Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VerfGG 1953 §85 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. R in S, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Militärkommandos Salzburg vom 20. September 1990, Zl. S/56/02/07/29, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid (Einberufungsbefehl) des Militärkommandos Salzburg vom 20. September 1990 wurde der Beschwerdeführer zur Leistung des Grundwehrdienstes vom 2. Jänner 1991 an einberufen. Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Beschluß vom 7. Oktober 1991, B 1240/90, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, daß die vorliegende Beschwerde trotz des Umstandes, daß ihr mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 1991, B 1240/90, (der belangten Behörde zugestellt am 11. März 1991), gemäß § 85 Abs. 2 VerfGG 1953 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde und daß der Beschwerdeführer am 25. Mai 1991 sein
35. Lebensjahr vollendet hat, was zur Folge hat, daß er nach dem zweiten Satz des § 28 Abs. 1 Wehrgesetz 1990 (WG) nicht mehr zur Leistung des Grundwehrdienstes einberufen werden darf, nicht gegenstandslos geworden ist. Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Einberufungsbefehl zur Leistung des Grundwehrdienstes beginnend mit 2. Jänner 1991 einberufen. Er hat diesen Einberufungsbefehl jedoch nicht befolgt. Dazu war er erst ab der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 1991 nicht mehr verpflichtet. Im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit der Bestrafung wegen Nichtbefolgung dieses Einberufungsbefehles nach § 7 Militärstrafgesetz (die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 57 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 7 Abs. 2 MilStG drei Jahre) hat der Beschwerdeführer, was er in seinem ergänzenden Schriftsatz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch ausdrücklich geltend gemacht hat, nach wie vor ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die Beschwerde. Die belangte Behörde verkennt in ihrer Gegenschrift, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 2. Jänner 1991 bis zur Erlassung des (nicht zurückwirkenden) Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 1991 zur Befolgung des Einberufungsbefehles verpflichtet war. Daher kann ihrem Antrag, die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären, nicht entsprochen werden.
2.1. Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß er zu eigenen Handen zuzustellen gewesen wäre (RSa) und daher gemäß § 21 des Zustellgesetzes nicht seiner Mutter als Ersatzempfängerin hätte zugestellt werden dürfen. Dem Beschwerdeführer sei der angefochtene Bescheid erst am 30. September 1990 tatsächlich zugekommen.
Der Beschwerdeführer macht damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, sondern einen Zustellmangel geltend. Ob ein solcher vorlag, kann dahinstehen, weil er jedenfalls in der Folge durch das tatsächliche Zukommen an den Beschwerdeführer am 30. September 1990 gemäß § 7 des Zustellgesetzes geheilt wurde; mit diesem Zeitpunkt galt die Zustellung als vollzogen. Der gerügte Zustellmangel hat auch nicht etwa eine Verkürzung der Frist des § 35 Abs. 1 dritter Satz WG bewirkt.
2.2. Rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid auch deshalb, weil der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. Juni 1989, B 637/89, der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 23. Jänner 1989 die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe, weshalb der angefochtene Einberufungsbefehl nicht hätte erlassen werden dürfen.
Der Beschwerdeführer ist auch damit nicht im Recht. Er mißt nämlich diesem Beschluß eine Wirkung bei, die ihm nicht zukam. Gemäß § 85 Abs. 2 erster Satz VerfGG 1953 hat der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Gemäß § 85 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. hat im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Behörde den Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen; der durch den angefochtenen Bescheid Berechtigte darf diese Berechtigung nicht ausüben. Demgemäß geht es bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darum, einen Eingriff in die vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestandene Rechtsposition des Beschwerdeführers für die Dauer des Beschwerdeverfahrens aufzuschieben. Die Versagung einer begehrten Änderung des bestehenden rechtlichen Zustandes ist einem Vollzug im Sinne der Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit nicht zugänglich (vgl. Puck, Die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, ZfV 1982, 363).
Mit dem vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid der Zivildienstoberkommission vom 23. Jänner 1989 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Wehrpflicht gemäß den Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 abgewiesen, der Beschwerdeführer blieb somit weiterhin wehrpflichtig. Erst ein dem Antrag stattgebender Bescheid wäre - infolge Wegfalles der Wehrpflicht - der Einberufung des Beschwerdeführers zum Grundwehrdienst entgegengestanden; dazu wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Bestimmung des § 36 Abs. 2 Z. 2 WG verwiesen (siehe unter anderem das Erkenntnis vom 8. März 1991, Zl. 91/11/0013, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die geschilderte Rechtsstellung des Beschwerdeführers erfuhr durch den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 1989 keine Änderung. Dieser Beschluß bewirkte lediglich, daß der Beschwerdeführer für die Dauer des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof so gestellt war, als wäre der damals angefochtene Bescheid nicht ergangen.
3. Da sich die Beschwerde als nicht als begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110148.X00Im RIS seit
11.07.2001