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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1053;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VIII, vom 12. Dezember 1989, GZ. 6/4-4143/86-01, betreffend Einkommensteuer, Gewerbesteuer und einheitlicher Gewerbesteuermeßbetrag für 1983 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war im Streitjahr 1983 Inhaberin eines als Einzelbetrieb geführten Bauunternehmens. Sie ermittelte den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG 1972. Am 4. Jänner 1984 veräußerte sie das Anlage- und das Umlaufvermögen des Einzelunternehmens an die M. GmbH, an deren Stammkapital von S 500.000,-- die Beschwerdeführerin selbst mit S 1.000,-- und ihre beiden Töchter mit je S 249.500,-- beteiligt waren. In der über diesen Vorgang ausgefertigten detaillierten Rechnung über den Gesamtkaufpreis von S 13,541.314,13 wurden halbfertige Arbeiten in Höhe von S 4,050.000,-- ausgewiesen. Gleichzeitig verpflichtete sich die Käuferin, die Beschwerdeführerin für alle aus dem Betrieb anfallenden Haftungen und Verbindlichkeiten auch für vorangegangene Zeiten schad- und klaglos zu halten.
Im Zuge einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, daß die von der Beschwerdeführerin ausgeführte "Wasserversorgungsanlage N" im Jahre 1983 fertiggestellt worden war. Demzufolge verminderte er die in der Bilanz zum 31.12.1983 mit S 4,050.000,-- ausgewiesene Position der halbfertigen Arbeiten um den auf dieses Bauwerk entfallenden Wert von S 1,920.000,-- und wies entsprechend der Endabrechnung für diese Anlage einen Betrag von S 2,596.796,93 als fertige, nicht abgerechnete Bauten aus.
Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Abgaben- und Feststellungsbescheide wurde Berufung erhoben und darin bestritten, daß das Bauvorhaben N zum Jahresende 1983 fertiggestellt worden war. Die Straße sei in weiten Bereichen nicht zugeschüttet, die Bankette nicht fertiggestellt, einzelne Künetten seien zu sanieren, die Anschlußränder seien nicht fertiggestellt gewesen. Die Auslaufbauwerke seien überhaupt erst 1985 hergestellt worden. Der Zeitpunkt, der von der Gemeinde R gegenüber dem Wasserwirtschaftsfonds als Fertigstellungszeitpunkt angegeben worden sei, könne nicht als Beweis für die tatsächliche Fertigstellung herangezogen werden. Bei der Veräußerung wesentlicher Teile des Unternehmens an die M. GmbH seien auch die noch nicht fertiggestellten Leistungen an den einzelnen Baustellen übernommen worden. Im Zuge dieser Veräußerung sei auch die halbfertige Arbeit an der Baustelle N übergeben worden. Als Übergabspreis sei jener Wert vereinbart gewesen, der in der Bilanz zum 31.12.1983 aufscheint. Die Verhandlungen bezüglich der Übergabe hätten bereits in den letzten Monaten des Jahres 1983 stattgefunden; der Übergabspreis sei zum 31.12.1983 natürlich bereits fixiert gewesen. Wenn bereits zum 31.12.1983 festgestanden sei, daß am 4. Jänner des Folgejahres ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens zu einem bestimmten Preis veräußert wird, so sei es unzulässig, den Teilwert dieses Wirtschaftsgutes höher anzusetzen als den kurz darauf erzielten Veräußerungspreis. Es habe keine Möglichkeit bestanden, den Kaufpreis im nachhinein hinaufzusetzen.
In einer Stellungnahme des Prüfers wurde ausgeführt, es seien zwar 1984 noch Leistungen an der gegenständlichen Baustelle erbracht worden; es habe sich dabei aber um Gewährleistungsarbeiten gehandelt, welche nach der Erstellung der Schlußrechnung vom 29. Februar 1984 vorgenommen worden seien. Diese Aufwendungen seien durch Rückstellungen für Gewährleistungen und "Nacharbeiten" berücksichtigt worden. Der Prüfer habe sich bei seiner Vorgangsweise auf folgende Umstände gestützt:
Bautagesbericht Nr. 227 vom 1. Juni 1983 betreffend "Gesamte Straßendeckenwiederherstellung".
Laut Aussage des Gemeindesekretärs vom 16. September 1985 sei die Wasserverrechnung an die Letztverbraucher bereits ab Dezember 1983 vorgenommen worden.
Bei einer Erhebung beim Amt der NÖ. Landesregierung wurde festgestellt, daß der letzte im Bauakt vorhandene Bautagesbericht Nr. 253 mit 1. September 1983 datiert war. Im Oktober 1983 seien noch vereinzelt Hausanschlüsse vorgenommen und anschließend die noch notwendigen Asphaltierungsarbeiten durchgeführt worden.
In dem am 29. März 1984 bei der Gemeinde R aufgenommenen "Abnahmeprotokoll" sei als Bauende der 16.12.1983 angeführt worden.
In der am 29. Februar 1984 ausgefertigten Schlußrechnung sei als Bauende Oktober 1983 angegeben worden.
Die weiteren in der Berufung dargestellten Leistungen - die nach Auffassung des Prüfers Gewährleistungsarbeiten darstellten - seien erst nach der Erstellung der Schlußrechnung erbracht worden.
In einer Gegenäußerung wurde namens der Beschwerdeführerin vorgebracht, daß die Arbeiten am 16. Dezember 1983 wegen der Wetterverhältnisse eingestellt worden seien. Die endgültige Fertigstellung des Bauvorhabens habe erst im Frühjahr 1984 erfolgen können.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die Berufung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Die Behörde gelangte im angefochtenen Bescheid zu der Auffassung, daß die Bauarbeiten bereits im Jahre 1983 beendet worden seien. Dabei lasse der Umstand, daß die Bauarbeiten des Jahres 1984 zur Gänze nach Erstellung der Schlußrechnung vom 29. Februar 1984 bzw. nach der Bauabnahme (29. März 1984) ausgeführt wurden, erkennen, daß es sich bei diesen Bauarbeiten nicht um Arbeiten in Erfüllung des Bauauftrages gehandelt haben konnte. Für die Bewertung der Forderungen aus abgeschlossenen Leistungen sei der Zeitpunkt der erbrachten Leistung entscheidend. Bei Bewertung des Umlaufvermögens zum Bilanzstichtag 31.12.1983 hätten auch alle Erwägungen außer Betracht zu bleiben, die im Zusammenhang mit der im folgenden Jahr erfolgten Betriebsveräußerung standen.
In der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind gemäß § 6 Z. 2 EStG 1972 mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Teilwert ist nach dem dritten Satz des § 6 Z. 1 EStG 1972 der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid auf Grund der von ihr aufgenommenen Beweise zu dem Ergebnis gelangt, daß der Werkvertrag zur Errichtung der Wasserversorgungsanlage N - zumindest in dem Ausmaße, über das sich die am 29. Februar 1984 ausgefertigte Schlußrechnung erstreckte - zum Bilanzstichtag 31.12.1983 von seiten der Beschwerdeführerin vollständig erfüllt war. Die belangte Behörde hat daher im Sinne einer periodengerechten Gewinnermittlung zu diesem Bilanzstichtag zutreffend die Forderung aus diesem Vertragsverhältnis erfaßt, wobei im Beschwerdefall gegen den Ansatz in der in der Schlußrechnung ausgewiesenen Höhe keine Bedenken bestehen (vgl. sinngemäß das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1981, 81/14/0017, 0032), soweit sich solche nicht aus der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Teilwertfrage ergeben sollten.
Daß die in der Schlußrechnung ausgewiesenen Leistungen zum Bilanzstichtag zur Gänze erbracht worden sind, wird von der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr bestritten. Sie vertritt vielmehr die Auffassung, daß der Teilwert der in Rede stehenden Forderung zum 31.12.1983 im Sinne der an die M. GmbH gelegten Rechnung über den Verkauf von Anlage- und Umlaufvermögen S 1,920.000,-- betragen habe.
Wenn auch im allgemeinen ein Veräußerungsvorgang, der in zeitlicher Nähe zu dem für die Teilwertermittlung eines Wirtschaftsgutes maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt ist, für die Wertermittlung von entscheidender Bedeutung sein kann, so ist doch eine solche tatsächliche Veräußerung für die Teilwertermittlung nicht allein entscheidend. Der in Rede stehende Kaufvertrag wurde zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und der M. GmbH andererseits, an der neben der Beschwerdeführerin selbst allein zwei Töchter der Beschwerdeführerin beteiligt waren, abgeschlossen. Aus dem übrigen Akteninhalt ist dabei ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin auch nach der Veräußerung als Vertreterin der M. GmbH aufgetreten ist. Derartige Verträge zwischen nahen Angehörigen sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1986, 83/13/0109, 0139).
Im Beschwerdefall wurde der Kaufvertrag über das Anlage- und Umlaufvermögen mündlich vereinbart. Nach den Ausführungen in der Berufungsschrift war als Übergabspreis der "halbfertigen Arbeiten" der in der Bilanz zum 31.12.1983 aufscheinende Wert vereinbart. Diese Vereinbarung, die nach außen lediglich in der Geltendmachung der Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt zum Ausdruck gekommen ist, kann damit nur so verstanden werden, daß der nach den Bilanzierungsgrundsätzen zutreffende Wert - das ist aber der in der Schlußrechnung vom 29. Februar 1984 ausgewiesene Betrag - als Übergabspreis in Betracht gekommen wäre. Der Umstand, daß der Bilanzansatz unrichtig war und dieser unrichtige Ansatz in die Rechnung über das Betriebsvermögen übernommen worden ist, bietet keine Handhabe, daß der unzutreffende, in die Rechnung über den Betriebsübergang übernommene Bilanzansatz nun als "Teilwert" der Forderung auf den Bilanzstichtag zurückwirkt.
Die Vereinbarung eines Übergabspreises von S 1,920.000,-- für die Forderung aus dem Bauvorhaben Wasserversorgungsanlage N hält einem gebotenen Fremdvergleich auch deswegen nicht stand, weil unter Fremden der Wert einer Forderung aus bereits zur Gänze erbrachten, aber nur noch nicht abgerechneten Leistungen - die Rechnung über dieses Bauvorhaben wurde jedenfalls vor der Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung der M. GmbH für Jänner 1984 erstellt - nicht mit einem um nahezu S 700.000,-- verminderten Betrag angesetzt worden wäre. Daß die Forderung aus der erbrachten Leistung nicht mit dem dem Leistungsempfänger zu verrechnenden Betrag realisiert hätte werden können, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan.
Der bloße Ausweis eines Betrages von S 1,920.000,-- in der Rechnung über die Veräußerung des Betriebsvermögens kann somit nicht als eine die begehrte Teilwertabschreibung begründende nachgewiesene Tatsache (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1988, 87/14/0174) angesehen werden, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Dabei konnte nach Lage des Beschwerdefalles dahingestellt bleiben, ob ein bei einer Betriebsveräußerung angesetzter Verkaufspreisanteil überhaupt auf den (Teil-)Wert eines Wirtschaftsgutes zu einem früheren Bilanzstichtag zurückschlagen kann.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990130037.X00Im RIS seit
08.04.1992