TE Vfgh Erkenntnis 1989/9/27 V20/89, V21/89

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Veröffentlicht am 27.09.1989
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Index

50 Gewerberecht
50/03 Personen- und Güterbeförderung

Norm

B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Inhalt gesetzmäßig
B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Inhalt gesetzwidrig
BetriebsO für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986 (= Bundes-BetriebsO 1986) §31 Abs2 Z5
BetriebsO für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986 (= Bundes-BetriebsO 1986) §58 Abs3, Abs4, Abs5
Wr Fiaker-, Taxi- und Mietwagen-Betriebsordnung 1987 (= Wr BetriebsO 1987) §4 Abs2
GelVerkG §10

Leitsatz

Verpflichtung des Taxilenkers zur Anbringung des Ausweises angeeigneter Stelle im Fahrzeug; abweichender Inhalt der auf §10Abs1 bzw. Abs2 GelegenheitsverkehrsG gestützten Verordnungendes Bundesministers und des Landeshauptmannes von Wien;Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Erlassung der nur für einbestimmtes Land erforderlichen Regelungen

Spruch

1. §4 Abs2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Mai 1987, LGBl. für Wien Nr. 21/1987, betreffend eine Betriebsordnung für die mit Pferden und Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerksgewerbe sowie das mit Personenkraftwagen betriebene Mietwagen-Gewerbe in Wien (Wiener Fiaker-, Taxi- und Mietwagen-Betriebsordnung), wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

2.a) §31 Abs2 Z5 und §58 Abs3, 4 und 5 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 13. März 1986, BGBl. Nr. 163, mit der gewerbepolizeiliche Regelungen für die nichtlinienmäßige Beförderung von Personen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs getroffen werden (Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986), werden als gesetzwidrig aufgehoben.

b) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1571/88 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Der Landeshauptmann von Wien erkannte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. Juni 1988 den Beschwerdeführer schuldig, dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §4 Abs2 der Wiener Fiaker-, Taxi- und Mietwagen-Betriebsordnung, LGBl. 21/1987, (Wr. BetriebsO 1987), begangen zu haben, daß er am 21. Feber 1988 in Wien ein Taxi im Fahrdienst verwendet und hiebei den Taxiausweis nicht an der Innenseite der Windschutzscheibe deutlich sichtbar angebracht habe. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß §14 Abs1 Z7 (richtig: Z6) des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. 85/1952, idF der Novelle BGBl. 125/1987, (GelVerkG), eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die eingangs erwähnte Verfassungsgerichtshofbeschwerde.

2.a) Der Verfassungsgerichtshof beschloß am 1. März 1989, aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG von amtswegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §4 Abs2 der Wr. BetriebsO 1987, (V 20/89), und in weiterer Folge auch ein Verfahren zur Prüfung des §31 Abs2 Z5 und des §58 Abs3, 4 und 5 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986, BGBl. 163, (Bundes-BetriebsO 1986), (V 21/89), einzuleiten.

b) Die hier maßgebenden Rechtsvorschriften bestimmen folgendes:

aa) Dem §1 Abs1 und §2 Abs1 GelVerkG zufolge bedarf die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen einer (Taxi-)Konzession.

Der unter der Überschrift "Besondere Ausübungsvorschriften" stehende §10 GelVerkG lautet unter Berücksichtigung des Bundesministeriengesetzes 1986 idF der Novelle BGBl. 78/1987:

"§10. (1) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr kann für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbe mit Verordnung Vorschriften erlassen über

1. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit;

2. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderliche Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der bei der Gewerbeausübung verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit und Eignung, insbesondere auch für Zwecke des Fremdenverkehrs;

3. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Betriebs- und Beförderungsbedingungen; im Platzfuhrwerks-Gewerbe kann Beförderungspflicht und die Anbringung eines Fahrpreisanzeigers und beim Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-), Mietwagen- und Platzfuhrwerks-Gewerbe eine Versicherungspflicht vorgeschrieben werden, die hinsichtlich der Versicherungssumme der Eigenart des Gewerbes Rechnung trägt und auch über die für Kraftfahrzeuge allgemein vorgeschriebene Versicherungspflicht hinausgeht.

(2) Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere Vorschriften, insbesondere über ein Verbot oder eine Beschränkung des Auffahrens auf Standplätzen (§96 Abs4 StVO 1960) einer Gemeinde mit Taxifahrzeugen, die auf Grund von Konzessionen mit einem Standort außerhalb der betreffenden Gemeinde eingesetzt werden, über eine bestimmte Reihenfolge im Auffahren auf Standplätzen, über die Entgegennahme von Fahrtaufträgen mittels Standplatztelefon oder Funk sowie über den Nachtdienst durch

Verordnung festzulegen .......".

bb) Gestützt auf §10 Abs1 GelVerkG erließ der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr am 13. März 1986 die Bundes-BetriebsO 1986. Diese gilt ihrem §1 zufolge u.a. für die Ausübung des Taxi-Gewerbes.

Der Abschnitt III (§§18 bis 49) enthält besondere Bestimmungen für das Taxi-Gewerbe. Die §§30 bis 36 regeln den Taxilenker-Ausweis. Hier von Bedeutung sind die folgenden Vorschriften:

"§30. (1) Als Lenker im Fahrdienst (Taxilenker) dürfen nur Personen tätig werden, die einen Ausweis nach dem Muster der Anlage besitzen. Der Gewerbeinhaber darf auch nur Inhaber eines derartigen Ausweises im Fahrdienst verwenden.

(2) Der Lenker hat den Ausweis während des Fahrdienstes mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung

auszuhändigen. ......

§31. (1) Den Ausweis nach §30 hat die nach dem Standort des Gewerbebetriebes, in dem die Taxilenkertätigkeit ausgeübt werden soll, örtlich in Betracht kommende Behörde auszustellen.

(2) Der Ausweis muß folgende Angaben enthalten:

1. Name und Anschrift des Ausweisinhabers (Taxilenkers);

2. Daten des Führerscheines (§33);

3. Geltungsdauer (im Falle einer zeitlichen Beschränkung gemäß §34);

4. der Bereich, für den die Ortskenntnisse nachgewiesen werden (§32 Abs1 Z5 litd);

5. In Städten über 500.000 Einwohner überdies das an geeigneter Stelle im Ausweis anzubringende Lichtbild des Ausweisinhabers (Paßbild in Hochformat), das die Identität des Inhabers des Ausweises zweifelsfrei erkennen läßt, wobei dieses Lichtbild nicht älter als 10 Jahre sein darf. Der Ausweis samt Lichtbild ist an geeigneter Stelle im Fahrzeug anzubringen.

    §32. .......".

    Im Abschnitt VIII (§§57 bis 60) finden sich Aufhebungs-,

Übergangs- und Schlußbestimmungen:

    Nach §57 tritt mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung die

Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl.

289/1955, in der zuletzt geltenden Fassung, außer Kraft.

    Die §§58 und 60 lauten auszugsweise:

    "§58. (1) .......

(3) Die Verpflichtung von Inhabern bereits vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung ausgestellter Ausweise zur Ergänzung des Ausweises durch ein Lichtbild sowie zur Ersichtlichmachung im Sinne des §31 Abs2 Z5 an geeigneter Stelle tritt erst fünf Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung ein.

(4) Anträge auf Ergänzung des Ausweises durch ein Lichtbild im Sinne des §31 Abs2 Z5 können bereits ab Inkrafttreten dieser Verordnung eingebracht werden und sind von der Behörde zu entscheiden.

(5) Ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung auszustellende Ausweise gemäß §30 haben bereits der Bestimmung des §31 Abs2 Z5 zu entsprechen."

"§60. Diese Verordnung tritt mit 1. April 1986 in Kraft."

cc) Mit Bezugnahme auf §10 Abs2 GelVerkG erließ der Landeshauptmann von Wien am 13. Mai 1987 die Wr. BetriebsO 1987. Ihrem §1 Abs1 zufolge gilt sie u.a. für die Ausübung des Taxi-Gewerbes.

§4 Abs2 bezieht sich auf Taxi-Lenker und lautet:

"(2) Während des Fahrdienstes ist der gemäß §30 Abs1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986, BGBl. Nr. 163/1986, erforderliche Lenkerausweis von außen deutlich sichtbar an der Innenseite der Windschutzscheibe anzubringen, wobei der Teil des Lenkerausweises, der die Angaben über Geburtsdatum und Wohnanschrift enthält, verdeckt werden darf."

Nach §13 Abs1 tritt diese Verordnung mit 1. Juni 1987 in Kraft.

c) Der Verfassungsgerichtshof äußerte im Einleitungsbeschluß (s.o. I.2.a) gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen die folgenden Bedenken:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß dem §31 Abs2 Z5 iVm §58 Abs3 der Bundes-BetriebsO 1986 zufolge die Verpflichtung des Taxilenkers, den Ausweis an geeigneter Stelle im Fahrzeug anzubringen, erst mit 1. April 1991 eintritt, daß jedoch gemäß §4 Abs2 iVm §13 Abs1 der Wr. BetriebsO 1987 die Wiener Taxilenker seit 1. Juni 1987 verhalten sind, diesen Ausweis an der Innenseite der Windschutzscheibe anzubringen.

Die vom Landeshauptmann erlassene Verordnung scheint also bereits jetzt den Wienern Taxilenkern ein Verhalten vorzuschreiben, zu dem sie der Verordnung des Bundesministers zufolge erst ab 1. April 1991 verpflichtet sein sollen, sodaß der normative Inhalt der beiden Verordnungen voneinander abweicht.

§10 Abs1 GelVerkG beruft ausdrücklich den Bundesminister zur Erlassung von Durchführungsverordnungen näher umschriebenen Inhaltes, während §10 Abs2 GelVerkG den Landeshauptmann ermächtigt, 'erforderlichenfalls im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere

Vorschriften, insbesondere .... (es folgt eine beispielsweise

Aufzählung, die jedoch den Taxilenkerausweis nicht enthält) durch Verordnung festzulegen'. (Der zweite Satz des Art10 Abs2 GelVerkG, der als Verfassungsbestimmung erlassen wurde, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Interesse.)

Die Frage ist nun, welcher Inhalt den beiden, zur Verordnungserlassung ermächtigenden Gesetzesbestimmungen zukommt.

Entweder wird §10 GelVerkG dahin ausgelegt, daß jedenfalls dann, wenn der Bundesminister im Rahmen der ihm durch Abs1 zugewiesenen Kompetenz eine Angelegenheit (rechtmäßig) abschließend geregelt hat, für eine Regelung derselben Materie durch den Landeshauptmann kein Raum mehr bleibt; dies schon deshalb, weil sie nicht 'erforderlich' i.S. des §10 Abs2 GelVerkG ist. Hat der Bundesminister mit der Bundes-BetriebsO 1986 - wie vorläufig angenommen wird - angeordnet, daß bis 1. April 1991 in Wien Taxilenkerausweise im Fahrzeug nicht angebracht zu werden brauchen, so dürfte es - trifft die obige Interpretation des §10 GelVerkG zu - dem Landeshauptmann zumindest bis zum erwähnten Zeitpunkt verwehrt sein, in der Wr. BetriebsO zu gebieten, daß der Ausweis im Fahrzeug sichtbar zu machen ist, und zu regeln, wo und wie er im Taxi angebracht werden soll. Bei dieser Ausgangsposition wäre der Landeshauptmann von Wien anscheinend nicht zuständig gewesen, §4 Abs2 der Wr. BetriebsO 1987 zu erlassen.

Oder aber es wird §10 GelVerkG dahin interpretiert, daß er es dem Bundesminister verwehrt und dem Landeshauptmann vorbehält, Regelungen zu treffen, die sich nur auf ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Gemeinde beziehen. Trifft diese Interpretation zu, so wäre der Bundesminister anscheinend nicht kompetent gewesen, §31 Abs2 Z5 (und die damit anscheinend untrennbar zusammenhängenden Übergangsbestimmungen des §58 Abs3 bis 5) der Bundes-BetriebsO 1986 zu erlassen. §31 Abs2 Z5 dieser Verordnung spricht nämlich zwar von 'Städten über

500.000 Einwohnern', kann damit aber ausschließlich das Land (die Stadt) Wien meinen."

3. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr und der Landeshauptmann von Wien erstatteten in den Verordnungsprüfungsverfahren Äußerungen. Sie vertreten jeweils die Meinung, §10 GelVerkG habe sie - und nicht die andere Behörde - zur Verordnungserlassung ermächtigt.

Der Bundesminister führt aus:

"Zwar trifft es zu, daß die vom Landeshauptmann von Wien erlassene Verordnung (Wr. Betriebsordnung 1987) den Wiener Taxilenkern bereits jetzt ein Verhalten vorschreibt, zu dem der Bundesbetriebsordnung zufolge erst ab 1. April 1991 eine Verpflichtung besteht und daß daher beide Verordnungen voneinander abweichen. Es steht daher die in der Bundesbetriebsordnung entsprechende Regelung mit der später erlassenen gleichartigen Bestimmung der Wr. Verordnung nicht im Einklang. Dies bewirkt ho. Erachtens aber nicht, daß beide Verordnungen in dieser Hinsicht rechtswidrig sind, sondern daß lediglich die entsprechende Bestimmung der später erlassenen Verordnung des Landeshauptmannes von Wien aufzuheben wäre.

Nach §10 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz war der Bundesminister sehr wohl berechtigt, entsprechende Regelungen vorzusehen, wobei es dahingestellt bleiben mag, ob die diesbezügliche Angelegenheit in der Bundesbetriebsordnung abschließend geregelt worden ist.

Der vom Gerichtshof vertretenen Meinung, daß der Gesetzgeber es dem Landeshauptmann vorbehalten habe, Regelungen zu treffen die sich nur auf ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Gemeinde beziehen, kann hingegen nicht gefolgt werden. Vielmehr wurde in der Bundesbetriebsordnung in diesem Zusammenhang der Rahmen für eine bestimmte Regelung abgesteckt, wogegen es dem Landeshauptmann von Wien vorbehalten blieb, hiezu nähere Ausführungsbestimmungen zu treffen, die sich ausschließlich auf seinen Wirkungsbereich bezogen."

Der Landeshauptmann meint, "daß es sich bei der Gestaltung des Taxilenkerausweises um eine Materie handelt, die vom Vorbehaltsbereich des §10 Abs1 GelVerkG erfaßt" werde; es sei aber iS des §10 Abs2 GelVerkG (zwingend) erforderlich gewesen anzuordnen, daß der Taxilenkerausweis im Taxi ersichtlich anzubringen sei:

"Diese" (Erforderlichkeit) "ergab sich schon allein dadurch, daß in der Praxis eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Taxilenkern unterwegs war, die nicht geprüft waren und demzufolge über keine entsprechenden Ortskenntnisse verfügten. Nicht zuletzt wegen der den Wiener Behörden zugegangenen Beschwerden über den vermehrten Einsatz von ungeprüften Lenkern und der in diesem Zusammenhang erstatteten Strafanzeigen mußte die Erfahrung gewonnen werden, daß die Beschäftigung solcher Taxilenker unaufhaltsam zunahm."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Anlaßbeschwerde (s.o. I.1.) ist zulässig. Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Hiebei hätte er u.a. die in Prüfung gezogene Bestimmung der Wr. BetriebsO 1987 anzuwenden, auf die der angefochtene Bescheid im wesentlichen gegründet wird; sie ist daher präjudiziell.

Um die Gesetzmäßigkeit der zu V20/89 zu prüfenden Vorschrift der Wr. BetriebsO 1987 zu klären, hätte der Verfassungsgerichtshof die (zu V21/89) gleichfalls in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Bundes-BetriebsO 1986 anzuwenden; sie sind demnach in dem zu V20/89 geführten Verfahren präjudiziell.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind beide Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2.a) §10 Abs1 GelVerkG beruft ausdrücklich den Bundesminister zur Erlassung bestimmter Durchführungsverordnungen, während §10 Abs2 leg.cit. den Landeshauptmann ermächtigt, unter näher umschriebenen Voraussetzungen Durchführungsverordnungen zu erlassen (Gesetzestext s.o. I.2.b.aa). Damit aber wird die Erlassung bestimmter Durchführungsverordnungen kraft Gesetzes bestimmten Behörden vorbehalten.

Eine zusammenschauende Auslegung dieser beiden Gesetzesbestimmungen ergibt bei Beachtung ihres Wortlautes und ihres Sinngehaltes, daß (nur) der Bundesminister zuständig ist, Durchführungsverordnungen zu erlassen, die für alle oder doch für mehrere Länder in gleicher Weise anzuwenden sind, und daß (nur) der Landeshauptmann zur Erlassung solcher Durchführungsverordnungen ermächtigt wird, die aufgrund der besonderen "örtlichen Gegebenheiten" bloß für ein bestimmtes Land (oder nur für Teile eines Landes) in Betracht kommen. Der Bundesminister darf also keine den §10 GelVerkG durchführenden generellen Regelungen erlassen, die sich offenkundig nur auf ein bestimmtes Land (oder nur auf Teile eines Landes) beziehen.

Das bedeutet beispielsweise, daß allgemeine Regelungen über den Taxilenkerausweis vom Bundesminister zu erlassen sind, daß aber - wegen der in einem Land bestehenden Besonderheiten erforderliche - (nähere) Regelungen über das Anbringen des Ausweises im Fahrzeug und über weitere damit zusammenhängende spezielle, an den Taxilenkerausweis zu stellenden Anforderungen (etwa über die Ergänzung des Ausweises durch ein Lichtbild seines Inhabers) vom Landeshauptmann zu treffen sind.

Der Landeshauptmann hat darauf hingewiesen, daß in Wien das Anbringen eines mit einem Lichtbild versehenen Taxilenkerausweises im Fahrzeug in Wien notwendig ist (s.o. I.3.). Der Bundesminister ist derselben Meinung; er ist offenkundig der Auffassung, daß dieses Erfordernis nur in Wien besteht, wird doch im §31 Abs1 Z5 der Bundes-BetriebsO 1986 zwar (allgemein) von "Städten über 500.000 Einwohnern" gesprochen; gemeint kann damit aber ausschließlich das Land (die Stadt) Wien sein; nur dort ist der Bundes-BetriebsO 1986 zufolge der (mit einem Lichtbild versehene) Taxilenkerausweis im Taxi anzubringen (allerdings erst ab 1. April 1991).

b) aa) Die in Prüfung gezogene Stelle der Wr. BetriebsO 1987 ist also nicht mit der im Einleitungsbeschluß vorläufig angenommenen Gesetzwidrigkeit belastet; sie ist daher nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

bb) Hingegen haben sich die im Einleitungsbeschluß gegen §31 Abs2 Z5 sowie §58 Abs3, 4 und 5 der Bundes-BetriebsO 1986 geäußerten Bedenken als zutreffend erwiesen; diese Verordnungsbestimmungen sind daher als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Verpflichtung des Bundesministers zur Veröffentlichung der Aufhebung ergibt sich aus Art139 Abs5 B-VG.

Schlagworte

Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, Verordnungserlassung,Behördenzuständigkeit, Determinierungsgebot, Taxis,Auslegung zusammenschauende

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:V20.1989

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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