TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/7 91/08/0041

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Veröffentlicht am 07.04.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs4;
ASVG §67 Abs5;
ASVG §67 Abs6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der CS in V, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. Jänner 1991, Zl. Vd-3817/4, betreffend Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 6 ASVG (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 7. Februar 1990 sprach diese aus, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 67 Abs. 6 Z. 3 ASVG verpflichtet sei, einen Betrag von S 407.520,77 zu bezahlen. Begründend wird ausgeführt, "die MS KG" (im folgenden KG) schulde für die bei ihr in Beschäftigung gestandenen Dienstnehmer die Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Februar 1989 bis einschließlich Oktober 1989 in der im Spruch genannten Höhe. Über das Vermögen der KG sei am 11. Oktober 1989 der Konkurs eröffnet worden. Der Betrieb werde seit 5. Jänner 1990 unter der Betriebsbezeichnung "S-Hotel" von der Beschwerdeführerin weitergeführt. Diese habe wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung des Betriebsvorgängers gehabt und hafte somit gemäß § 67 Abs. 6 Z. 3 ASVG als Betriebsnachfolger.

In ihrem Einspruch machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, sie sei weder an der KG als Gesellschafterin beteiligt noch deren "Geschäftsführerin" oder Prokuristin gewesen und habe auch sonst keinerlei Einfluß auf die Geschäftsführung des Betriebsvorgängers ausgeübt. Der Haftungstatbestand nach § 67 Abs. 6 Z. 3 ASVG sei daher nicht verwirklicht. Sie führe den Betrieb auch nicht unter der Bezeichnung "S-Hotel", sondern unter der Bezeichnung "AS - Hotel, Pächterin CS".

In einer Stellungnahme führte die Mitbeteiligte unter anderem aus, die Beschwerdeführerin führe den Betrieb der Gemeinschuldnerin seit 5. Jänner 1990 weiter; sie habe den Betrieb vom Masseverwalter gepachtet. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin, der Komplementär der KG gewesen sei, habe sich nach den Feststellungen des Beitragsprüfers und den Aussagen des Masseverwalters nicht um den Betrieb gekümmert. Alle Aufgaben der Geschäftsführung habe die Beschwerdeführerin wahrgenommen. Diese habe auch sämtliche Verhandlungen mit der Mitbeteiligten über die Stundung von Beitragsrückständen geführt und ein Stundungsansuchen mit dem Beisatz "als Unternehmergattin im Namen der KG" unterzeichnet. Auch gegenüber den Dienstnehmern der KG sei sie als Dienstgeber aufgetreten.

In einer Äußerung zu dieser Stellungnahme führte die Beschwerdeführerin unter anderem aus, das Stundungsansuchen sei "mit Wissen und Übereinstimmung des Geschäftsführers der Beitragsschuldnerin" verfaßt worden. Es sei unrichtig, daß sie alle Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen habe und den Dienstnehmern gegenüber als Dienstgeber aufgetreten sei. Sie sei selbst Angestellte der KG und im wesentlichen mit der Personalführung beauftragt gewesen, sodaß sie von den anderen Angestellten aus durchaus verständlichen Gründen als Dienstgeber angesehen worden sei. Sie führte weiters folgendes aus:

"Unrichtig ist auch, daß die Beschwerdeführerin den Betrieb - gemeint damit die Firma "MS-KG KG" seit dem 5.1.1990 weiterführt, da sie den Betrieb vom Masseverwalter gepachtet hat. Vielmehr wurde der Pachtvertrag konkursgerichtlich genehmigt, wobei der Betrieb unter der Firma "AS-Hotel" geführt wird."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte sie begründend aus, es könne nicht bestritten werden, daß eine Angestellte, die noch dazu Ehegattin des Komplementärs und Geschäftsführers der Firma und mit der Personalführung beauftragt sei, auch einen wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung habe. Einem Angestellten, dem in einem Dienstleistungsbetrieb die Personalführung übertragen sei, komme zweifellos ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung zu, sodaß es diesbezüglich keiner weiteren Erhebungen bedurft habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist von der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltsannahme, wonach die Beschwerdeführerin den Betrieb auf Grund eines mit dem Masseverwalter abgeschlossenen Pachtvertrages fortführe, auszugehen. Zwar verweist die Beschwerde in der Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens auf die oben wörtlich wiedergegebenen Ausführungen im Einspruchsverfahren, wonach "der Betrieb nicht vom Masseverwalter gepachtet, sondern der Pachtvertrag konkursgerichtlich genehmigt" worden sei. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin sich im Beschwerdeverfahren über den soeben wiedergegebenen Hinweis auf ihr Einspruchsvorbringen hinaus nicht konkret gegen die Sachverhaltsannahme wendet, die Fortführung des Betriebes erfolge auf Grund eines mit dem Masseverwalter abgeschlossenen Pachtvertrages, spricht auch ihr Vorbringen, der Pachtvertrag sei "konkursgerichtlich genehmigt" worden, dafür, daß der Fortführung des Unternehmens jedenfalls ein im Zuge des Konkursverfahrens über das Vermögen des Betriebsvorgängers abgeschlossenes Rechtsgeschäft zugrundeliegt.

§ 67 Abs. 5 ASVG schließt die Haftung des Betriebsnachfolgers nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle für den Fall des Erwerbes aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens aus. Von der Sachverhaltsannahme ausgehend, daß die Beschwerdeführerin den Betrieb "aus einer Konkursmasse" gepachtet hat, ist daher zunächst zu untersuchen, ob der Haftungstatbestand des § 67 Abs. 6 ASVG auch dann zum Tragen kommt, wenn dem Betriebsübergang die Pacht des Betriebes "AUS EINER KONKURSMASSE" zugrundeliegt.

Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. November 1983, Slg. 11241/A, vertrat der Verwaltungsgerichtshof zu § 67 Abs. 4 ASVG in der Fassung vor der 41. ASVG-Novelle die Auffassung, daß als Betriebsnachfolger gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (unter dem Gesichtspunkt der Nachfolge unter Lebenden) jene Person zu verstehen ist, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm erworben hatte (vgl. z.B. zuletzt die hg. Erkenntnisse vom 14. November 1985, Zl. 85/08/0125, und vom 27. September 1988, Zl. 86/08/0074).

Der Gerichtshof vertrat seit dem Erkenntnis vom 22. Dezember 1983, Slg. 11273/A, weiters in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Haftungsbestimmung des § 67 Abs. 4 ASVG (ebenfalls in der Fassung vor der 41. ASVG-Novelle) auf den Erwerb eines Betriebes (Teilbetriebes) aus einer Konkursmasse keine Anwendung findet (vgl. z.B. zuletzt die hg. Erkenntnisse vom 14. November 1985, Zl. 85/08/0125) und vom 19. November 1987, Zl. 86/08/0217). Eine Bedachtnahme auf die Gesetzessystematik des ASVG, auf die Regelungen der Betriebsnachfolgehaftung, insbesondere für öffentlich-rechtliche Forderungen im Konkursverfahren sowie auf die Grundsätze des Konkursrechtes führe zum Ausschluß der Erwerberhaftung nach § 67 Abs. 4 ASVG im Konkurs oder im Falle der Zwangsvollstreckung. Dafür spreche zum ersten die Bedachtnahme auf § 65 Abs. 1 ASVG, wonach für die Behandlung der Beiträge im Ausgleichs- oder Konkursverfahren die jeweils geltenden Vorschriften der AO und der KO maßgebend sind. Dies könne nur bedeuten, daß im Konkurs ausschließlich die KO Anwendung findet und § 67 Abs. 4 ASVG für diesen Bereich nicht gilt. Zum zweiten könne aus der Zusammenschau von § 188 der III. Teilnovelle zum ABGB in Verbindung mit § 1409 ABGB, Art. 6 Abs. 5 der vierten EVzHGB in Verbindung mit § 25 HGB und § 14 Abs. 2 BAO der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, daß nach der österreichischen Rechtsordnung beim Erwerb aus der Konkursmasse der Übernehmer nicht für Schulden des Vorgängers haften solle. Das Ergebnis, daß die Haftungsregelung des § 67 Abs. 4 ASVG auf Erwerbe aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens keine Anwendung finde, vermeide auch die Konsequenzen des der früheren Rechtsauffassung, die im Ergebnis den Forderungen der Sozialversicherungsträger bezüglich der Rückstände des letzten Jahres einen Rang vor allen Masseforderungen und Konkursforderungen einräumte, anhaftenden Wertungswiderspruches. Ein eingeschränktes Verständnis des § 67 Abs. 4 ASVG begünstige auch die wirtschafts- und sozialpolitisch wünschenswerte Fortführung von Betrieben.

§ 67 Abs. 4 bis 6 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 41. Novelle zum ASVG, BGBl. 1986/111, lautet:

"(4) Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 25 des Handelsgesetzbuches für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.

(5) Abs. 4 gilt nicht bei einem Erwerb aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens.

(6) Geht der Betrieb auf

1.

einen Angehörigen des Betriebsvorgängers gemäß Abs. 7,

2.

eine am Betrieb des Vorgängers wesentlich beteiligte Person gemäß Abs. 8 oder

              3.              eine Person mit wesentlichem Einfluß auf die Geschäftsführung des Betriebsvorgängers (z.B. Geschäftsführer, leitender Angestellter, Prokurist)

über, so haftet dieser Betriebsnachfolger ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrundeliegende Rechtsgeschäft wie ein Erwerber gemäß Abs. 4, solange er nicht nachweist, daß er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner Stellung im Betrieb des Vorgängers nicht kennen konnte."

Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (774 Blg. NR. XVI. GP. 27 f) sollte mit der Neufassung durch die 41. ASVG-Novelle unter anderem der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung getragen werden, wonach unter dem Betriebsnachfolger jene Person zu verstehen sei, die den Betrieb ... auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes mit dem Betriebsvorgänger erworben habe. Der neue Abs. 6 sollte die mißbräuchliche Umgehung der Erwerberhaftung nach Abs. 4 verhindern. Das Naheverhältnis der in Abs. 6 aufgezählten Personen zum Betriebsvorgänger erleichtere nämlich den Abschluß von anderen Rechtsgeschäften als Veräußerungsgeschäften (z.B. Pacht), die die Erwerberhaftung nach Abs. 4 nicht eintreten lassen. In manchen Fällen könnten derartige Rechtsgeschäfte auch nur zum Schein abgeschlossen werden, um ein tatsächlich vorliegendes Veräußerungsgeschäft zu verdecken. Die in Abs. 6 aufgezählten Personen sollten aber die Möglichkeit haben, sich durch den Nachweis, daß sie die Beitragsschulden nicht kannten bzw. trotz ihrer Stellung im Betrieb des Vorgängers nicht kennen konnten, von der Haftung zu befreien.

§ 67 Abs. 4 ASVG stellt die allgemeine Haftungsnorm für alle Betriebsnachfolger (unabhängig von einer Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 67 Abs. 6 Z. 1 bis 3 ASVG) dar, die den Betrieb auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes mit dem Betriebsvorgänger erworben haben. § 67 Abs. 6 ASVG bedeutet - soweit es den dort genannten Personenkreis betrifft - eine Erweiterung des Kreises der haftenden Betriebsnachfolger auf jene, auf die der Betrieb ohne ein mit dem Betriebsvorgänger abgeschlossenes Veräußerungsgeschäft übergegangen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 91/08/0061). Im zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiters ausgesprochen, daß der Erwerb eines Betriebes auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes mit dem Betriebsvorgänger auch dann unmittelbar dem Haftungstatbestand nach § 67 Abs. 4 ASVG zu unterstellen ist, wenn der Betriebsnachfolger dem Personenkreis des § 67 Abs. 6 ASVG angehört.

Davon ausgehend erscheint es geboten, die in § 67 Abs. 6 letzter Absatz ASVG getroffene Anordnung, wonach der Betriebsnachfolger ... "wie ein Erwerber gemäß Abs. 4" hafte, dahin auszulegen, daß auch einem Betriebsnachfolger, dessen Haftung im Sinne des Abs. 6 auf seiner Zugehörigkeit zu dem dort genannten Personenkreis und einem Betriebsübergang ohne Veräußerungsgeschäft beruht, im Sinne des Abs. 5 der Ausschluß der Haftung im Falle eines "Erwerbes" aus einer Konkursmasse bzw. im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens zugute kommt. Zwar wird die Anordnung, daß die Betriebsnachfolgehaftung bei einem Erwerb aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens nicht zum Tragen kommt, in § 67 Abs. 5 ASVG mit den Worten "Abs. 4 gilt nicht ..." getroffen. Dennoch spricht schon die grammatikalische Interpretation für das Ergebnis, § 67 Abs. 5 ASVG als allgemeinen, auch für eine Betriebsnachfolgehaftung nach § 67 Abs. 6 ASVG anwendbaren Grundsatz des Ausschlusses der Haftung im Fall des Erwerbes aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens aufzufassen, weil § 67 Abs. 6 ASVG eine Haftung mit den in Abs. 4 normierten Wirkungen (arg.: "wie ein Erwerber gemäß Abs. 4") anordnet.

Zu diesem Ergebnis führt - ausgehend von der Überlegung, daß dem Personenkreis des Abs. 6 angehörende Betriebsnachfolger, sofern der Betrieb durch ein mit dem Betriebsvorgänger abgeschlossenes Veräußerungsgeschäft übergegangen ist, unmittelbar auf Grund des Abs. 4, andernfalls auf Grund des Abs. 6 haften - auch der folgende Größenschluß:

Es erschiene sachlich nicht gerechtfertigt, den Betriebsnachfolger, dessen Beziehung zu den ursprünglich das Haftungssubstrat darstellenden Vermögenswerten kraft Erwerbes im Wege eines Veräußerungsgeschäftes rechtlich und wirtschaftlich stärker ist als die eines Betriebsnachfolgers, dessen "Betriebsnachfolge" nicht auf einem Veräußerungsgeschäft beruht (sondern beispielsweise auf einem Pachtvertrag), durch den Ausschluß der Haftung für den Fall des "Erwerbes" aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens günstiger zu stellen, als den "Betriebsnachfolger nach Abs. 6", dessen rechtliche und wirtschaftliche Beziehung zum ursprünglich haftenden Vermögen schwächer ist.

Letztlich gelten die oben wiedergegebenen, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1983, Slg. 11273/A, zugrundeliegenden Überlegungen auch im zeitlichen Anwendungsbereich von § 67 Abs. 4 bis 6 ASVG in der Fassung der 41. ASVG-Novelle. § 67 Abs. 4 und 5 in der zitierten Fassung tragen der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung; Abs. 6 soll die mißbräuchliche Umgehung der Erwerberhaftung nach Abs. 4 verhindern. Von dieser Änderung der Rechtslage bleiben die zuvor im Erkenntnis vom 22. Dezember 1983, Slg. 11273/A, angestellten, von § 65 Abs. 1 ASVG und einer Gesamtschau der Haftungsregelungen für Betriebsnachfolge in der österreichischen Rechtsordnung ausgehenden, die wirtschaftlichen Auswirkungen der früheren Rechtsprechung (Bevorzugung des Beitragsgläubigers im Konkurs, Erschwerung von Betriebsfortführungen) berücksichtigenden Überlegungen unberührt. In diesem Zusammenhang ist auch auf die durch Art. IV Z. 2 BG BGBl. 1982/370 eingeführte Vorschrift des § 1409a ABGB zu verweisen, wonach nicht nach § 1409 Abs. 1 und 2 ABGB haftet, wer ein Vermögen oder ein Unternehmen im Weg der Zwangsvollstreckung, des Konkurses, des Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger erwirbt; von dieser Regelung ist auch der in § 1409 Abs. 2 ABGB (§ 32 KO) genannte Personenkreis betroffen. Auch diese Überlegungen gebieten den Ausschluß der Haftung nach § 67 Abs. 6 ASVG, wenn der Betriebsfortführung ein dem "Erwerb aus einer Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens" gleichzuhaltender, wenngleich kein Veräußerungsgeschäft darstellender Vorgang (beispielsweise - wie im Beschwerdefall - der Abschluß eines Pachtvertrages über das konkursverfangene Unternehmen mit dem Masseverwalter) zugrundeliegt.

Der angefochtene Bescheid, der darauf nicht Bedacht nimmt, ist daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin dem Personenkreis des § 67 Abs. 6 Z. 3 ASVG angehört, einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Wegen Unterschreitung des zur Zeit der Beschwerdeerhebung geltenden Ansatzes für Schriftsatzaufwand konnte nur der tatsächlich verzeichnete Betrag zuerkannt werden. Die verzeichneten Stempelgebühren konnten im Hinblick auf die Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG nicht zugesprochen werden.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991080041.X00

Im RIS seit

07.04.1992

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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