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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. April 1991, Zl. MA 63-Sch 419/90, betreffend Ablehnung einer Taxi-Konzession und der Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein Vertreter der Beschwerdeführerin schränkte am 19. Juni 1990 einen weitergehenden Antrag vom 6. April 1990 auf Erweiterung der bestehenden Taxi-Konzession von einem auf vier Pkw ein und ersuchte um Genehmigung der Bestellung eines namentlich genannten Geschäftsführers für die Erweiterung.
In den Verwaltungsakten findet sich sodann ein Bescheidentwurf vom 20. Juni 1990, der aber nicht abgefertigt und somit nicht erlassen wurde, mit welchem die Geschäftsführerbestellung gemäß § 39 Abs. 5 GewO 1973 genehmigt wird. Ebenso wurde auf der Rückseite des Konzessionsdekretes vom 23. November 1988 der mit 20. Juni 1990 datierte Vermerk:
"Gemäß § 343 Abs. 3 in Verbindung mit § 340 Abs. 5 der Gewerbeordnung 1973 wird auf dem Konzessionsdekret die Erweiterung der Konzession auf "Taxigewerbe, beschränkt auf die Verwendung von vier Personenkraftwagen" vermerkt." Weiters erging an die Beschwerdeführerin mit Ladungskarte vom 27. Juni 1990 die Einladung, in Angelegenheit "Erweiterung, Geschäftsführerbestellung" binnen 14 Tagen beim Amt vorzusprechen und außer der Karte "Lichtbildausweis, Quittung über Einverleibungsgebühr u. 2.060,-- bar" mitzubringen. Es wurden in der Folge weder das Konzessionsdekret mit dem Erweiterungsvermerk noch der Bescheid behoben. Deshalb erfolgte auf Grund einer Anordnung der Behörde erster Instanz eine Streichung des Vermerkes über die Erweiterung auf dem Dekret und der zur Abfertigung vorbereiteten sonstigen Vervielfältigungen.
Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 25. September 1990 wurde die beantragte Konzessionserweiterung mit dem Standort Wien abgewiesen und die Genehmigung der Bestellung des genannten Geschäftsführers nicht erteilt. Die Behörde verwies darauf, daß die vom Landeshauptmann von Wien mit Verordnung vom 22. August 1990, LGBl. Nr. 51, festgelegte Höchstzahl (4340) der für das Betreiben des Platzfuhrwerks-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeuge bereits erreicht sei. Zufolge der Ablehnung der Konzessionserweiterung sei auch die Genehmigung der Geschäftsführerbestellung abzuweisen gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. April 1991 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies zunächst wie die Behörde erster Instanz unter Bezugnahme auf die Wiener Taxi-Kraftfahrzeug Verhältnis- und Höchstzahl-Verordnung vom 22. August 1990 und führte zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Behörde erster Instanz bereits am 20. Juni 1990 über das Ansuchen um Erweiterung der Konzession auf die Verwendung von vier Kraftfahrzeugen gemäß §§ 343 Abs. 3 und 340 Abs. 5 GewO 1973 durch Vermerk auf dem Konzessionsdekret entschieden habe, somit für eine nachfolgende Abweisung des Ansuchens keine gesetzliche Handhabe bestehe, aus, es sei dem entgegenzuhalten, daß gemäß § 343 Abs. 3 GewO 1973 der an die Stelle eines Bescheides tretende Vermerk auf dem Konzessionsdekret nur dann rechtsgestaltende Wirkung zeitige, wenn er dem Konzessionswerber zugestellt oder ausgehändigt worden sei. Dies sei aber bis zum Inkrafttreten der Verordnung vom 22. August 1990 (und auch später) nicht erfolgt, sodaß von keiner bereits wirksamen Entscheidung habe ausgegangen werden können und die Behörde daher die neue Rechtslage habe anwenden müssen. Deshalb sei die angestrebte Erweiterung zu verweigern gewesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung der Bestellung der genannten Person zum Geschäftsführer lägen gleichfalls nicht vor, weil gemäß § 39 Abs. 1 GewO 1973 nur der Gewerbeinhaber einen Geschäftsführer bestellen könne, aber hier die Gewerbeberechtigung abgelehnt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat zutreffend dargelegt, daß die am 20. Juni 1990 erfolgte Anbringung des Vermerkes über die Erweiterung der Konzession (von einem) auf vier Fahrzeuge auf dem Konzessionsdekret keine rechtsverbindliche Wirkung hervorzurufen vermochte. Wurde doch damit allein ein Bescheid vor der Abweisung des Ansuchens weder mündlich noch schriftlich im Sinne des § 62 AVG erlassen, was selbst in der Beschwerde eingeräumt wird. Ein Bescheid erlangt aber erst mit seiner Erlassung rechtliche Existenz (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 4 zu § 62 AVG, S. 465). Die am 27. Juni 1990 an die Beschwerdeführerin ergangene Aufforderung mittels Ladungskarte, in Angelegenheit der Erweiterung der Konzession und der Geschäftsführerbestellung bei der Behörde binnen 14 Tagen vorzusprechen sowie die Quittung über die Einverleibungsgebühr und S 2.060,-- bar mitzubringen, der die Beschwerdeführerin im übrigen nicht nachgekommen ist, stellt ebensowenig die erforderliche Erlassung eines Bescheides dar, wie die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei ihrem Geschäftsführer anläßlich eines Telefonates kurz nach dem 27. Juni 1990 fernmündlich mitgeteilt worden, daß die Erweiterung der Konzession antragsgemäß auf vier Fahrzeuge erfolge. Abgesehen davon handelt es sich bei der letztgenannten Behauptung der Beschwerdeführerin um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung.
Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid, wenn auch aus einem anderen Grund, als rechtswidrig.
Der Verfassungsgerichtshof hob auf Grund des unter anderem aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde an ihn gestellten Antrages des Verwaltungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 29. Februar 1992, V 270-291/91-9, u.a., die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 22. August 1990, LGBl. Nr. 51, betreffend die Verhältnis- und Höchstzahl der für das mit Kraftfahrzeugen betriebene Platzfuhrwerks-Gewerbe zuzulassenden Kraftfahrzeuge in Wien (Wiener Taxi-Kraftfahrzeug Verhältnis- und Höchstzahl-Verordnung) als gesetzwidrig auf und sprach aus, daß die Verordnung nicht mehr anzuwenden ist.
Zufolge Art. 139 Abs. 6 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid so zu beurteilen, als ob die in Rede stehende Verordnung schon im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr bestanden hätte. Die unter Heranziehung der angeführten Verordnung erfolgte Abweisung des Konzessionsansuchens der Beschwerdeführerin und die damit im Zusammenhang stehende Versagung der Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers erweist sich sohin als inhaltlich rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, beschränkt durch die von der Beschwerdeführerin beantragten Höhe.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen MitteilungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992030069.X00Im RIS seit
22.04.1992