Index
19/05 Menschenrechte;Norm
MRK Art3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und Senatspräsident Dr. Hoffmann und des Hofrates Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. April 1991, Zl. 407.981/25-V7/90, betreffend Strafvollzug, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis des Leiters der Strafvollzugsanstalt Stein vom 11. Oktober 1990 schuldig erkannt, sich am 9. Oktober 1990 geweigert zu haben, die ihm erteilte Anordnung, weiter im Haftraum Grad I 15 zu bleiben, nicht befolgt und hiedurch die Ordnungswidrigkeit des vorsätzlichen Zuwiderhandels gegen die allgemeinen Pflichten des Strafgefangenen nach § 107 Abs. 1 Z. 10 StVG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 StVG begangen zu haben. Er wurde hiefür mit der Ordnungsstrafe des strengen Hausarrestes in der Dauer von zwei Tagen, verbunden mit dem Entzug der Arbeit, gemäß §§ 109 Z. 5, 114 Abs. 2 Z. 2 StVG bestraft.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, sich deshalb geweigert zu haben, in dem ihm zugewiesenen Haftraum zu bleiben, weil dieser bei der gegebenen Größe mit acht Strafgefangenen überbelegt gewesen sei.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung gemäß § 121 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, auf Grund des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer den ihm zur Last gelegten Sachverhalt verwirklicht habe. Es stehe fest, daß der Beschwerdeführer der ihm am 9. Oktober 1990 erteilten Anordnung, in dem ihm zugewiesenen, mit acht Strafgefangenen belegten Haftraum (Bodenfläche 53,29 m2) zu verbleiben, vorsätzlich trotz Abmahnung nicht nachgekommen sei. Dieser Sachverhalt erfülle den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z. 10 StVG, wonach ein Strafgefangener eine Ordnungswidrigkeit begehe, der entgegen den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes vorsätzlich den allgemeinen Pflichten des Strafgefangenen nach § 26 StVG zuwiderhandle. Daß die dem Beschwerdeführer erteilte Anordnung, in dem ihm zugewiesenen Haftraum zu verbleiben, gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen habe, sei nicht einmal von ihm selbst behauptet worden. Ein Verstoß gegen strafgesetzliche Vorschriften oder eine offensichtliche Verletzung der Menschenwürde könne in der Befolgung der gegenständlichen Anordnung gleichfalls nicht erblickt werden. Die Weigerung des Beschwerdeführers, in dem ihm zugewiesenen Haftraum zu bleiben, sei als Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z. 10 StVG zu ahnden gewesen. Die Strafzumessungsgründe seien vom Anstaltsleiter richtig festgestellt und gewürdigt worden; die verhängte Ordnungsstrafe sei sowohl ihrer Art als auch ihrem Umfang nach angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, aus Anlaß des Vorfalles vom 9. Oktober 1990, nicht wegen Begehung einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 107 Abs. 1 Z. 10 StVG bestraft zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 107 Abs. 1 Z. 10 StVG begeht eine Ordnungswidrigkeit der Strafgefangene, der entgegen der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorsätzlich sonst den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 zuwiderhandelt.
Gemäß § 26 Abs. 1 StVG haben die Strafgefangenen den Anordnungen der im Strafvollzug tätigen Personen Folge zu leisten. Sie dürfen die Befolgung von Anordnungen nur ablehnen, wenn die Anordnung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt oder die Befolgung dagegen verstoßen oder offensichtlich die Menschenwürde verletzen würde.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die ihm erteilte Anordnung, in der Zelle G I 15 zu bleiben, nicht befolgt zu haben. Der Beschwerdeführer behauptet nur, diese Anordnung des Verbleibens im Haftraum von ca. 50 m2 würde die "Menschenwürde" verletzen.
Zunächst ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß ausgehend von seinen Behauptungen, (es läge durch die Anordnung des Aufenthaltes im durch acht Personen überbelegten Raume eine Verletzung der Menschenwürde vor), eine offensichtliche Verletzung der Menschenwürde, nämlich eine erniedrigende Verhaltensweise des Strafgefangenen gegenüber dem Anordnenden, nicht vorliegt; denn Beschränkungen in der Persönlichkeitssphäre muß jeder Strafgefangene hinnehmen. Ob die Bodenfläche des Haftraumes, wie der Beschwerdeführer behauptet, ca. 50 m2 oder, wie die belangte Behörde auf Grund einer Vermessung annahm, 53,29 m2 betrage, ist hiebei unerheblich. Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, es stünden nur vier Sitzplätze zur Einnahme von Mahlzeiten an einem Tisch im Haftraum zur Verfügung, ist eine unbeachtiche Neuerung, abgesehen davon, daß damit nicht eine erniedrigende Behandlung des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 3 MRK erkennbar wäre.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann der Verwaltungsgerichtshof auch keine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung erkennen.
Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010047.X00Im RIS seit
08.04.1992