Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §28 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des R in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. Oktober 1991, Zl. 313.505/2-III/5/91, betreffend Ansuchen um Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. Juni 1990 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 19. September 1989 "um die Nachsicht des Befähigungsnachweises für das Gewerbe: "Überlassung von Arbeitskräften"" im Grunde des § 28 Z. 2 GewO 1973 abgewiesen und ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer die Nachsicht "des Befähigungsnachweises für das Gewerbe: Überlassung von Arbeitskräften" nicht erteilt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer begründe sein Nachsichtsansuchen damit, daß er seit 1984 das freie Gewerbe der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften ausgeübt habe. Als Gründer der R Gesellschaft m.b.H. sei er seit Jahren im gegenständlichen Gewerbe ohne Beanstandung tätig, sodaß er die entsprechenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitze. Darüber hinaus übe er auch eine leitende Funktion in der Kammer der gewerblichen Wirtschaft im Bereich der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften aus. Die allgemeine Fachgruppe des Gewerbes habe sich gegen die Erteilung der Nachsicht ausgesprochen, weil der Beschwerdeführer zuletzt mit dem Straferkenntnis vom 31. August 1989 wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes rechtskräftig verurteilt worden sei. Hiezu sei auszuführen, daß gemäß § 28 GewO 1973 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis u.a. zu erteilen sei, wenn keine Ausschließungsgründe nach § 13 GewO 1973 vorlägen. Auf Grund der - in der Bescheidbegründung angeführten - rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen, die zum Teil mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht und noch nicht getilgt seien, und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung weiterer Straftaten zu befürchten sei, sei er nach § 13 Abs. 3 GewO 1973 von der weiteren Gewerbeausübung auszuschließen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer u.a. unter Hinweis darauf, daß die Tilgbarkeit sämtlicher dort bezeichneten Straftaten bereits gegeben gewesen sei, und daß es sich bei der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes um die Überlassung von Arbeitskräften handle, bei dessen Ausübung in keiner wie immer gearteten Weise ein Zusammenhang mit den angeführten Deliktsarten bestehe, welche neben einer Übertretung nach dem Waffengesetz eine strafbare Handlung gegen die Staatsgewalt sowie strafbare Handlungen gegen Leib und Leben beträfen. Es könne daher keine Verbindung zwischen dem angestrebten Gewerbe und der Eigenart der strafbaren Handlung hergestellt werden. Ebensowenig könne auf Grund solcher strafbarer Handlungen auf ein Persönlichkeitsbild geschlossen werden, das die Gefahr der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten im Rahmen der Ausübung des Gewerbes befürchten lassen würde. Es sei daher kein Ausschließungsgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 gegeben. Es wäre daher von der Erstbehörde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 ihm die Nachsicht vom Befähigungsnachweis zu erteilen gewesen, da er hinsichtlich des angestrebten Gewerbes die entsprechenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitze; letzteres sei auch von der Behörde selbst nicht als Abweisungsgrund im angefochtenen Bescheid angeführt worden.
Über diese Berufung erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 9. Oktober 1991 dahin, daß ihr keine Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 bestätigt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis sei gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden könne, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitze und ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten sei, oder wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprächen und keine Ausschließungsgründe gemäß § 13 GewO 1973 vorlägen. Der Beschwerdeführer sei zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters nachweislich aufgefordert worden, bekanntzugeben, aus welchen berücksichtigungswürdigen Gründen ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises nicht zuzumuten sei. Gleichzeitig sei ihm Gelegenheit gegeben worden, hiefür Beweismittel anzubieten. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer bis Ende August 1991 nicht nachgekommen. Mit Schreiben vom 28. August 1991 habe er lediglich mitgeteilt, daß er bis 30. September 1991 Unterlagen vorlegen werde, aus denen hervorgehe, daß er im gegenständlichen Gewerbe in der Zeit vom 1. Juli 1973 bis 1. Juli 1988 ununterbrochen tätig gewesen sei. Zum Vorliegen eines Ausnahmegrundes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 und 2 GewO 1973 sei nicht Stellung genommen worden. Somit sei davon auszugehen, daß in der Person des Beschwerdeführers, der 44 Jahre alt sei, keine wichtigen Gründe vorlägen, auf Grund derer ihm die Erbringung des Befähigungsnachweises nicht zuzumuten sei, zumal lediglich im Lebensalter des Beschwerdeführers ein derartiger Grund nicht gelegen sei. Hinsichtlich der im erstbehördlichen Bescheid enthaltenen Begründung, es lägen in der Person des Beschwerdeführers Ausschließungsgründe gemäß § 13 GewO 1973 vor, sei zu bemerken, daß derartige Umstände im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht hätten festgestellt werden könne. Da in Ansehung der Person des Beschwerdeführers keine die Unzumutbarkeit der Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises rechtfertigenden wichtigen Gründe vorlägen, sei, ohne daß auf die sonstigen Voraussetzungen für eine Nachsichtserteilung einzugehen gewesen wäre, die Nachsicht zu verweigern gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung der Nachsicht" verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die belangte Behörde zwar ausspreche, daß er keine ausreichenden Gründe für die Nachsichtserteilung angeführt habe, dabei aber weder auf das Vorbringen in seinem Nachsichtsansuchen bzw. auf sein Vorbringen im Berufungsverfahren eingehe. Er habe dargestellt, daß er zunächst seit 4. Dezember 1973 das Gewerbe der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften und die Durchführung von Arbeiten durch Dienstbeschaffungsverträge unter Übernahme des wirtschaftlichen Wagnisses und unabhängig vom Nachweis einer Beschäftigung sowie unter Ausschluß jeder Tätigkeit, die den staatlichen Arbeitsämtern vorbehalten sei, ausgeübt habe. Dieses Gewerbe haber er seit 1972 ausgeübt. Die Gewerbeanmeldung sei am 4. Dezember 1973 erfolgt. Er habe dann die R, Personalbeistellung, Bau- und Möbeltischlerei GmbH gegründet und sei Geschäftsführer dieses Unternehmens, das mit Gesellschaftsvertrag vom 13. September 1978 mit einem Nachtrag vom 23. Oktober 1978 gegründet worden sei. Die Eintragung des Unternehmens sei am 27. Oktober 1978 erfolgt. Dieses Unternehmen beschäftige sich mit der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften unter Ausschluß jeder Tätigkeit, die den staatlichen Arbeitsämtern vorbehalten sei, der Bau- und Möbeltischlerei sowie dem Möbelhandel und ferner mit der Beteiligung an Gesellschaften mit gleichartigem Unternehmensgegenstand sowie deren Geschäftsführung und Vertretung. Er sei seit Gründung der Gesellschaft ununterbrochen Geschäftsführer dieses Unternehmens und sei auch zum Zeitpunkt des Nachsichtsansuchens Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft gewesen. Er habe ausgeführt, daß er demnach während der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum Inkrafttreten der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Juni 1988 ununterbrochen als Geschäftsführer im Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften tätig gewesen sei, sodaß bereits aus diesem Grund dem Nachsichtsansuchen stattzugeben gewesen wäre. Er habe auch fristgerecht die entsprechenden Urkunden der Behörde vorgelegt, wobei die Urkunden deshalb dem Amt der O.ö. Landesregierung übermittelt worden seien, weil über diese Behörde im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung jeweils Zustellungen an seinen ausgewiesenen Vertreter erfolgt seien. Wenn die belangte Behörde ausführe, daß die Urkunden bis 30. September 1991 nicht vorgelegt worden seien, so sei dieses Vorbringen aktenwidrig. Er habe am 26. September 1991, wobei dieser Schriftsatz am selben Tag an das Amt der O.ö. Landesregierung abgesendet worden sei, einen entsprechenden Beweisantrag mit Urkundenvorlage erstattet, wobei die beglaubigten Abschriften aus dem Handelsregister vorgelegt worden seien. Es sei demnach innerhalb der Frist die entsprechenden Urkundenvorlage erfolgt. Wie in der Beschwerde in diesem Zusammenhang weiters einleitend dargestellt wurde, habe es sich hiebei um die beglaubigte Abschrift aus dem Handelsregister Abteilung B Nr. nnnn des Landes- als Handelsgericht X, sowie die beglaubigte Abschrift aus dem Handelsregister Abteilung B Nr. bbbb des KG N gehandelt. Unabhängig davon habe er bereits mit Urkundenvorlage vom 9. Oktober 1990 die entsprechenden Urkunden vorgelegt und sich auch bereits in seinem Nachsichtsansuchen auf die ununterbrochene Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaft bezogen. Weder das Amt der O.ö. Landesregierung noch die belangte Behörde hätten ihn aufgefordert, Abschriften aus dem Handelsregister vorzulegen. Da die Urkundenvorlage vom 26. September 1991 rechtzeitig gewesen sei, hätte die belangte Behörde auf dieses Vorbringen eingehen müssen. Die belangte Behörde habe jedoch diese Eingabe nicht beachtet, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Die belangte Behörde habe auch zugestehen müssen, daß entgegen der Annahme der Erstbehörde Ausschließungsgründe gemäß § 13 GewO 1973 nicht hätten festgestellt werden können. Im Hinblick darauf hätte daher die belangte Behörde ihm die "Nachsicht von der Erteilung der Befähigung zum Gewerbe: "Überlassung von Arbeitskräften" in Stattgebung des Nachsichtsansuchens" erteilen müssen.
In ihrer Gegenschrift führte die belangte Behörde u.a. unter Hinweis auf die dargestellten Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid aus, der Beschwerdeführer sei zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters nachweislich aufgefordert worden, bekanntzugeben, aus welchen berücksichtigungswürdigen Gründen ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises nicht zuzumuten sei, wozu er aber nicht Stellung genommen habe. Außerdem sei der Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters nachweislich im Hinblick auf die von ihm im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen auf die Bestimmung des § 10 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. Nr. 324/1988, hingewiesen, und in diesem Zusammenhang aufgefordert worden, bekanntzugeben, ob er seinen Antrag vom 19. September 1989 auf Erteilung der Nachsicht vom gegenständlichen Gewerbe aufrecht erhalte oder zurückziehe. Fest stehe jedenfalls, daß der Beschwerdeführer zum Vorliegen eines Ausnahmegrundes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 im gesamten Verfahren trotz gebotener Gelegenheit nicht Stellung genommen habe.
Das Vorbringen in der Beschwerde ist nicht geeignet, diese zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 ist, sofern eine Verordnung gemäß § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis - ausgenommen vom Erfordernis der Zusatzprüfung gemäß § 99 oder § 102 - zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, und Z. 1 a) ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises, wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen, und Z. 2 keine Ausschließungsgründe gemäß § 13 vorliegen.
Ausgehend vom dargestellten Regelungsinhalt ist daher kumulative Nachsichtsvoraussetzung die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a GewO 1973, wofür aber die getroffenen Bescheidfeststellungen insbesondere auch unter Bedachtnahme auf das dargestellte Beschwerdevorbringen, das nicht einmal ein behauptungsmäßiges Vorbringen in dieser Richtung enthält, keinen Anhaltspunkt bieten.
Der belangten Behörde kann somit im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet oder ihr ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel vorgeworfen werden, wenn sie schon im Hinblick auf die Nichterfüllung dieser kumulativen Nachsichtsvoraussetzung zur Abweisung des Nachsichtsansuchens des Beschwerdeführers gelangte. Inwiefern der Beschwerdeführer aber etwa unabhängig davon im Sinne der Bestimmung des § 10 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 den von ihm angestrebten Befähigungsnachweis zu erbringen in der Lage wäre, war nicht Abspruchsgegenstand des einen Nachsichtsantrag des Beschwerdeführers betreffenden angefochtenen Bescheides. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040320.X00Im RIS seit
28.04.1992