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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §79;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der D-Gesellschaft mbH & Co KG in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. Oktober 1991, Zl. 300.002/3-III-3/91, betreffend Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 GewO 1973 (mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. N in A, 2. X in A, 3. J in A, 4. E in A), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 20. März 1990 wurden der Beschwerdeführerin in Ansehung ihres Sägewerksbetriebes in A als weitere Auflage gemäß § 79 GewO hinsichtlich der Kappsäge weitere Lärmdämmungsmaßnahmen vorgeschrieben.
Über Berufung der Beschwerdeführerin änderte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 9. Jänner 1991 diese Auflage dahingehend ab, daß die Auflage wie folgt zu lauten habe:
"Über den Einsatz der Kappsäge im hochfrequentierten Betrieb sind Aufzeichnung zu führen und zur Einsichtnahme der Gewerbebehörde bereit zu halten".
Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung, in der sie ausführten, sie vermißten "die in der Begründung gemachte Feststellung über das hochfrequentierte Betreiben der Kappsäge mit 60 dB höchstens ein bis zwei Tage im Monat".
Auf eine entsprechende behördliche Anfrage teilte die Beschwerdeführerin im Zuge des Berufungsverfahrens mit, "daß gegen eine Auflage, mit welcher der Hochfrequenzbetrieb auf zwei Tage monatlich beschränkt wird, seitens des Betreibers kein Einwand besteht".
Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. Oktober 1991 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Jänner 1991 dahingehend abgeändert, daß die darin vorgeschriebene Auflage durch folgende weitere Vorschreibung ergänzt wurde:
"Die Kappsäge darf maximal zwei Tage pro Monat, insgesamt nicht länger als 8 Stunden pro Monat betrieben werden".
Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, das Berufungsbegehren der Nachbarn erschöpfe sich in der Forderung, die Verwendung der Kappsäge im hochfrequenten Bereich auf ein bis zwei Tage im Monat mittels Auflage zu beschränken. Dieses Begehren entspreche vollinhaltlich dem seinerzeitigen Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin gegen den erstbehördlichen Bescheid, wo es heiße, "wie bereits in der Stellungnahme vom 2. April 1990 ausgeführt, ist im Gutachten vom 12.3.1990 nicht berücksichtigt worden, daß die Kappsäge mit einer Tonkomponente, die einen Immissionswert von 60 dB ergibt, nur fallweise, nämlich ein bis zwei Mal im Monat einen Tag lang in Betrieb ist". Das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin sei somit sogar noch etwas strenger als das Begehren der Nachbarn. Es bestehe daher keine Einwand, dem Berufungsbegehren der Nachbarn vollinhaltich stattzugeben, zumal durch ein Begehren, das die Beschwerdeführerin selbst gestellt habe, sie in ihren Rechten in keiner Weise verletzt werden könne. Wenn die Beschwerdeführerin von sich aus selbst die Absicht habe, die Kappsäge nur ein bis zwei Mal im Monat maximal einen Tag zu betreiben, so könne sie durch eine Vorschreibung dergestalt, daß sie die Kappsäge höchstens ein bis zwei Tage im Monat insgesamt nicht länger als 8 Stunden (tägliche Regelarbeitszeit) betreiben dürfe, in keiner Weise beschwert sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift und beantragten ebenfalls die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der in Rede stehenden Auflage verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin zusammengefaßt geltend, die belangte Behörde habe aktenwidriger Weise angenommen, die Beschwerdeführerin habe sich mit einer Beschränkung des Betriebes der Kappsäge, wie sie mit dem angefochtenen Bescheid nun vorgeschrieben worden sei, einverstanden erklärt. Dabei habe die belangte Behörde jedoch übersehen, daß sich die Erklärung der Beschwerdeführerin lediglich auf eine Beschränkung des "hochfrequentierten Betriebes" der Kappsäge bezogen habe. Auch die Berufung der Nachbarn gegen den Bescheid des Landeshauptmannes strebe nur eine derartige Beschränkung an. Außerhalb des hochfrequentierten Betriebes sei der tägliche Betrieb der Kappsäge für den Sägewerksbetrieb unerläßlich.
Dieses Vorbringen erweist sich als begründet.
Aus dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, daß die Lärmbelastung der Nachbarn der in Rede stehenden Betriebsanlage durch die Kappsäge je nach Betriebszustand (abhängig insbesondere vom Durchmesser der verwendeten Sägeblätter) unterschiedlich ist, und daß bei einem bestimmten Betriebszustand als besonders unangenehm empfundene Pfeiftöne auftreten. Diese Betriebsweise wurde im Zuge des Verfahrens wiederholt als "hochfrequentierter Betrieb" bezeichnet.
Ausgehend von diesem Akteninhalt erweist sich die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe mit ihren eingangs wiedergegebenen Erklärungen einer Beschränkung des Betriebes der Kappsäge schlechthin auf maximal 2 Tage pro Monat zugestimmt, als aktenwidrig. Diese Aktenwidrigkeit betrifft die tragende Begründung des angefochtenen Bescheides. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 57 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040339.X00Im RIS seit
28.04.1992