Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §99 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des P in R, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Februar 1991, Zl. 11 - 75 Ku 25 - 90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Festsetzung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 20. März 1990 wurde der Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwölf Tage) bestraft, weil er am 11. August 1989 um 21.30 Uhr ein Herrenfahrrad an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in R in vermutlich alkoholisiertem Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Weigerung sei um
21.45 Uhr des 11. August 1989 am Gendarmerieposten Gleisdorf erfolgt, "indem Hr. P trotz 7-maliger Versuche kein zweites gültiges Meßergebnis zustande brachte". Ferner wurde ein Kostenbeitrag von S 1.000,-- festgesetzt.
Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen; gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer einen Betrag von S 1.100,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit", über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, daß ihm erstmals in dem außerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG erlassenen erstinstanzlichen Straferkenntnis das wesentliche Sachverhaltselement einer Fahrzeuglenkung "in vermutlich alkoholisiertem Zustand" angelastet worden sei, übersieht er, daß die ihm am 26. September 1989 zugestellte Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20. September 1989 folgende Tatumschreibung enthielt:
"Sie hätten am 11.8.1989 um 21.30 Uhr das Herrenfahrrad im Ortsgebiet von R auf der Parkstraße in Fahrtrichtung Fünfing vor dem Haus R 201 gelenkt und hätten sich nach Aufforderung eines bsonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht um 21.45 Uhr am Gendarmerieposten Gleisdorf durch 7 ungültige Versuche den Alkomattest durchzuführen geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hätten."
Da sich der mit "obwohl" eingeleitete Nebensatz sprachlich auch auf den vorausgehenden, das Lenken des Fahrzeuges betreffenden Satzteil bezieht, erweist sich der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Einwand der Verfolgungsverjährung als nicht berechtigt.
Was die vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde betrifft, so bestehen im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Prüfung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keine Bedenken, daß die Beweiswürdigung auf die Aussagen der als Zeugen vernommenen Meldungsleger gestützt wurde. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Vernehmung der Meldungsleger sei "in diesem Verfahren" zur Gänze unterblieben, ist aktenwidrig: Aus den Verwaltungsstrafakten geht hervor, daß beide Meldungsleger zu der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat unter Wahrheitserinnerung als Zeugen vernommen wurden, und zwar RI L am 27. November 1989 und RI Z am 12. Juli 1990. Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß er infolge einer Bronchitis nicht in der Lage gewesen sei, an der Atemluftüberprüfung mitzuwirken, wird durch diese Aussagen widerlegt, hat doch RI L angegeben, der Beschwerdeführer habe nicht nur bei der Alkotestuntersuchung nichts von einem "Körpergebrechen wie zum Beispiel Bronchitis" erwähnt, sondern sogar ein gültiges Meßergebnis zustande gebracht, jedoch bei mehreren weiteren Versuchen immer sofort abgesetzt und gefragt, ob das nun so richtig sei. Ein gültiges zweites Meßergebnis sei nicht zustande gekommen. Damit steht die Darstellung des Zeugen Z im Einklang, der die Alkotestverweigerung so beschrieb, daß der Beschwerdeführer trotz ausdrücklicher Aufklärung jeden Blasvorgang durch die Frage unterbrochen habe, ob das so richtig sei. Bei dieser Sachlage erübrigte sich die vom Beschwerdeführer vermißte Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen. Dazu kommt, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Bronchitis um einen vorübergehenden Leidenszustand gehandelt haben soll, der somit einer nachträglichen Feststellung durch eine ärztliche Untersuchung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht zugänglich gewesen wäre. Im übrigen behauptete der Beschwerdeführer selbst nicht, die Meldungsleger bei der Atemluftprobe auf sein angebliches Leiden hingewiesen zu haben.
Auf das eine Verletzung des Parteiengehörs betreffende Vorbringen in der Beschwerde kann nicht näher eingegangen werden, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun.
Daß sich der Beschwerdeführer beim Lenken des Fahrrades tatsächlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat, ist für die ihm angelastete Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO unerheblich; das Vorliegen von Alkoholisierungsmerkmalen, welche die in § 5 Abs. 2 StVO umschriebene Vermutung rechtfertigten, wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Unter Berücksichtigung der gleichfalls unbestritten gebliebenen Tatsache, daß der Beschwerdeführer bereits eine einschlägige Vorstrafe aufweist, kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung das ihr eingeräumte Ermessen überschritten hätte. Entgegen der in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Auffassung vermag der Umstand, daß der Beschwerdeführer nur ein Fahrrad und kein Kraftfahrzeug gelenkt habe, im vorliegenden Fall keineswegs die Anwendung des § 20 VStG zu begründen.
Die Beschwerde erweist sich somit in Ansehung des Schuldspruches, der Strafbemessung und der Festsetzung des Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren als unbegründet.
Im Ergebnis begründet ist sie allerdings, soweit sie sich gegen die Festsetzung des Kostenbeitrages für das Berufungsverfahrens richtet. Dieser Betrag wäre gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 358/1990 mit 10 v.H. der verhängten Strafe, also mit S 1.000,--, zu bemessen gewesen. Dies verkannte die belangte Behörde, weshalb ihr Bescheid in diesem Punkte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991030306.X00Im RIS seit
12.06.2001