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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. Oktober 1991, Zl. VwSen-400044/10/Gf/Kf, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, (weitere Partei: Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie die (im Spruchteil I.2. des angefochtenen Bescheides genannte) Durchsuchung des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers danach, ob gefährliche Güter transportiert wurden, betrifft, als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund einer gemäß § 67c AVG erhobenen Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz am 15. Juni 1991 wies die belangte Behörde mit dem Bescheid vom 18. Oktober 1991 die Beschwerde, "soweit sie sich gegen die behauptete Durchsuchung der Person des Beifahrers des Beschwerdeführers richtet", gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurück (Spruchteil I.1.). Weiters wurde die Durchsuchung des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers danach, ob gefährliche Güter transportiert wurden, als nicht rechtswidrig festgestellt; die Beschwerde wurde insoweit gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen (Spruchteil I.2.). Hingegen sei die Durchsuchung des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers nach verborgenen Waffen rechtswidrig gewesen, weshalb ausgesprochen wurde, daß insoweit der Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG stattgegeben wird (Spruchteil I.3.). Gemäß § 79a AVG wurde die Bundespolizeidirektion Linz "als belangte und hinsichtlich der festgestellten Rechtswidrigkeit für den Bund tätig gewordene Behörde" zum Kostenersatz an den Beschwerdeführer in Höhe von S 3.750,05 verpflichtet; das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers in Höhe von S 29.251,15 sowie jenes der belangten Behörde in Höhe von S 3.255,55 wurde jeweils abgewiesen (Spruchteil II.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof, soweit sie den Spruchteil I.2. des angefochtenen Bescheides zum Gegenstand hat - wogegen die Beschwerde im übrigen zur hg. Zl. 91/01/0200 behandelt wird -, erwogen hat:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er in seiner Maßnahmenbeschwerde - abgesehen vom Begehren auf Kostenersatz - beantragt habe, die belangte Behörde möge "den angefochtenen Verwaltungsakt, nämlich die ohne Rechtsgrund und ohne meine Zustimmung in meiner Abwesenheit durchgeführte Durchsuchung meines LKWs Ford-Transit, Kennzeichen ...., sowie meiner darin befindlichen Papiere und Dokumente am 15.6.1991 für rechtswidrig erklären", er in seinem Antrag die inkriminierte Durchsuchung seines Lkws nicht spezifiziert, sondern begehrt habe, daß diese generell als rechtswidrig festgestellt werde, und die von der belangten Behörde "vorgenommene Aufsplitterung meiner Beschwerde in diesem Punkt nach den von den vernommenen Polizisten angegebenen vermeintlichen Rechtfertigungsgründen" unzulässig sei. Wäre der Beschwerdeführer damit im Ergebnis im Recht, so hätte dies zur Konsequenz, daß es sich bei der Durchsuchung des Lkws um eine einzige Maßnahme handelte, die auf dem Boden des angefochtenen Bescheides zur Gänze ihre Rechtfertigung gefunden hätte, zumal demnach die Durchsuchung des Lkws, wenn auch nur aus einem bestimmten (sich im Spruchteil I.2. auswirkenden) Grund, nicht ohne Rechtsgrundlage erfolgt wäre. Das würde weiters bedeuten, daß die Spruchteile I.2. und 3. in diesem Sinne als Einheit anzusehen wären und dem (den Beschwerdeführer begünstigenden) Spruchteil I.3. keine eigenständige rechtliche Bedeutung zukäme. Der Ansicht des Beschwerdeführers kann allerdings nicht beigepflichtet werden.
Die belangte Behörde hat es zwar unterlassen, die auch für sie geltende Bestimmung des § 60 AVG - wonach in der Bescheidbegründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind - zu beachten. Doch steht der maßgebende Sachverhalt auf Grund der - insoweit, als sie die gegenständliche Durchsuchung betreffen, im wesentlichen übereinstimmenden - Verfahrensergebnisse, die in der (nach § 14 Abs. 5 AVG hergestellten und hinsichtlich ihrer Vollständigkeit und Richtigkeit im Verwaltungsverfahren nicht beanstandeten) Niederschrift über die am 15. Oktober 1991 vor der belangten Behörde durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung ihren Niederschlag gefunden haben und die die belangte Behörde erkennbar ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat, fest. Daraus ergibt sich nämlich zweifelsfrei, daß zwei Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Linz der in einem Halteverbot stehende Lkw des Beschwerdeführers aufgefallen ist, daraufhin eine Verkehrskontrolle durchgeführt wurde, hiebei durch eine Terminalanfrage die Personalien des (alleine anwesenden) Beifahrers überprüft wurden, sich dabei herausgestellt hat, daß gegen diesen ein aufrechtes Waffenverbot besteht, deshalb die Fahrerkabine nach verborgenen Waffen durchsucht wurde, sich weiters aus einem Gespräch mit dem Beifahrer ergab, daß mit diesem Lkw - der Beschwerdeführer bezeichnet sich selbst als Inhaber eines Entsorgungsbetriebes - üblicherweise Abfälle transportiert werden, und die beiden Beamten dies zum Anlaß nahmen, Einsicht in eines der im Laderaum befindlichen Fässer zu nehmen. Demnach lag aber keine durchgehende (einmalige) Durchsuchung des Fahrzeuges vor, sondern wurden vielmehr im Zuge einer Amtshandlung, voneinander unabhängig und getrennt, mehrere Verwaltungsakte gesetzt, unter ihnen jedenfalls auch die gesonderte Nachschau im Laderaum, die ausschließlich dem Zweck diente, festzustellen, ob gefährliche Güter transportiert werden.
2. Nach der ständigen (zum früheren Art. 131a B-VG ergangenen und nunmehr auf den § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG anzuwendenden) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur dann vor, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen, weshalb Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde nicht sein kann, was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, sondern vielmehr das Vorliegen einer solchen "faktischen Amtshandlung" Zwang voraussetzt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1992, Zl. 91/02/0150, mit weiteren Judikaturhinweisen). Diese Voraussetzung war aber - entgegen der Ansicht beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die belangte Behörde, die die gegenständliche Durchsuchung auf Grund des § 26 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (GGSt) für gerechtfertigt erachtet hat, hat die Ansicht vertreten, daß es hiefür der persönlichen Zustimmung des Beschwerdeführers unter anderem deshalb nicht bedurft habe, weil der Beifahrer vom Beschwerdeführer den Auftrag erhalten gehabt habe, sich während dessen Abwesenheit um das Fahrzeug zu kümmern, und er infolgedessen als dessen Stellvertreter fungiert habe. Ob ein solches Vertretungsverhältnis - das vom Beschwerdeführer in Abrede gestellt wird - bestanden hat, kann auf sich beruhen, muß doch (ebenfalls auf Grund der Aktenlage, insbesondere der zeugenschaftlichen Angaben des Beifahrers selbst, die diesbezüglich mit den übrigen Beweisergebnissen übereinstimmen) davon ausgegangen werden, daß der Beifahrer über Aufforderung der Beamten bereitwillig den Laderaum und das Faß, in das die Beamten Einsicht begehrten, geöffnet hat und demnach bei der Durchsuchung des Lkws danach, ob gefährliche Güter transportiert werden, kein Zwang ausgeübt worden ist. Der Umstand, daß der Beifahrer dazu nicht ausdrücklich seine Zustimmung erklärt, sondern durch sein Verhalten konkludent sein Einverständnis zu erkennen gegeben hat, vermag daran nichts zu ändern. Es ist auch rechtlich ohne Belang, ob der Beifahrer im Innenverhältnis zum Beschwerdeführer befugt war, der genannten Aufforderung der Beamten nachzukommen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang einzig und allein, daß zwar auch auf diese Weise von seiten der Behörde in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingegriffen, jedoch hiebei kein Zwang im Sinne der dargestellten Judikatur ausgeübt, sondern die Durchsuchung des Fahrzeuges erst durch das Verhalten des Beifahrers, dem der Beschwerdeführer für die Zeit seiner Abwesenheit das Fahrzeug in Gewahrsam gegeben hat und der auch dem äußeren Anschein nach in diesem Rahmen darüber verfügungsberechtigt war, ermöglicht wurde.
3. Aus dem Gesagten folgt, daß die Maßnahmenbeschwerde insoweit zurückzuweisen gewesen wäre. Dadurch aber, daß sie statt dessen insoweit abgewiesen wurde, wurde der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt, weshalb es sich auch erübrigte, noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Da sich somit die Beschwerde hinsichtlich des Ausspruches im Spruchteil I.2. als unbegründet erweist, war sie in diesem Punkt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Ein Ausspruch über den Aufwandersatz konnte nicht erfolgen, weil ein solcher von der noch ausständigen Entscheidung im Verfahren zur hg. Zl. 91/01/0200 abhängig ist.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110170.X00Im RIS seit
05.07.2001