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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §113 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Puck, Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. September 1987, Zl. VII/2-2942/8-1987, betreffend Verhängung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten,
Dr. Karl Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Hinsichtlich der dem vorliegenden Beitragszuschlag zugrundeliegenden Beitragsdifferenzen wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 87/08/0121, hingewiesen.
1.2. Mit Bescheid vom 6. Dezember 1985 schrieb die mitbeteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer als Dienstgeber wegen Meldepflichtverletzungen einen 11 %igen Beitragszuschlag in der Höhe von S 4.251,30 gemäß § 113 Abs. 1 ASVG vor.
Der Beschwerdeführer erhob Einspruch.
Mit Bescheid vom 29. September 1987 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich diesen Einspruch ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Landeshauptmann mit Bescheid vom 29. April 1987 festgestellt, daß der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 21. Juli 1986, betreffend eine Beitragsnachbelastung, zu Recht bestehe. Damit stehe weiters fest, daß der Beschwerdeführer der Kasse nicht die rechtmäßigen Entgelte gemeldet habe, sodaß auch die rechtliche Grundlage für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gegeben sei. Die Gebietskrankenkasse habe von der gemäß § 113 Abs. 1 ASVG bestehenden Möglichkeit der Verhängung eines Beitragszuschlages mit dem gewählten Ausmaß nur geringfügig Gebrauch gemacht.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Nach Auffassung des Beschwerdeführers lägen keine Meldepflichtverletzungen vor. Er habe die für den Dienstnehmer GR zu entrichtenden Beiträge für die Zeiträume vom 1. Februar 1984 bis Ende 1984 und vom 1. Februar 1985 bis 30. September 1985 sowie die entsprechenden Sonderzahlungen in richtiger Höhe berechnet, gemeldet und abgeführt.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 87/08/0121, den oben erwähnten Bescheid des Landeshauptmannes vom 29. April 1987, betreffend eine Beitragsnachbelastung mit jenen Beitragsdifferenzen, deren nicht rechtzeitige Meldung und Entrichtung dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall angelastet und weswegen der angefochtene Beitragszuschlag verhängt wurde, aufgehoben.
Die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes im eben zitierten Erkenntnis vom heutigen Tag sind auch für die Höhe des verhängten Beitragszuschlages von Bedeutung, geht doch der Zuschlagsbescheid - der überhaupt nur im Zusammenhalt mit dem Beitragsnachverrechnungsbescheid des Landeshauptmannes vom 29. April 1987 verständlich ist - davon aus, daß die erstatteten Meldungen für die gesamte Zeit vom 1. Jänner 1984 bis 30. September 1985 unrichtig gewesen seien, was jedoch nicht zutrifft.
Auf dem Boden des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 87/08/0121, erweist sich der angefochtene Beitragszuschlagsbescheid nicht nur mit einem Begründungsmangel behaftet, sondern auch inhaltlich rechtswidrig, hätte doch die belangte Behörde bei objektiv richtiger Beurteilung des Umfanges der Meldepflichtverletzung zu einer anderen Wertung der zu berücksichtigenden "Art des Meldeverstoßes" im Sinne des § 113 Abs. 1 vorletzter Satz ASVG gelangen müssen.
2.2. Darüber hinaus ist der angefochtene Bescheid mit einem weiteren Verfahrensmangel belastet: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf dann, wenn mit dem festgestellten Meldeverstoß auch eine Beitragsnachentrichtung verbunden ist, der Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 ASVG weder den durch den Meldeverstoß verursachten Verwaltungsmehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung noch das Doppelte der in der genannten Gesetzesbestimmung umschriebenen Beiträge bzw. Beitragsdifferenzen übersteigen. Bei der Ermittlung der objektiven Höchstgrenze des Beitragszuschlages ist die Art des Meldeverstoßes und damit das Verschulden des Meldepflichtigen an diesem Verstoß ohne Belang. Ihr kommt nur - neben anderen Umständen, wie z.B. den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners - bei der Ermessensübung innerhalb der objektiven Grenzen Bedeutung zu (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. April 1988, Zl. 87/08/0140 = ZfVB 1989/3/1621, und vom 23. Juni 1988, Zlen. 86/08/0051, 0116 = ZfVB 1989/5/1612).
Die belangte Behörde hätte daher den durch die angenommenen Meldeverstöße verursachten Mehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung feststellen und innerhalb dieser objektiven Höchstgrenzen den Beitragszuschlag unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und die Art der angenommenen Meldeverstöße bestimmen und die hiefür maßgebenden Erwägungen in einer den §§ 60 und 67 AVG entsprechenden Weise darstellen müssen. Erst dann wäre der Verwaltungsgerichtshof in der Lage gewesen zu prüfen, ob die belangte Behörde den ihr eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat oder nicht. Auch in diesem Punkt ist somit der angefochtene Bescheid ergänzungs- und begründungsbedürftig geblieben.
2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Ersatz der Umsatzsteuer war nicht zuzusprechen, da diese bereits im Pauschale des Schriftsatzaufwandes berücksichtigt ist. Ersatz der Stempelgebühren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG nicht zuzusprechen.
2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1987080285.X00Im RIS seit
28.04.1992