Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
DBAbk BRD 1955 Art8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des M in F, BRD, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 31. Oktober 1990, Zl. 6/189/1-BK/Kr-1989, betreffend Einkommensteuer 1983 bis 1987 (einschließlich Verspätungszuschläge), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Beschwerdeführer ist wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer einer österreichischen GmbH. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist ausschließlich strittig, ob der Beschwerdeführer mit seinen für seine Geschäftsführungstätigkeit bezogenen, nach § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1981 unbestritten solche aus selbständiger Arbeit darstellenden Einkünften in Österreich steuerpflichtig ist.
Während der Beschwerdeführer eine diesbezügliche österreichische (und auch deutsche) Steuerpflicht verneint, vertritt die belangte Behörde die Ansicht, daß Österreich für diese Einkünfte das Besteuerungsrecht zustehe.
Der Beschwerdeführer bekämpft den nach einer Betriebsprüfung im Instanzenzug ergangenen, diese Rechtsmeinung der belangten Behörde zum Ausdruck bringenden Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Der Beschwerdeführer hat auf die Gegenschrift repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Rechtsansicht, daß ein in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafter, an einer österreichischen GmbH. wesentlich beteiligter Geschäftsführer mit seinen Einkünften aus dieser Tätigkeit in Österreich steuerpflichtig ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 27. August 1991, 90/14/0237, ausgesprochen. In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof, soweit sich der Beschwerdeführer auch auf das mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen (BGBl. 221/1955) berief, unter Berücksichtigung des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1981 (BGBl. 620/1981) unter anderem die Richtigkeit der Ansicht dargetan, daß Geschäftsführerbezüge in Art. 8 DBA-BRD, der die Besteuerung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit dem Staat zuweist, in dem die Arbeit ausgeübt wird, nicht genannt werden (vgl. hiezu auch Z. 21 des Schlußprotokolles). Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf Art. 9 kam deswegen kein Erfolg zu, weil die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit danach wiederum im Staat der Ausübung zu erfolgen hat, weshalb ein echter Qualifikationskonflikt nicht aufgezeigt werden konnte.
Der Gerichtshof sieht sich auch aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde nicht veranlaßt, von seiner im zitierten Erkenntnis erfolgten Beurteilung abzugehen. Wenngleich dem Beschwerdeführer einzuräumen ist, daß Doppelbesteuerungsabkommen keine Besteuerungsrechte schaffen können, wenn nach innerstaatlichem Recht kein Steueranspruch besteht, ist darauf hinzuweisen, daß der gegenständliche Sachverhalt im angefochtenen Bescheid nach innerstaatlichem Recht richtigerweise und vom Beschwerdeführer unbestritten unter § 98 Z. 2 EStG 1972 subsumiert wurde (vgl. auch Höld-Binder, Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger, wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer, ÖStZ 1982, 215 f). Entgegen dem Beschwerdevorbringen besteht somit nach innerstaatlichem Steuerrecht ein Steueranspruch. Der Beschwerdeführer vermeint weiter jedoch, daß einerseits Österreich durch die Qualifikation der - nach zwischenstaatlichem Recht (Art. 9 DBA-BRD) den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnenden - Einkünfte des Beschwerdeführers als solche aus selbständiger Arbeit auf die "Einhebung von Lohnsteuer verzichtet" habe, andererseits Art. 8 DBA-BRD mangels regelmäßig zur Verfügung stehender ständiger Einrichtung eine Besteuerung in Österreich nicht ermöglicht. In diesem Zusammenhang vertritt der Beschwerdeführer nämlich die Ansicht, das in Art. 8 Abs. 2 DBA-BRD bei Ausübung eines freien Berufes normierte Erfordernis einer regelmäßig zur Verfügung stehenden ständigen Einrichtung sei auch auf den Beschwerdeführer anzuwenden, weil eine Differenzierung zwischen freiberuflicher und sonstiger selbständiger Tätigkeit nicht gerechtfertigt sei. Dieser Ansicht kann abgesehen davon, daß diesfalls das Wort "insbesondere" in Art. 8 Abs. 1 letzter Satz DBA-BRD inhaltsleer wäre, deshalb nicht gefolgt werden, weil Doppelbesteuerungsabkommen nur Kollisionsnormen enthalten, die in beiden Staaten auf bestehendes Steuerrecht einwirken, weshalb die Beurteilung jedes Einzelfalles von innerstaatlichem Recht auszugehen hat. Folgte man der Ansicht des Beschwerdeführers, so wäre für ihn auch nichts gewonnen, weil das DBA-BRD diesfalls Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinn des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 und damit auch die Einkünfte des Beschwerdeführers mangels Qualifikation als freier Beruf nach zwischenstaatlichem Recht im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht erfassen würde, und diese Einkünfte daher von Maßnahmen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung überhaupt unberührt blieben. Im übrigen behauptet jedoch der Beschwerdeführer selbst nicht, allein der Umstand, daß die strittigen Einkünfte nach innerstaatlichem Recht zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu rechnen sind, erlaube der Bundesrepublik Deutschland nach zwischenstaatlichem Recht, ihrerseits ein Besteuerungsrecht in Anspruch zu nehmen. Der Beschwerdeführer geht vielmehr von einer doppelten Nichtbesteuerung aus.
Ein Besteuerungsrecht für Einkünfte aus der in Rede stehenden Tätigkeit kommt daher nach zwischenstaatlichem Recht im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland, wie bereits im Erkenntnis vom 27. August 1991 ausgeführt, ausschließlich Österreich zu. In welcher Weise ein Staat, dem eine Steuerquelle durch ein Doppelbesteuerungsabkommen zugeteilt wird, diese ausschöpfen kann, richtet sich aber ausschließlich nach innerstaatlichem Recht (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 27. August 1991). Insoweit tritt daher der Beschwerdeführer auch der Ansicht von Höld-Binder, aaO., zu Unrecht entgegen, wonach Begriffsumschreibungen in Doppelbesteuerungsabkommen für den zwischenstaatlichen Bereich maßgeblich sind. Eine vom nationalen österreichischen Recht abweichende zwischenstaatliche Behandlung bestimmter Sachverhalte berührt jedoch nicht deren innerstaatliche Beurteilung in Österreich. Der belangten Behörde ist aus diesen Gründen zuzustimmen, wenn sie die Ansicht vertrat, der Beschwerdeführer sei mit seinen Einkünften aus seiner Geschäftsführertätigkeit bei der österreichischen Kapitalgesellschaft in Österreich steuerpflichtig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991140048.X00Im RIS seit
11.07.2001