nach der Aktenlage Ermittlungen zur Klärung der Vorfrage (im Sinne der Aufnahme geeigneter Beweise) ausschließlich im Strafverfahren vorgenommen worden sind. Daß die belangte Behörde auf diesen Umstand in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ausdrücklich hingewiesen hat, stellt keinen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG dar. Es bestehen demnach keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei aus Gründen der Verfahrensökonomie von der Möglichkeit, das Verfahren auszusetzen, Gebrauch gemacht worden, dies ungeachtet dessen, daß die Beschwerdeführerin auf Grund des Mandatsbescheides vom 13. Dezember 1990 bereits Rechtsnachteile in Kauf zu nehmen und daher ein erhebliches rechtliches Interesse an einer raschen Beendigung des Entziehungsverfahrens hatte (vgl. dazu außer dem schon erwähnten Erkenntnis vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/11/0094, jenes vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/11/0053).
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz der belangten Behörde lediglich die Begründung des angefochtenen Bescheides wiederholt wurde, ohne daß zum Beschwerdevorbringen Stellung genommen worden wäre, und dies einer bloßen Berufung auf die Begründung des angefochtenen Bescheides gleichkommt (vgl. diesbezüglich unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1983, Zl. 83/11/0084), weshalb hiefür ein Schriftsatzaufwand nicht zugesprochen werden konnte.
Schlagworte
Sachverhalt VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110152.X00Im RIS seit
12.06.2001