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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §2 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der X-GmbH & Co KG. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. November 1991, Zl. 314.438/1-III-3/91, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. November 1991 wurde das Ansuchen der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft vom 10. August 1990, ihr die Änderung der Betriebsanlage im Standort S, durch die Errichtung und den Betrieb einer Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut und durch Änderungen und Zubauten bei der Heißmischanlage zu genehmigen, gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 in Verbindung mit § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 im Verwaltungsrechtszug abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Schreiben vom 10. August 1990 habe die Beschwerdeführerin um die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung ihrer Betriebsanlage (Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut) im Standort S, Gst. 457 und 459/1, KG S, durch Errichtung von Doseuren, Aufstellung von Bitumenbehältern und einer Wärmeträgerölanlage sowie den Zubau einer Mischgutsiloanlage angesucht. Mit Bescheid vom 1. März 1991 habe die Erstbehörde das Ansuchen im Grunde des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben. Die Zweitbehörde habe mit Bescheid vom 30. April 1991 den erstinstanzlichen Bescheid lediglich hinsichtlich der Vorschreibung von Kosten abgeändert, im übrigen diesen jedoch bestätigt. Dagegen habe die Beschwerdeführerin neuerlich berufen. Im weiteren wurden in der Begründung des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. November 1991 die Bestimmungen des § 77 Abs. 1 GewO 1973 und des § 19 Abs. 2, 3 und 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 wiedergegeben, und zwar § 19 Abs. 4 dieses Landesgesetzes dahin, daß im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur "vorgesehen" werden dürfen, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich seien. Weiters wurde ausgeführt, im NÖ Raumordnungsgesetz 1976 sei der Begriff "Bau" im Sinne des § 19 Abs. 4 leg. cit. nicht eigens definiert. Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung handle es sich jedoch hiebei um einen Begriff, der Bauvorhaben jeglicher Art, also Bauwerke, Bauanlagen oder Baulichkeiten, umfasse. Unter einem Bau sei nämlich jede Anlage zu verstehen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich seien, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet sei (siehe Hauer - Zaussinger, "Die Bauordnung für Niederösterreich",
3. Auflage, 1989, § 92 NÖ Bauordnung, E 2). In diesem Sinne sei auch die Verwendung des Begriffes in § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 zu verstehen. Diese Vorschrift finde daher entgegen dem Berufungsvorbringen nicht bloß auf Neu-, Zu- und Umbauten betreffend Gebäude Anwendung. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur zu § 19 Abs. 4 leg. cit. unter Neu-, Zu- und Umbauten sämtliche Bauvorhaben, die der obigen Definition entsprechen, verstehe (vgl. die Erkenntnisse vom 4. Juni 1985, Zl. 84/05/0257, vom 29. Oktober 1985, Zl. 85/05/0113, vom 16. Juni 1987, Zl. 87/05/0109, vom 31. Mai 1988, Zl. 88/05/0089). In Anbetracht der geplanten Ausgestaltung und des Umfanges des eingereichten Änderungsprojektes bestehe also kein Zweifel, daß es sich hiebei um einen Bau gemäß § 19 Abs. 4 leg. cit. handle. Das Betriebsgrundstück sei als Grünland - Materialgewinnung mit der Folgenutzung Landwirtschaft gewidmet. Zweifelsfrei diene die gegenständlich beantragte Änderung nicht der landwirtschaftlichen Nutzung. Weiters könne aber auch ausgeschlossen werden, daß eine Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut samt Heißmischanlage in der Form des eingereichten Projektes der Materialgewinnung diene. Es handle sich hiebei lediglich um eine Materialverarbeitungsanlage. Hiebei sei es auch nicht von rechtlicher Bedeutung, ob das in der Anlage verarbeitete Material gleichzeitig am Betriebsgrundstück gewonnen werde. Die beantragte Änderung diene daher nach ihrem Typus weder der Sondernutzung Grünland - Materialgewinnung noch der Nutzung Grünland - Landwirtschaft, weshalb deren Errichtung und Betrieb im Grünland den gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. ausgewiesenen Nutzungen widerspreche und somit gemäß § 19 Abs. 4 leg. cit. unzulässig sei. Aus diesem Grund komme der Frage, ob das Materialvorkommen des Betriebsgrundstückes bereits erschöpft und gemäß § 19 Abs. 3 leg. cit. die Folgenutzungsart eingetreten sei, für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Die Unterbehörden seien also zu Recht vom Vorliegen einer Verbotsnorm gemäß § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 durch Flächenwidmungsvorschriften ausgegangen. Entgegen dem Berufungsvorbringen könne der Erstbehörde auch keine Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG 1950 vorgeworfen werden. Bereits in der Kundmachung vom 30. Oktober 1990 sei auf die §§ 40 bis 44 AVG 1950 und § 356 GewO 1973 sowie deren Rechtsfolgen hingewiesen worden. Die Verhandlungsschrift vom 19. November 1990 selbst entspreche den Formerfordernissen des § 14 AVG 1950. Im übrigen verpflichte § 13a AVG 1950 die Behörde nicht, die Partei über die materiellrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen für einen Antrag aufzuklären. Aus dem Inhalt der Verhandlungsschrift ergebe sich nicht, daß den Vertretern der Beschwerdeführerin im Rahmen der Verhandlung keine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden wäre. Weiters seien die Unterbehörden ohnehin auf das Vorbringen in der schriftlichen Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 3. Dezember 1990, das im wesentlichen auch in den Berufungen gegen die Vorbescheide wiederholt worden sei, eingegangen. Es liege daher auch in dieser Hinsicht keine Verletzung des Parteiengehörs vor.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die in der vorliegenden Beschwerde enthaltene Erklärung über die Beschwerdepunkte geht dahin, daß sich die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft in dem Recht "auf richtige Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung, insbesondere der §§ 74 ff, speziell des § 77 leg. cit., weiters des § 19 des NÖ Raumordnungsgesetzes, des § 92 der BO für Niederösterreich und schließlich der Bestimmungen des AVG, speziell jener über die Abführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens, verletzt" erachte.
Die Beschwerdeführerin trägt in Ausführung dieser Beschwerdepunkte unter dem Gesichtspunkt einer Rechtwidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, für den gegenständlichen Standort bestehe bereits eine rechtskräftige Genehmigung der gewerblichen Betriebsanlage auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 30. Jänner 1973. Beantragt seien lediglich Änderungen. Der umweltschutztechnische Sachverständige habe in der Verhandlung vom 19. November 1990 hiezu erklärt, daß keine Kapazitätsausweitung stattgefunden habe. Die Auffassung, daß auch Änderungen als "Errichtung" zu verstehen wären, könne insofern wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, weil ja die schon genehmigte Anlage weiter betrieben werden könne und weil, wie sich aus der Verhandlungsschrift der Erstinstanz ergebe, zum Teil eine technisch bessere und umweltfreundlichere Lösung an deren Stelle treten solle. Zum Verbot des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 meine der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, daß die angestrebten Änderungen der Betriebsanlage unter den Begriff Neu-, Zu- und Umbauten fielen, zumal gemäß § 92 Abs. 1 der NÖ Bauordnung nicht nur der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden bewilligungspflichtig wären, sondern auch beispielsweise die Errichtung anderer Bauwerke oder der Abbruch oder die Entfernung von Baulichkeiten. Diese Ausführungen gingen allerdings mehrfach an der Rechtslage vorbei. Würde man der Auffassung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten folgen, wären Neu-, Zu- und Umbauten, die nicht Gebäude betreffen, nach § 92 Abs. 1 der NÖ Bauordnung überhaupt bewilligungsfrei und nicht verboten. Damit fielen auch die beantragten Anlagen überhaupt aus der baubehördlichen Genehmigungspflicht heraus. Daß die maßgeblichen Kommentatoren zur NÖ Bauordnung, nämlich Hauer - Zaussinger einen anderen Standpunkt vertreten, ergebe sich aus deren kommentierter Gesetzesausgabe zur NÖ Bauordnung. Sie führten in der 4. Auflage ihres Werkes auf Seite 267 aus:
"... Die Begriffe Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden werden
(in der BO.f.NÖ) nicht definiert. ... Nach der ständigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Neubau die
Errichtung eines neuen Gebäudes, ein Zubau jede Vergrößerung
eines Gebäudes in waag- oder lotrechter Richtung und eine Umbau
eine bauliche Umgestaltung, nach der ein Gebäude im Vergleich
zu seinem früheren Zustand als ein anderes anzusehen ist."
... Vgl. auch die Begriffsdefinition zu § 2 Z. 5 der BO für
Niederösterreich und die Erläuternden Bemerkungen hiezu:
"... Als Gebäude gilt jeder oberirdische, an mehr als der
Hälfte seiner Außenflächen umbaute, von Menschen begehbare, überdeckte Raum, auch eine Haltestellen- oder Verkaufshütte ohne Vorderwand, eventuell auch mit unvollständigen Seitenwänden. ..."
Daß unter den im § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 genannten Neu-, Zu- und Umbauten nur Gebäude zu verstehen sind, ergebe sich auch speziell für Niederösterreich etwa aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1981, Slg. 10.592/A:
"Die Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen bei Beantwortung der Frage, ob die geplante Nutzung der Grundflächen ein Gebäude im Sinne des § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 erforderlich macht, hat das Projekt des Bauwerbers zu sein. ..."
Der Verwaltungsgerichtshof gehe also hier direkt von der Annahme aus, daß § 19 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 nur Gebäude inkludiere. Richtigerweise ergebe sich daher aus dem Gesagten, daß der baurechtliche Genehmigungstatbestand für Neu-, Zu- und Umbauten sich im § 92 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1976 finde und Neu-, Zu- und Umbauten immer nur Gebäude sein könnten, während die zur Genehmigung beantragten Anlagen nach § 92 Abs. 1 Z. 2 bzw. 4 zu beurteilen seien. Die vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zitierten Erkenntnisse sagten darüber praktisch nichts aus. Lese man § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 in Verbindung mit Abs. 2, so zeige es sich, daß aber sogar Neu-, Zu- und Umbauten auch für Materialgewinnungsstätten und Lagerplätze im Grünland zulässig seien, wenn sie zur Nutzung erforderlich sind. Da aber Neu-, Zu- und Umbauten, wie dargetan, gar nicht zur Genehmigung als Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage beantragt worden seien, daher von der Gewerbebehörde gar nicht zu prüfen gewesen sei, ob diese zur Genehmigung beantragten Änderungen erforderlich seien, und da § 19 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 sonst keine Verbotsnormen enthalte, so könne daraus kein Verbot im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 abgeleitet werden.
Letztlich vertrete der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Auffassung, daß es rechtlich unerheblich wäre, ob die Folgenutzungsart Grünland - Landwirtschaft für die gegenständlichen Grundstücke eingetreten sei, weil die Materialgewinnung abgeschlossen wäre, denn die beantragte Änderung entspräche weder der Sondernutzung Grünland-Materialgewinnung noch der Nutzung Grünland-Landwirtschaft. Der Beschwerdeführerin erscheine dies aber doch von Relevanz, weil seinerzeit die Betriebsanlage bei dieser Widmung gewerbebehördlich genehmigt worden und die Widmung nach der Rechtsprechung zu § 19 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 nur als Sachverhaltselement in Erwägung zu ziehen sei. Im vorliegenden Fall sei die Änderung aber umweltschonender als der bisherige Zustand bei unveränderter Widmung. Würde eine absolute Bindung an die jeweils geltende Landesvorschrift angenommen, käme dies dem Zwang zur Anwendung durch die Gewerbebehörde gleich und wäre wohl eine verfassungsrechtlich unzulässige Verweisung (dies ablehnend der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Juni 1990, B 1225-1228/89). Die Folgewidmung dürfe aber erst nach Erschöpfung des Materialvorkommens Platz greifen. Im Schriftsatz vom 22. November 1990 sei bereits ausgeführt worden, daß das Materialvorkommen nicht erschöpft sei, weil ja noch abgebaut werde. Aber selbst bei Nichtabbau dürfte eine Folgenutzungsart erst bei Erschöpfung des Materialvorkommens Platz greifen. Die Rechtsmeinung, die Folgewidmung sei durch Abschluß der Materialgewinnung eingetreten, sei mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar, weil es ja darauf gar nicht ankomme. Für den gegenständlichen Schotterabbau bestehe eine wasserrechtliche Bewilligung bis 30. April 1994 gemäß Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Mai 1984. Die Materialgewinnung in Form von Schotterabbau auf gegenständlicher Liegenschaft sei noch nicht abgeschlossen, sondern werde weiterhin betrieben, zumal das Materialvorkommen noch nicht erschöpft sei. Dies sei auch zum Beweis angeboten worden.
Es existiere daher keine Rechtsvorschrift raumplanerischer oder baurechtlicher Art, die einer gewerbebehördlichen Genehmigung entgegenstehen würde. Baubehördlich liege kein Versagungsbescheid vor. Daneben wäre sogar allenfalls eine befristete Genehmigung nach § 101 der NÖ Bauordnung 1976 denkbar. Das Errichten oder Betreiben der beantragten Änderung der bestehenden Betriebsanlage sei daher nicht durch Rechtsvorschriften verboten.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde sei auf die Beweisangebote nicht eingegangen, daß noch Materialgewinnung vorliege und daher die Widmung Grünland - Landwirtschaft noch nicht eingetreten sei. Die belangte Behörde sei auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin in Verbindung mit den Feststellungen des Umweltsachverständigen nicht eingegangen, daß bei unveränderter Widmung seit Genehmigung der Betriebsanlage eine Kapazitätsausweitung nicht stattgefunden habe.
Wie bereits mehrfach gerügt, hätte die Zustellung der angefochtenen Bescheide gemäß den Vorschriften des Zustellgesetzes (§ 4) an den Sitz des Unternehmens in W, vorgenommen werden müssen. Dies ergebe sich daraus, daß gemäß § 13 Abs. 3 des Zustellgesetzes einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen gewesen wäre. Im Betriebsstandort S sei jedoch niemand zur Empfangnahme behördlicher Schreiben befugt. Daher habe auch an der Betriebsstätte S nicht zugestellt werden können, möge sie auch abstrakt i.S. des § 4 Zustellgesetz als Abgabestelle betrachtet werden. Auch § 16 Abs. 2 Zustellgesetz könne nicht angewendet werden, weil § 13 Abs. 3 leg. cit. die lex specialis darstelle und einen zur Empfangnahme befugten Vertreter voraussetze.
Es sei zwar richtig, daß gemäß § 13a AVG kein Anspruch auf sachliche Hilfe bestehe. Tatsache sei aber, daß die Behörde ihrer Manuduktionspflicht überhaupt nicht nachgekommen sei, sodaß die anwesenden - nicht rechtskundigen - Firmenvertreter nicht gewußt hätten, welche juristisch erheblichen Handlungen sie vornehmen sollten.
Im Verhandlungsprotokoll vom 19. November 1990 finde sich nichts über die Vornahme einer Anleitung oder Belehrung gemäß § 13a AVG. Sie sei ja auch tatsächlich nicht vorgenommen worden. Insbesondere wäre es notwendig gewesen, die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin über die Notwendigkeit der Stellungnahme zu allfälligen behördlichen Feststellungen und Beweisaufnahmen zu belehren. In diesem Sinn sei von der Beschwerdeführerin ja mit Schreiben vom 28. November 1990 eine Berichtigung des Verhandlungsprotokolls und eine Ergänzung desselben verlangt worden. Darauf sei überhaupt nicht eingegangen worden bzw. sei dies mit der Bemerkung abgetan worden, daß dazu keine rechtliche Verpflichtung bestanden habe. Eine rechtliche Überforderung könne aber nicht auf diese Weise ignoriert werden, umsomehr, als die Beschwerdeführerin dies sofort nach Berichterstattung durch ihre Mitarbeiter beanstandet habe.
Insoweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, daß Zustellmängel unterlaufen seien, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, daß, wie sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens im Zusammenhalt mit der vorliegenden Beschwerde ergibt, sowohl die Bescheide der beiden Unterbehörden als auch der angefochtene Bescheid jeweils zu einem Zeitpunkt, bevor die Beschwerdeführerin Berufung bzw. Beschwerde erhob, der Beschwerdeführerin tatsächlich zugekommen sind und solcherart allfällige Zustellmängel im Grunde des § 7 des Zustellgesetzes geheilt wurden. Es ist daher davon auszugehen, daß sowohl die Bescheide der beiden Unterbehörden als auch der angefochtene Bescheid rechtswirksam erlassen wurden.
Gemäß § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 darf die Betriebsanlage nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist.
Nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Aus der sich so darstellenden Gesetzeslage folgt aber, daß auch im Falle einer einem Genehmigungsverfahren im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1973 zu unterziehenden Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage seitens der erkennenden Behörde auf die Bestimmung des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 Bedacht zu nehmen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0182).
Gemäß § 1 Z. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (NÖ ROG 1976), LGBl. 8000-0, gilt als Raumordnung die vorausschauende Gestaltung eines Gebietes zur Gewährleistung der bestmöglichen Nutzung und Sicherung des Lebensraumes unter Bedachtnahme auf die natürlichen Gegebenheiten, auf die Erfordernisse des Umweltschutzes sowie die abschätzbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse seiner Bewohner und der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft, die Sicherung der lebensbedingten Erfordernisse, insbesondere zur Erhaltung der physischen und psychischen Gesundheit der Bevölkerung, vor allem Schutz vor Lärm, Erschütterungen, Verunreinigungen der Luft, des Wassers und des Bodens, sowie vor Verkehrsunfallsgefahren.
Nach § 19 Abs. 1 leg. cit. (i.d.F. LGBl. 8000-5) gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen zum Grünland. Nach Abs. 2 sind nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse für Flächen, die für land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, für Grüngürtel, für Schutzhäuser, für im Grünland erhaltenswerte Bauten, für Materialgewinnungsstätten und dazugehörige Deponien, für Gärtnereien und Kleingärten, für Sportstätten, für Friedhöfe und Parkanlagen, für Campingplätze, für Müllablagerungsplätze und Lagerplätze aller Art bestimmt sind, die entsprechenden Grünlandnutzungsarten auszuweisen. Alle Flächen des Grünlandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, nicht familieneigenen Wohnbedürfnissen der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und nicht Ödland sind, müssen im Flächenwidmungsplan unter Angabe der besonderen Nutzung ausgewiesen werden. Nach Abs. 4 (in der mit Ablauf des 21. Juni 1989 in Kraft getretenen Fassung der 3. Novelle zum NÖ ROG 1976, LGBl. 8000-5) dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur errichtet werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind.
Gemäß § 2 der NÖ Bauordnung 1976 gelten im Sinne dieses Gesetzes als (Z. 5) Baulichkeit: ein durch bauliche Vorhaben hergestelltes Objekt, welches nach seiner Funktion und äußeren Erscheinung ein Gebäude (z.B. Haus, Stall, Hütte, Scheune, Mobilheim, Traglufthalle) oder ein anderes Bauwerk (z.B. Stütz- und Einfriedungsmauer, Tiefgarage, Keller) oder eine sonstige bauliche Anlage (z.B. Kanalstrang, Brunnen, Schächte, Senkgrube, Blitzableiter) sein kann.
Im Grunde des § 92 Abs. 1 leg. cit. bedürfen u.a. nachstehende Vorhaben einer Bewilligung der Baubehörde:
1.
Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden;
2.
die Errichtung anderer Bauwerke und Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen entstehen oder das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten.
Sowohl in § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 als auch in § 92 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1976 findet sich der Ausdruck "Neu-, Zu- und Umbauten". Während diesem Ausdruck in § 92 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1976 allerdings ausdrücklich die Worte "von Gebäuden" beigefügt sind, fehlt eine solche ausdrückliche Beifügung in § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976.
Die Bedeutung der drei Hauptwörter "Neu-, Zu- und Umbauten" - ohne Beifügung - in § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 ist im Zusammenhalt mit den in § 19 Abs. 2 leg. cit. vorgesehenen Nutzungen, für die die betreffenden Flächen des Grünlandes jeweils bestimmt sind, zu ermitteln. Es ist davon auszugehen, daß Neu-, Zu- und Umbauten entweder für eine Nutzung nach Abs. 2 - entsprechend dem Tatbestand des Abs. 4 - erforderlich sind oder mit der betreffenden Nutzung in Widerspruch stehen. Ein solches Verhältnis zwischen einer Nutzung nach Abs. 2 und Neu-, Zu- und Umbauten - sei es im Sinne der Erforderlichkeit, sei es im Sinne des Widerspruches - kommt aber nicht nur in Ansehung von Gebäuden (im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Z. 5 der NÖ Bauordnung 1976), sondern auch in Ansehung anderer Baulichkeiten in Betracht. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Anwendungsbereich der - in Ansehung mangelnder Erforderlichkeit für eine Nutzung nach Abs. 2 bestehenden - Verbotsnorm des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 nicht auf die Fälle von Neu-, Zu- oder Umbauten von Gebäuden (im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1976) eingeschränkt beurteilte.
Dem Beschwerdevorbringen ist weiters entgegenzuhalten, daß in der in Rede stehenden Verbotsnorm der Ausdruck "errichtet werden" nicht nur in Verbindung mit dem Hauptwort "Neubauten", sondern auch in Verbindung mit den beiden weiteren Hauptwörtern "Zu- und Umbauten" verwendet ist. Unter Hinweis darauf, daß für den gegenständlichen Standort bereits eine rechtskräftige Genehmigung der gewerblichen Betriebsanlage auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 30. Jänner 1973 bestehe, vermag die Beschwerdeführerin somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Das Errichtungsverbot des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 besteht unabhängig von der Umschreibung der bewilligungspflichtigen Vorhaben in § 92 der NÖ Bauordnung 1976. Die Berücksichtigung der Verbotsnorm des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 erforderte daher entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Bedachtnahme auf die Frage, ob - und zutreffendenfalls nach welchem dort vorgesehenen Tatbestand - die dem Projekt der Beschwerdeführerin entsprechenden Maßnahmen nach § 92 der NÖ Bauordnung 1976 bewilligungspflichtig sind oder nicht.
Für die Abgrenzung des Anwendungsbereiches der von der belangten Behörde berücksichtigten Verbotsnorm des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 spielen die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Umstände, daß keine Kapazitätsausweitung, sondern eine technisch bessere und umweltfreundlichere Lösung herbeigeführt werden sollte, keine Rolle. Auch unter diesem Gesichtspunkt gesehen vermag die Beschwerdeführerin somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Zu Unrecht geht die Beschwerdeführerin davon aus, daß § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973, insoweit § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 eine im Anwendungsbereich dieser gewerberechtlichen Regelung zu berücksichtigende Verbotsnorm bildet, eine verfassungsrechtlich unzulässige Verweisung darstellen würde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0047; eine entgegenstehende Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1990, B 1225-1228/89, nicht zu entnehmen; siehe ferner das bereits vorstehend zitierte hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0182).
Auf dem Boden dieser Erwägungen war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Errichtung einer Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut sowie die Änderungen und Zubauten bei der Heißmischanlage (nach der Begründung des angefochtenen Bescheides handelte es sich im einzelnen um die Errichtung von Doseuren, die Aufstellung von Bitumenbehältern und einer Warmträgerölanlage sowie um den Zubau einer Mischgutsiloanlage) als Maßnahmen beurteilte, in Ansehung welcher sie die landesgesetzliche Bestimmung des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 als Verbotsnorm im Sinne des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 zu berücksichtigen hatte. Der belangten Behörde ist auch insoweit keine Rechtswidrigkeit anzulasten, als sie die von der Beschwerdeführerin projektierten Maßnahmen nicht nur für die Dauer der Widmung der Fläche als Materialgewinnungsstätte, sondern auch für die Folgenutzung Landwirtschaft als mit der vorgesehenen Flächenwidmung im Sinne des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 unvereinbar betrachtete. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde keine Ermittlungen und Feststellungen darüber traf, ob noch Materialgewinnung vorliege oder ob die Widmung
Grünland - Landwirtschaft bereits eingetreten sei.
Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof insbesondere auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde die Pflicht zur Rechtsbelehrung im Sinne des § 13a AVG in verfahrensrechtlich relevanter Weise verletzt hätte, zumal die Beschwerdeführerin in den von ihr gegen den erst- bzw. den zweitbehördlichen Bescheid erhobenen Berufungen hinlänglich Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt darzutun.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040334.X00Im RIS seit
11.07.2001