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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrPolG 1954 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 27. Dezember 1991, Zl. III-c-St 10.379/32, betreffend Aufschub der Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, "gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz" ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
Mit dem durch den Schriftsatz vom 27. Juli 1990 ergänzten Antrag vom 2. April 1990 beantragte der Beschwerdeführer, die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes aufzuschieben. Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend, daß ihm im Falle seiner Abschiebung in die Türkei eine finanzielle Unterstützung seiner Familie (Gattin, Tochter und zwei Enkelkinder) unmöglich wäre. Die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes stelle daher "einen äußerst schweren Eingriff in das Familienleben und in die soziale Sicherheit der gesamten Familie" dar.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz ein "jederzeit widerrufbarer" Aufschub der Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes bis zum 15. Oktober 1990 unter der Bedingung des künftigen Wohlverhaltens und der Eingliederung in den Arbeitsprozeß mit bestimmten Auflagen gewährt.
Mit Anträgen vom 1. Oktober 1990, 28. Dezember 1990 und 25. Juni 1990 ersuchte der Beschwerdeführer jeweils um Verlängerung des Vollstreckungsaufschubes und wies darauf hin, daß er den "bisherigen Auflagen" nachgekommen sei. Aufgrund dieser Anträge gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer weitere Vollstreckungsaufschübe, zuletzt mit Bescheid vom 8. Juli 1991 bis zum 31. Dezember 1991.
Mit Eingabe vom 18. Dezember 1991 ersuchte der Beschwerdeführer unter Vorlage einer Beschäftigungsbewilligung um eine weitere Aufschiebung der Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes bis 31. Juli 1992 und verwies auf die bisher vorgebrachten "triftigen Gründe".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der neuerlich beantragte Vollstreckungsaufschub gemäß § 6 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz abgewiesen und ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer das Bundesgebiet spätestens zwei Tage nach Zustellung dieses Bescheides zu verlassen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz hat der Fremde, gegen den ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, das Gebiet, in dem ihm der Aufenthalt verboten worden ist, innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen. Er darf dieses Gebiet während der Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes ohne Bewilligung nicht wieder betreten.
Nach § 6 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde die in Absatz 1 festgesetzte Frist bei Gefahr im Verzuge verkürzen oder aus Billigkeitsgründen verlängern. Ebenso kann sie die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes aus triftigen Gründen aufschieben. Der Aufschub kann an Bedingungen geknüpft oder mit Auflagen erteilt werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0228) kommen als "triftige Gründe" im Sinne des § 6 Abs. 2 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz für den Aufschub der Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes nur solche Gründe in Betracht, die es dem Fremden unmöglich machen oder zumindest wesentlich erschweren, die ihm zustehende Frist zum Verlassen des Gebietes, in dem ihm der Aufenthalt verboten wurde, einzuhalten. Gründe, die im Rahmen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen waren, kommen hier ebensowenig in Frage wie solche, die gemäß § 8 Fremdenpolizeigesetz zur Aufhebung des Aufenthaltsverbotes führen könnten.
Auf dem Boden dieser Rechtslage sind die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände nicht als "triftige Gründe" im Sinne des § 6 Abs. 2 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz anzusehen, weil sie nicht geeignet sind, die Annahme einer Unmöglichkeit oder zumindest einer wesentlichen Erschwerung der Einhaltung der dem Beschwerdeführer zum Verlassen des Bundesgebietes gesetzten Frist zu rechtfertigen. Da der Beschwerdeführer somit durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt wurde, erübrigt sich ein näheres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180039.X00Im RIS seit
27.04.1992