Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. März 1991, Zl. 9/01-34162/1-1991, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. März 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. November 1989 einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Tauernautobahn von Salzburg kommend in Richtung Radstadt gelenkt und dabei im Zeitraum zwischen ca. 20.55 und 21.05 Uhr auf der Strecke von km 34.0 bis km 54.0 (Gemeindegebiet Werfen bis Gemeindegebiet Hüttau) 1) zwischen dem Helbersbergtunnel und dem Reittunnel die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um ca. 25 km/h, 2) im Rentenbergtunnel, 3) im Zetzenbergtunnel,
4) im Helbersbergtunnel und 5) im Reittunnel jeweils die in diesen Tunnels durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um ca. 35 km/h überschritten. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach zu 1) § 20 Abs. 2 StVO und zu 2) bis 5) nach § 52 lit. a Z. 10a StVO begangen, weshalb über ihn fünf Geldstrafen (fünf Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Gegen diesen Bescheid, und zwar "betreffend die Verurteilung des Beschwerdeführers gemäß § 52 lit. a Z. 10 StVO" richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe nie bestritten, auf den Freilandstraßen zwischen Autobahnkilometer 34.0 und 54.0 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um jeweils ca. 25 km/h überschritten zu haben. Da amtsbekannt sein müßte, daß die Gesamtlänge der Tunnels maximal 4 km betrage, müsse der Beschwerdeführer nach den Gesetzen der Physik in den Tunnelstrecken eine Geschwindigkeit von unter 100 km/h gefahren sein. Bei der vom Beschwerdeführer in einem Beobachtungszeitraum von 10 Minuten durchfahrenen Strecke von 20 km errechne sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 km/h. Habe der Beschwerdeführer hievon eine Strecke von 16 km mit einem Tempo von ca. 155 km/h zurückgelegt, so müsse die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges in den Tunnelbereichen unter 100 km/h gelegen sein. Dabei sei bereits berücksichtigt, daß die Zeit von 10 Minuten nur als "Ca-Wert" angeführt sei, während Beginn und Ende der Beobachtungsstrecke durch die vorhandene Autobahnkilometrierung offenbar eindeutig und präzise feststünden. In Hinsicht darauf, daß die Zeit durch die Beamten in Minuten ermittelt worden sei, sei die Ungenauigkeit einer derartigen Zeitmessung in Minuten maximal mit +/- 2 Minuten anzunehmen, da ansonsten die Beamten zweifellos andere Angaben über die Dauer der Tatzeit in Minuten angegeben hätten. Auf Grund dieser völlig eindeutigen Zeit- und Wegrelationen verlören die weiteren Angaben der erhebenden Gendarmeriebeamten bezüglich ihrer Geschwindigkeitsschätzungen völlig an Aussage- und damit Beweiskraft. Die belangte Behörde habe diesen nur zugunsten des Beschwerdeführers lösbaren Widerspruch durch völlig unbegründete Annahmen dadurch aufzulösen versucht, daß sie - ohne sich diesbezüglich auf Beweisergebnisse stützen zu können - in die Tatzeit (Beobachtungszeitraum) ein mögliches Gespräch zwischen Erhebungsbeamten und Beschwerdeführer nach der Anhaltung "einrechnete". Diese Vorgangsweise sei willkürlich. Das Straferkenntnis widerspreche seinem Inhalt nach den Denkgesetzen.
Mit diesem Vorbringen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß die Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob eine vorgenommene Beweiswürdigung dagegen richtig in dem Sinne ist, daß die Verantwortung des Beschwerdeführers und nicht eine ihn belastende Darstellung den Tatsachen entspricht, ist hingegen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). In diesem Sinne hält der angefochtene Bescheid einer Überprüfung stand.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit ist. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung stellt ferner nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Tatbestandsmerkmal des § 52 lit. a Z. 10a StVO dar, weil durch jedes etwa auch nur geringfügiges Überschreiten der durch Straßenverkehrszeichen erlaubten Höchstgeschwindigkeit das Tatbild nach dieser Gesetzesstelle verwirklicht wird. Dadurch, daß die belangte Behörde das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten überflüssigerweise in den Bescheidspruch aufnahm, wurde der Beschwerdeführer jedoch in keinem Recht verletzt.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde auf Grund der eindeutigen, umfassenden Anzeige in Verbindung mit den im Zuge des Rechtsmittelverfahrens durchgeführten zeugenschaftlichen Einvernahmen der beiden Gendarmeriebeamten mit jeden Zweifel ausschließender Sicherheit davon aus, daß der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen habe, zumal es geschulten Organen der Straßenaufsicht auf Grund ihrer Ausbildung, dienstlichen Stellung und Erfahrung in der Verkehrsüberwachung ohne weiteres zugebilligt werden könne, daß sie durch Nachfahren mit einem Patrouillenfahrzeug richtig feststellen und auch richtig wiedergeben können, ob ein Kraftfahrzeuglenker die zulässige Höchstgeschwindigkeit einhält oder nicht. Dazu komme noch, daß die beiden Gendarmeriebeamten bei einer falschen Zeugenaussage dienst- und strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt seien und kein Grund gefunden werden könne, warum sie den ihnen unbekannten Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten hätten wollen. Auch sei der Anzeige zu entnehmen, daß die beiden Gendarmeriebeamten mit ihrem Dienstkraftfahrzeug dem Beschwerdeführer von 20.55 Uhr bis ca. 21.05 Uhr zwischen ca. km 34 bis km 54 nachgefahren seien, weshalb der Einwand des Beschwerdeführers nicht durchzuschlagen vermöge, wonach unter Zugrundelegung der Zeit von 10 Minuten und einer Fahrtstrecke von insgesamt 20 km nicht davon ausgegangen werden könne, daß der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe. Es sei nämlich anläßlich der Anhaltung des Beschwerdeführers durch die Straßenaufsichtsorgane zu einem Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer und den Gendarmeriebeamten gekommen, sodaß keineswegs ausgeschlossen werden könne, daß auch eine gewisse Anhaltungszeit mit eingerechnet worden sei.
Im Beschwerdefall geht es ausschließlich darum, ob die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe auch in den Tunnels die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten, in Hinsicht auf das dem Beschwerdeführer weiters angelastete Verhalten, daß er mit seinem Fahrzeug in einem Zeitraum von ca. 10 Minuten eine Strecke von 20 km durchfahren und dabei auf einer Strecke von etwa 16 km - der Beschwerdeführer geht davon aus, daß die Gesamtlänge der Tunnels maximal 4 km betrage - die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h überschritten habe, berechtigt ist oder - wie der Beschwerdeführer meint - nach den Gesetzen der Physik unmöglich sei und den Denkgesetzen widerspreche, weil bei Annahme der belangten Behörde seine Fahrgeschwindigkeit in den Tunnels unter 100 km/h betragen hätte müssen. Der Beschwerdeführer übersieht hiebei, daß die belangte Behörde gleich der Vorinstanz eine Tatzeit von "ca. 10 Minuten" annahm, was soviel wie "ungefähr" bedeutet und einen zeitlichen Spielraum nach oben und unten zuläßt, den selbst der Beschwerdeführer mit "+/- 2 Minuten" annimmt. Daß die belangte Behörde im Beschwerdefall die mit "cirka" angegebene Tatzeit von 10 Minuten aber keinesfalls als darüberliegend, sondern vielmehr darunterliegend annahm, ergibt sich eindeutig aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach in Hinsicht auf das nach der Anhaltung zwischen dem Beschwerdeführer und den Straßenaufsichtsorganen geführte Gespräch - der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß diese Annahme der belangten Behörde der Aktenlage widerspreche - nicht ausgeschlossen werden könne, daß eine gewisse Anhaltungszeit mit eingerechnet wurde. Die belangte Behörde brachte damit lediglich zum Ausdruck, daß im Beschwerdefall die Tatzeit der Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht genau 10 Minuten betragen hat, sondern daß von diesen 10 Minuten die allerdings nicht weiter präzisierte Dauer des angeführten Gespräches abzuziehen ist, die Tatzeit der Geschwindigkeitsüberschreitungen sohin jedenfalls unter 10 Minuten liegt. Solcherart wurde von der belangten Behörde ungeachtet der von ihr in diesem Zusammenhang gewählten Formulierung entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers in die Tatzeit nicht auch die Zeit des nach der Anhaltung zwischen dem Beschwerdeführer und den Straßenaufsichtsorganen geführten Gespräches eingerechnet, was im übrigen der belangten Behörde ernsthaft wohl auch nicht unterstellt werden kann.
Werden von der von der belangten Behörde angenommenen Tatzeit von ca. 10 Minuten 2 Minuten in Abzug gebracht - eine Abweichung von 2 Minuten bei einer Tatzeit von ca. 10 Minuten ist auch nach Ansicht des Beschwerdeführers zulässig -, dann widerspricht die Annahme der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer in den einzelnen Tunnels die dort durch Straßenverkehrszeichen zulässige Höchstgeschwindigkeit, und zwar in dem von ihr mit ca. 35 km/h angenommenen Ausmaß, überschritten hat, selbst auf dem Boden der Rechtfertigung des Beschwerdeführers weder den Gesetzen der Physik noch den Denkgesetzen. Für das Zurücklegen einer Strecke von 16 km mit einer Fahrgeschwindigkeit von 155 km/h werden etwas mehr als 6 Minuten benötigt (genau 6,24 Minuten). Das Durchfahren einer Strecke von 4 km mit einer Fahrgeschwindigkeit von 135 km/h nimmt etwas weniger als 2 Minuten in Anspruch (genau 1,76 Minuten). Dies macht zusammen 8 Minuten aus. Wird zudem bedacht, daß auch die Fahrgeschwindigkeiten und die Länge der gefahrenen Strecke in "Zirka-Angaben" erfolgte, kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er meint, es könne der weitere Schuldvorwurf, daß er auf den vier Tunnelstrecken die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um etwa 35 km/h überschritten habe, unmöglich stimmen.
Im übrigen legte die belangte Behörde, ohne daß ihr eine Rechtswidrigkeit anzulasten ist, ausreichend, schlüssig und nachvollziehbar dar, warum sie den Angaben der beiden Gendarmeriebeamten mehr Glauben schenkte als der Rechtfertigung des Beschwerdeführers. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991030099.X00Im RIS seit
12.06.2001