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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Jänner 1992, Zl. MA 64-8/439/91, betreffend Aberkennung des Rechtes auf Gebrauchnahme von einem ausländischen Führerschein, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Unterlagen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 20. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer das Recht, von seinem polnischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, gemäß § 86 Abs. 1a KFG 1967 für die Dauer von 12 Monaten ab 10. Juni 1990, dem Tag der vorläufigen Führerscheinabnahme, aberkannt. Dieser Maßnahme lag die Annahme der Erstbehörde zugrunde, der Beschwerdeführer habe am 10. Juni 1990 im Zusammenhang mit einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall ein Alkoholdelikt begangen. Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.
Mit Bescheid der Erstbehörde vom 13. November 1990, bestätigt mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1991, wurde ein Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 38 AVG 1950 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verwaltungsstrafverfahren betreffend das Alkoholdelikt vom 10. Juni 1990 ausgesetzt. Die gegen den Bescheid vom 17. Jänner 1991 erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. Juni 1991, Zl. 91/11/0028, zurückgewiesen, weil ein Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers gar nicht anhängig war und der Aussetzungsbescheid daher ins Leere ging.
Mit Bescheid der Erstbehörde vom 20. August 1991 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Mandatsbescheid vom 20. Juni 1990 keine Folge gegeben und der Mandatsbescheid "mit der Maßgabe bestätigt, daß die Entziehungszeit mit 10.6.1990 beginnt und am 10.6.1991 endet".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer behauptet, daß der angefochtene Bescheid nichtig sei. In der Begründung seiner Behauptung weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß die genannten Bescheide der Erstbehörde vom 20. Juni 1990 und vom 20. August 1991 den Betreff "Vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung" aufweisen und daß dieses Verfahren unterbrochen sei, da der Aussetzungsbescheid betreffend das Entziehungsverfahren nach wie vor aufrecht sei. Er versucht in der Folge in weitwendigen Ausführungen darzutun, daß bei den Behörden des Verwaltungsverfahrens zwei Verfahren anhängig (gewesen) seien, nämlich ein Entziehungsverfahren und ein Verfahren zur Aberkennung des Rechtes auf Gebrauchnahme von einem ausländischen Führerschein.
Diese Prämisse ist - wie sich aus dem eingangs geschilderten Sachverhalt ergibt - unzutreffend. Die Behörden führten lediglich ein Verfahren zur Aberkennung des Rechtes auf Gebrauchnahme von einem ausländischen Führerschein im Sinne des § 86 Abs. 1a KFG 1967. Ein Entziehungsverfahren war - wie sich auch aus dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1991 ergibt - nicht anhängig. Daran vermag nichts zu ändern, daß die Bescheide der Erstbehörde vom 20. Juni 1990 und vom 20. August 1991 den in Rede stehenden Betreff aufweisen. Ihr normativer Gehalt wird von ihrem Spruch bestimmt, in dem von einer Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers keine Rede ist. Auch wenn im Bescheid vom 20. August 1991 von der am 10. Juni 1991 endenden "Entziehungszeit" die Rede ist und wenn im Spruch des Mandatsbescheides vom 20. Juni 1990 der § 74 KFG 1967, in dem u. a. die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung geregelt ist, mitzitiert ist, ändert dies nichts daran, daß gegen den Beschwerdeführer nur ein Verfahren im Sinne des § 86 Abs. 1a KFG 1967 geführt wurde.
Da bereits die Prämisse des Beschwerdeführers nicht zutrifft, braucht nicht geprüft zu werden, ob und welche Auswirkungen es hätte, wenn der Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, es seien zwei Verfahren anhängig (gewesen) und die Behörden hätten diese Verfahren nicht auseinandergehalten, Recht hätte.
2. Der Beschwerdeführer fühlt sich auch rechtswidrig behandelt, weil von der belangten Behörde "bei Ausmittlung des
Ausmaßes der .... verhängten Schutzmaßnahme" ein weiterer
Vorfall vom 6. Oktober 1990 herangezogen worden ist, der sich erst nach Erlassung des Mandatsbescheides vom 20. Juni 1990 ereignet habe.
Dieses Vorbringen ist deswegen unbegründet, weil die Kraftfahrbehörden bei einer Entziehung der Lenkerberechtigung im Zusammenhang mit der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967, die vornehmlich an Hand der Wertungskriterien nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 zu erfolgen hat, alle die Partei betreffenden relevanten, zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides vorliegenden Umstände heranzuziehen haben, gleichgültig ob sie sich vor oder nach der als erwiesen angenommenen bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 ereignet haben. Dies gilt insbesondere auch für die Berufungsbehörde. § 73 Abs. 2 KFG 1967 ist auch bei Setzung einer Maßnahme nach § 86 Abs. 1a KFG 1967 sinngemäß anzuwenden.
Die Verwertung des Vorfalles, bei dem es sich unbestrittenermaßen ebenfalls um die Begehung eines Alkoholdeliktes in Verbindung mit einem verschuldeten Verkehrsunfall handelt, erfolgte zu Recht. Der Verwaltungsgerichtshof kann in diesem Zusammenhang nicht finden, die belangte Behörde hätte das Gesetz zum Nachteil des Beschwerdeführers verletzt.
3. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß eine Verletzung der Verpflichtung der Behörde, innerhalb einer bestimmten Frist zu entscheiden, zwar über einen entsprechenden Antrag der Partei den Übergang der Entscheidungspflicht auf die jeweils sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, aber für sich allein nicht die inhaltliche Rechtswidrigkeit oder gar die Nichtigkeit eines verspätet erlassenen Bescheides zur Folge haben kann.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Spruch und BegründungMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseGrundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitMaßgebender Bescheidinhalt Fassung die der Partei zugekommen istEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110066.X00Im RIS seit
18.07.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017