TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/28 91/11/0158

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
StGB §83;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in T, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 24. September 1991, Zl. 8V-2445/1/91, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 24. September 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 "in Verbindung mit § 66 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c und d" KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B mit Wirkung ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 8. August 1991 entzogen. Gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. wurde ausgesprochen, dem Beschwerdeführer dürfe für die Dauer von zwei Jahren, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides und ohne Einrechnung der Haftzeit, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der von der belangten Behörde zur Gänze als zutreffend übernommenen Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 5. August 1991 liegen der Entziehungsmaßnahme zunächst jene strafbaren Handlungen zugrunde, derentwegen der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 8. Mai 1991 schuldig erkannt und bestraft wurde. Danach hat der Beschwerdeführer das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2 StGB dadurch begangen, daß er jeweils mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, 1. am 16. September 1990 in Klagenfurt namentlich genannte Personen bestimmt hat, durch Einsteigen in einen Lagerplatz, Einbruch in den Verkaufsraum und Eindringen mit widerrechtlich erlangten Zündschlüsseln zwei Pkws wegzunehmen, 2. am 24. September 1990 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit namentlich genannten Personen als unmittelbaren Tätern näher Genannten in Klagenfurt durch Einbruch in das Bürolokal einer Brauerei Bargeld in der Höhe von ca. S 9.000,-- und in Ferlach durch Einbruch in eine Tankstelle eine Kellnerbrieftasche mit mindestens S 30.000,-- Bargeld weggenommen hat, 3. im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Personen versucht hat, näher Genannten am 20. September 1990 in Villach durch Einbruch in eine Tankstelle Bargeld und Wertgegenstände, am 30. September 1990 in Villach durch Einbruch in ein Betriebsgelände und Eindringen mit widerrechtlich erlangtem Zündschlüssel einen Pkw und am 1. Oktober 1990 in Feistritz/Rosental durch Einbruch in eine Tankstelle Bargeld und Wertgegenstände wegzunehmen. Nach den Feststellungen des Strafgerichtes überstieg der Wert jener Sachen, die der Beschwerdeführer zu stehlen bestimmte bzw. versuchte, den Betrag von S 500.000,--. Weiters hat der Beschwerdeführer nach dem genannten Urteil das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB dadurch begangen, daß er am 2. Oktober 1990 in Klagenfurt im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit anderen als unmittelbaren Tätern einem näher Genannten mit Gewalt gegen seine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, nämlich durch Vorhalten einer Plastikpistole, durch die Aufforderung "Überfall, Geld her", durch Festhalten und durch die Äußerung, er solle Ruhe geben, dann werde ihm nichts passieren, Bargeld im Betrag von S 10.000,-- und DM 2.000,-- weggenommen hat. Zuvor wurde der Beschwerdeführer nach den Annahmen der Behörden des Verwaltungsverfahrens bereits viermal wie folgt gerichtlich bestraft: Mit Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 3. November 1988 wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB; mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 27. Februar 1989 wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie wegen schwerer Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB; mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 15. September 1989 unter anderem wegen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB; mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 28. März 1990 wegen Nötigung nach § 105 StGB, wegen versuchter Freiheitsentziehung nach §§ 15, 99 Abs. 1 StGB und wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. In diesen aufgrund der rechtskräftigen gerichtlichen Bestrafungen als erwiesen angenommenen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers erblickten die Behörden des Verwaltungsverfahrens bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c und d KFG 1967, aus denen sie den Schluß zogen, der Beschwerdeführer sei verkehrsunzuverlässig und er werde seine Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der festgesetzten Zeit wiedererlangen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, diese Straftaten begangen zu haben. Er rügt aber, daß ihm nicht zu sämtlichen, für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme maßgebenden Sachverhaltselementen Parteiengehör gewährt worden sei. Damit sind nach dem Beschwerdevorbringen behördliche Vormerkungen über seine wiederholte Bestrafung wegen Übertretung kraftfahrrechtlicher Vorschriften und des EGVG sowie ein für den Beschwerdeführer negativer Erhebungsbericht des zuständigen Gendarmeriepostens gemeint.

Dieser Einwand ist nicht berechtigt. Im erstinstanzlichen Bescheid vom 5. August 1991 war zwar eingangs noch von den besagten Vormerkungen und dem Gendarmeriebericht die Rede. In der Folge wurde aber die Entziehungsmaßnahme nur noch auf die gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers gestützt (Seite 5 des erstinstanzlichen Bescheides). Waren demnach die vorhin erwähnten Umstände für die bekämpfte Entscheidung gar nicht maßgebend, bildet das Unterbleiben von Parteiengehör schon deshalb keinen Verfahrensmangel. (Wie bereits erwähnt, wurde die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides von der belangten Behörde zur Gänze als zutreffend übernommen.)

Der Beschwerdeführer stellt mit Recht nicht in Abrede, daß diese von ihm begangenen Straftaten als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c (wiederholte Begehung strafbarer Handlungen nach § 83 Abs. 1 StGB) und d (Raub) KFG 1967 anzusehen sind. Außerdem bilden die teils begangenen, teils versuchten Einbruchsdiebstähle für sich wegen ihrer Schwere und Verwerflichkeit eine den in § 66 Abs. 2 KFG 1967 aufgezählten gleichzuhaltende bestimmte Tatsache (vgl. die Diebstähle betreffenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1986, Zl. 85/11/0274, und vom 23. Oktober 1990, Zl. 90/11/0066). Der Beschwerdeführer macht aber geltend, daß für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit und die Bemessung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 eine Wertung der strafbaren Handlungen erforderlich sei, eine solche im vorliegenden Fall aber fehle. Der Beschwerdeführer macht damit zu Recht einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides geltend, dieser Mangel ist aber nicht wesentlich.

Für die Wertung strafbarer Handlungen sind gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Die außerordentlich hohe Verwerflichkeit der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers ergibt sich neben ihrer Schwere (so betrafen die Einbruchsdiebstähle Gegenstände mit einem Gesamtwert von über S 500.000,--) vor allem aus ihrer Häufung. Dieser Umstand fällt wegen der sich darin manifestierenden Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung schwerer strafbarer Handlungen in besonderem Maße ins Gewicht. Die "Gefährlichkeit der Verhältnisse" ergibt sich bei strafbaren Handlungen gemäß § 83 StGB aus der Natur solcher Delikte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1989, Zl. 88/11/0204). Der zwischen der letzten Tat und dem Beginn der Entziehungsmaßnahme verstrichenen Zeit von rund 10 Monaten und dem nach der Aktenlage gegebenen Wohlverhalten des Beschwerdeführers während dieser Zeit kommt im Hinblick auf den Umstand, daß in dieser Zeit gegen den Beschwerdeführer zunächst das Gerichtsverfahren und sodann das Entziehungsverfahren anhängig war und er sich über 4 Monate in Haft befand, nur untergeordnete Bedeutung zu. Aus diesen Gründen hält der Verwaltungsgerichtshof die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme für zutreffend, es müsse beim Beschwerdeführer angenommen werden, er werde aufgrund seiner Sinnesart die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten gefährden (§ 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967) und er werde sich außerdem wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen (§ 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967).

Der Beschwerdeführer ist auch durch die Bemessung der Zeit gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 nicht in seinen Rechten verletzt worden. Entgegen seiner Meinung handelt es sich dabei nicht um eine Ermessensentscheidung der Behörde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1990, Zl. 90/11/0061, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die dafür erforderliche Prognose darüber, ob und wann mit der Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers frühestens gerechnet werden kann, hatte vornehmlich anhand der vorhin genannten Wertungskriterien zu erfolgen. Dabei kommt im vorliegenden Fall dem Kriterium der Verwerflichkeit überragende Bedeutung zu. Die bereits erwähnte Schwere und Häufigkeit der angeführten Straftaten des Beschwerdeführers lassen, ohne daß noch auf die von ihm begangenen Verwaltungsübertretungen Bedacht genommen werden müßte, jedenfalls den Schluß zu, er werde nicht vor Ablauf der von der belangten Behörde festgesetzten Zeit seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen.

Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als unbegründet und ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991110158.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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