Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der G in M, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. P in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. August 1991, Zl. 309.497/2-III-3/91, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: K-GmbH in M), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in der gegenständlichen Verwaltungssache im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Dezember 1989 wurde die in Rede stehende Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 66 Abs. 4 und 73 Abs. 2 AVG 1950 gemäß § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1973 unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt.
Dieser Bescheid ist auf Grund einer seitens der nunmehrigen Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0185, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden, wobei in Ansehung der hiefür maßgebenden Verfahrenslage zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses hingewiesen wird. In den Entscheidungsgründen wurde unter Bezugnahme auf die §§ 353 und 356 Abs. 1 GewO 1973 ausgeführt, der Abspruch über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage setze ein Ansuchen voraus (antragsbedürftiger Verwaltungsakt). Hieraus sei zu erschließen, daß einerseits das Vorhaben (Genehmigungsansuchen) durch Auflagen nur so weit modifiziert werden dürfe, daß dieses in seinem "Wesen" unberührt bleibe, und daß sich andererseits auch die dem normativen Abspruch zugrundeliegende Betriebsbeschreibung bzw. eine in der Folge "modifizierte" Betriebsbeschreibung innerhalb dieser Grenzen zu halten habe, die im Gegensatz zu der der Behörde im Hinblick auf § 77 Abs. 1 GewO 1973 obliegenden Kompetenz zur Auflagenvorschreibung - abgesehen von Fragen des Beschreibungs- und Formulierungsvorganges als solchen - aber einem ausdrücklich erklärten Willensakt des Konsenswerbers als Ausfluß seiner Antragslegitimation vorbehalten seien. Ein einer gewerbebehördlichen Kundmachung nach § 356 Abs. 1 GewO 1973 zugrundeliegendes Ansuchen erfordere im Hinblick auf die dem Nachbarn gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Einwendungen einen (verbalen) Inhalt, der als solcher - unabhängig von den weiteren gemäß § 356 GewO 1973 einem derartigen Ansuchen anzuschließenden und dieses detaillierenden Unterlagen und Plänen - Art und Umfang der beantragten Genehmigung eindeutig erkennen lasse. Dies bedeute aber einerseits - auch die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Bescheid lediglich auf die Antragstellung der mitbeteiligten Partei vom 3. Juli 1985 bezogen -, daß nach den dargestellten Verfahrensvorgängen die Errichtung der Haustankstelle nicht erkennbar Gegenstand des Genehmigungsantrages der mitbeteiligten Partei im Sinne des § 353 GewO 1973 gewesen sei, was im übrigen auch auf den Inhalt der Verhandlungskundmachung der Erstbehörde zutreffe. Des weiteren sei - insbesondere unter Berücksichtigung der offenbar in diesem Zusammenhang erfolgten Erklärung des Vertreters der mitbeteiligten Partei in der Verhandlungsniederschrift vom 18. September 1985 - auch aus den Feststellungen und Erörterungen im angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich, inwiefern sich die belangte Behörde bei Darstellung der Betriebsbeschreibung im angefochtenen Bescheid in Ansehung der Anführung der Art und der Anzahl der betriebsgegenständlichen Fahrzeuge an eine etwa im Sinne der obigen Darlegungen hiefür maßgebende - allenfalls in zulässiger Weise modifizierte -, einem Willensakt des Konsenswerbers vorbehaltene Betriebsbeschreibung gehalten hätte.
Mit dem nunmehr ergangenen Ersatzbescheid vom 20. August 1991 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten inhaltlich neuerlich wie in seinem vorbezeichneten Erkenntnis vom 28. Dezember 1989. Zur angenommenen Zuständigkeit des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde in der Begründung ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Oktober 1986 sei die gewerbebehördliche Genehmigung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt worden. Gegen diesen Bescheid habe die mitbeteiligte Partei Berufung eingebracht; mit Schreiben vom 13. April 1989 habe sie gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 einen Devolutionsantrag an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gestellt. Wie aus den Verwaltungsakten hervorgehe, seien diese im Zuge des Berufungsverfahrens der Gewerbebehörde zweiter Instanz im März 1988 in Verstoß geraten, sodaß die Behörde erst im November 1988 weitere Verfahrensschritte habe setzen können. Die sich über mehr als sechs Monate erstreckende Verzögerung des gegenständlichen Verfahrens sei daher ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen. Aus diesem Grund sei dem Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG 1950 stattzugeben gewesen. Des weiteren wurde unter Bezugnahme auf die im vorbezeichneten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990 dargelegten Aufhebungsgründe ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof gehe unter Bezugnahme auf den behobenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Dezember 1989 davon aus, daß nach den darin dargestellten Verfahrensvorgängen die Errichtung einer Haustankstelle nicht der erkennbare Gegenstand des Genehmigungsansuchens sei, was in der Folge auch auf den Inhalt der Verhandlungskundmachung der Erstbehörde zutreffe. Es sei daher dieser Rechtsansicht zu entsprechen und im Bescheid jener Sachverhalt darzustellen gewesen, aus dem sich ergebe, daß die Betriebstankstelle Gegenstand des Ansuchen der mitbeteiligten Partei sowie des Genehmigungsverfahrens gewesen sei. Das nunmehr in der Sachverhaltsdarstellung des Bescheides genannte Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 30. Juli 1986 sei als Ergänzung des Genehmigungsansuchens insofern zu sehen, als nunmehr u.a. auch eine Betriebstankstelle Teil des Einreichprojektes sein solle. Dieses sei somit Gegenstand des Ansuchens im Sinne des § 353 GewO 1973. Diese Bestimmung ziele darauf ab, daß die Einzelheiten des beantragten Objektes aus den in dieser Vorschrift genannten Detailunterlagen hervorgehen sollten. Es könne daher als ausreichend angesehen werden, wenn im Antragsschreiben selbst Wesen und Art der Betriebsanlage im groben Sinn dargestellt werde. Somit reiche es auch, wenn sich Art und Umfang einer beantragten Genehmigung eindeutig aus dem Antragsschreiben bzw. dessen Ergänzungen im Zusammenhang mit den im § 353 leg. cit. genannten und dem Ansuchen anzuschließenden Unterlagen erkennen lasse. Aus der nunmehr ergänzten Sachverhaltsdarstellung im Bescheid ergebe sich weiters, daß die gegenständliche Betriebstankstelle jedenfalls Inhalt der Kundmachung vom 22. September 1986 gewesen sei, zumal diese zwar nicht wie andere Anlageteile darin ausdrücklich genannt worden sei, die Kundmachung jedoch auf die bei der Behörde aufliegenden Einreichunterlagen, somit auch jene betreffend die Betriebstankstelle, verwiesen habe. Wenn der Verwaltungsgerichtshof weiters unter Hinweis auf die Erklärung des Vertreters der Konsenswerberin in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 18. September 1985 gerügt habe, daß die in der Betriebsbeschreibung des Bescheides vom 28. Dezember 1989 enthaltene Aufzählung der in der Betriebsanlage eingesetzten Kraftfahrzeuge nicht erkennbar ein Willensakt der mitbeteiligten Partei zugrundeliege, so sei auch in dieser Hinsicht der der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende Zustand durch Ergänzung der Sachverhaltsdarstellung herzustellen gewesen. Wie sich daraus ergebe, habe der Verhandlungsleiter in der Niederschrift des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. September 1989 festgestellt, daß die Beschreibung der Betriebsanlage und der Betriebsabläufe durch den gewerbetechnischen Amtssachverständigen auf Grund der Rechtsunterlagen und deren Konkretisierung durch den Vertreter der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung erfolgt sei. Gegen die Richtigkeit der Niederschrift seien seitens der Verfahrensparteien keine Einwendungen erhoben worden. In dieser Projektskonkretisierung des Vertreters der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung, u.a. auch betreffend Anzahl und Art von Kraftfahrzeugen, sei ein entsprechender Willensakt der mitbeteiligten Partei im Sinne des § 339 GewO 1973 zu erblicken. Diese Bestimmung verlange nicht, daß die Konkretisierung eines Betriebsanlagenansuchens ausschließlich durch Schriftsatz bei der Behörde einzubringen sei. Die Projektskonkretisierung sei der in den Spruch aufgenommenen Betriebsbeschreibung zugrunde gelegt. Ergänzend werde bemerkt, daß im ursprünglichen Genehmigungsansuchen die genaue Anzahl und Art der in der Betriebsanlage einzusetzenden Kraftfahrzeuge nicht enthalten sei, und die Erklärung des Vertreters der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung vom 19. August 1985, wonach derzeit bestimmte Kraftfahrzeuge betrieblich zur Verfügung stünden, lediglich als Mitteilung von Tatsachen, jedoch nicht als Projektsmodifizierung gesehen werden könne. Die diesbezügliche Projektskonkretisierung der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung vom 13. September 1989 stelle also keine Erweiterung des Projektes dar. Daraus ergebe sich, daß der Bundesminister auch bei Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Zustandes nicht zu einer von seinem behobenen Bescheid vom 28. Dezember 1989 abweichenden Entscheidung habe gelangen können. Abschließend werde bemerkt, daß das Betriebsgrundstück nach rechtsgültigem Flächenwidmungsplan der Gemeinde M als Bauland-Betriebsgebiet gewidmet sei. Die Errichtung und der Betrieb eines Betriebsobjektes in der Art des eingereichten Projektes widerspreche dieser Widmung nicht, weshalb eine Verbotsnorm im Sinne des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 nicht vorliege. Zuvor hatte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in der Begründung des angefochtenen Bescheides - ausgehend von den darin dargestellten Beweisergebnissen und Sachverständigengutachten - unter Bezugnahme auf § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1973 ausgeführt, wie aus dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen hervorgehe, könnten bei Errichtung eines Schallschutzwalles am Nachbargrundstück unter Tags Lärmimmissionen von 32 bis 57 dB auftreten. Diese würden durch Zu- und Abfahrvorgänge, das Ab- und Anhängen der Container, Waschvorgänge sowie Arbeiten in der Werkstättenhalle hervorgerufen und lägen im Bereich des Umgebungsgeräuschpegels. Bei Errichtung des vorgeschriebenen Schallschutzwalles habe daher der ärztliche Amtssachverständige eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens ausgeschlossen. In der Nacht würden weder Arbeiten in der Werkstättenhalle noch Waschvorgänge mittels eines Hochdruckreinigers bzw. Dampfstrahlgerätes durchgeführt. In dieser Zeit könne es lediglich zu Fahrbewegungen der Autobusse und Müllsammel-Lkw sowie erforderlichenfalls eines zur Schneeräumung eingesetzten Lkws kommen. Wie der ärztliche Amtssachverständige schlüssig ausgeführt habe, könne dies nicht zu einer Beeinträchtigung des Schlafes führen.
Geruchsimmissionen ausgehend von der Ölheizung, der Waschanlage und der Betriebstankstelle könnten auf Grund der örtlichen Gegebenheiten unter Vorschreibung des Erdwalles entlang der Grundstücksgrenze zur Beschwerdeführerin ausgeschlossen werden. Das Gleiche gelte für Rußimmissionen. Das Ermittlungsverfahren habe weiters ergeben, daß Geruchswahrnehmungen von Dieselabgasen nur im ungünstigsten Fall, nämlich wenn mehrere Lkw gleichzeitig entlang der oben genannten Grundgrenze gestartet würden und leichter Nord-West-Wind herrsche, schwach wahrnehmbar sein könnten. Da diese Geruchsimmissionen nur ab und zu schwach wahrnehmbar sein würden, könnten sie als zumutbar angesehen werden. Eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Gesundheit durch Abgasimmissionen könne ebenfalls ausgeschlossen werden. Wie das Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen ergeben habe, werde auch die Errichtung des Schallschutzwalles nicht zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Beschwerdeführerin führen. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen werde daher den Nachbarinteressen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Gefährdungen und unzumutbare Belästigungen bzw. Beeinträchtigungen würden für die Nachbarn nicht auftreten. Dem in der Berufung vorgetragenen Verlangen der Beschwerdeführerin auf Durchführung von Vergleichsmessungen im bisherigen Betrieb der mitbeteiligten Partei sei entgegenzuhalten, daß die Genehmigungsvoraussetzungen für eine Betriebsanlage an Hand des eingereichten Projektes zu beurteilen seien. Die im Rahmen der vom Bundesministerium durchgeführten Augenscheinsverhandlung gewonnenen Ermittlungsergebnisse hätten der Entscheidung zugrunde gelegt werden können. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend die Sachverständigengutachten im erstinstanzlichen Verfahren sei mit Durchführung des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Rechnung getragen worden. Das Vorbringen, wonach die Auflage betreffend das Geschlossenhalten der Werkstättentore nicht eingehalten werde, könne nicht zum Anlaß genommen werden, der Betriebsanlage die Genehmigung zu versagen. Im übrigen sei diese Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 bestimmt und deren Einhaltung überprüfbar. Die Befürchtung einer psychischen Beeinträchtigung durch optische Wirkung eines Schallschutzhindernisses habe vom ärztlichen Amtssachverständigen entkräftet werden können. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Auflage unter Punkt 79) sei durch deren Konkretisierung Rechnung getragen worden. Wie das ergänzende Ermittlungsverfahren ergeben habe, sei die Errichtung des Schallschutzwalles ausreichend, um die Beschwerdeführerin vor unzumutbaren Belästigungen zu schützen. Auch das Argument, wonach Geräusche, die ihren Ursprung in einem "abgelehnten Betrieb" hätten, als besonders störend empfunden würden, sei nicht zielführend, da die Zumutbarkeit von Belästigungen nach den Maßstäben eines Durchschnittsmenschen zu beurteilen sei. Die nunmehr dem konkretisierten Projekt entsprechende Betriebsbeschreibung sei in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen gewesen. Die Konkretisierung bzw. Ergänzung der Auflagen unter den Punkt 49), 52) und 54) sowie die Vorschreibung der zusätzlichen Auflage sei aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes erforderlich. Die Konkretisierung der Auflagen unter den Punkten 74), 77) und 79) sei auf Grund des Ergebnisses dieses ergänzenden Ermittlungsverfahrens erfolgt und entspreche nunmehr der Forderung des § 77 GewO 1973 nach Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen. Die Auflage unter Punkt 75) habe entfallen können, da eine Spritzlackier- und Trocknungsanlage nicht Gegenstand des Verfahrens sei. Hinsichtlich der Auflage unter Punkt 53) werde auf § 15 Abs. 5 AAV verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in den in der Gewerbeordnung normierten Nachbarrechten verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, § 6 Abs. 1 AVG verpflichte die Verwaltungsbehörde, ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Die Zuständigkeitsvorschriften hätten zwingenden Charakter. Im Verwaltungsverfahren gebe es weder eine "prorogatio fori" noch eine "perpetuatio fori". Maßgebend für die Zuständigkeit einer Behörde zur Erlassung eines Bescheides sei die im Zeitpunkt der Erlassung geltende Rechts- und Sachlage. Bei Änderung der für die Zuständigkeit maßgeblichen Umstände sei das Verfahren von der nunmehr zuständigen Behörde fortzuführen. § 63 VwGG bestimme, daß im Falle der Stattgebung einer Bescheidbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof die Verwaltungsbehörden verpflichtet seien, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Diese Gesetzesstelle spreche ausdrücklich von den "Verwaltungsbehörden" und nicht von der "Behörde, die den aufgeschobenen Bescheid erlassen hat". Durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990 sei die Berufungsentscheidung der belangten Behörde "kassiert" worden und es sei nunmehr die nach dem Gesetz zur Berufungsentscheidung vorgesehene Behörde verpflichtet, ein neuerliches Berufungsverfahren mit Fällung einer neuen Entscheidung durchzuführen. Im "ersten Rechtsgang" sei die Kompetenz zur Erlassung der Berufungsentscheidung auf Grund bestimmter, im "zweiten Berufungsverfahren" nicht gegebener Umstände (Säumnis der Berufungsbehörde und Devolutionsantrag) auf den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten übergegangen. Im "zweiten Berufungsverfahren" seien diese Umstände nicht eingetreten, es sei zumindest kein Devolutionsantrag gestellt worden und es sei aus diesem Grund der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Fällung der Berufungsentscheidung nicht zuständig, weshalb der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit dieser Behörde behaftet sei.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Die Rechtswirksamkeit des schriftlichen Verlangens nach Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 2 AVG tritt unmittelbar mit dessen Einbringung bei der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde ein. Mit dem Einlangen eines nach § 73 Abs. 2 AVG gestellten Begehrens bei der Oberbehörde ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der betreffenden Angelegenheit auf diese Behörde übergegangen. Die Vorinstanz hat damit ihre Zuständigkeit zur Entscheidung verloren. Sie wird allerdings wieder zuständig, wenn der Devolutionsantrag rechtskräftig von der Oberbehörde abgewiesen wird (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 31. März 1982, Zl. 2450/79, u.a.).
Durch die Aufhebung des vorbezeichneten Erkenntnisses der belangten Behörde vom 28. Dezember 1989 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0185, trat die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. Dementsprechend war daher auf Grund der diesbezüglich unbekämpft gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde von der Anhängigkeit eines aufrechten Devolutionsantrages der mitbeteiligten Partei bei ihr auszugehen.
Da die belangte Behörde - diesbezüglich auch unbestritten seitens der Beschwerdeführerin - unter Annahme der Erfüllung der Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG in der beschwerdegegenständlichen Verwaltungssache über den Antrag der mitbeteiligten Partei meritorisch erkannte, wurde die säumig gewordene Gewerbebehörde zweiter Instanz im Sinne der vorstehenden Darlegungen auch nicht wieder zur Entscheidung in der Verwaltungssache zuständig.
Daß aber etwa unabhängig von der dargestellten Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin die materiellen Voraussetzungen für einen Übergang der Entscheidungspflicht auf Grund des vorbezeichneten Devolutionsantrages an die belangte Behörde nicht erfüllt wären, wird auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.
Was den meritorischen Abspruch des angefochtenen Bescheides betrifft, so bringt die Beschwerdeführerin hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 27. November 1990 der Berufungsbehörde die Rechtslage vor allem im Hinblick auf die Anforderungen an die Betriebsbeschreibung deutlich vor Augen geführt und habe dargelegt, inwiefern sich die zur Entscheidung über dieses Ansuchen zuständige Behörde an eine dem Willensakt des Konsenswerbers vorbehaltene Betriebsbeschreibung zu halten habe und inwieweit Wesensgleichheit zum beantragten Projekt und dem durch die Auflagen der Behörde modifizierten Projekt gegeben sein müsse. Die belangte Behörde versuche nunmehr im angefochtenen Bescheid diesen Anforderungen durch nachträgliche Aufnahme einer in einem formlosen Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 30. Juli 1986 enthaltenen Betriebsbeschreibung in den Spruch gerecht zu werden. Die nunmehrige Vorgangsweise der belangten Behörde ändere nichts daran, daß in Wirklichkeit das tatsächliche Vorhaben der mitbeteiligten Partei der Beschwerdeführerin nicht zu dem im Gesetz vorgesehenen Zeitpunkt zur Kenntnis gelangt sei. Der Hinweis auf das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 30. Juli 1986 könne der Anforderung des § 353 GewO 1973, dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen und die erforderlichen Pläne und Skizzen in vierfacher Ausfertigung anzuschließen, keinesfalls genügen. Der angefochtene Bescheid sei darüber hinaus auch insofern mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet, als er die in der Berufung geltend gemachten Mängel nicht behebe. In der Berufung seien Vergleichsmessungen hinsichtlich der Lärmentwicklung mit dem bisherigen Betrieb der mitbeteiligten Partei beantragt, von der belangten Behörde jedoch nicht durchgeführt worden. Die belangte Behörde habe dadurch auf eine wichtige Entscheidungsgrundlage verzichtet. Wenngleich Entscheidungsvoraussetzungen im Genehmigungsverfahren die Verhältnisse beim eingereichten Objekt seien, hätten Vergleichsmessungen einen Eindruck von den tatsächlichen Verkehrsbewegungen und der dadurch verursachten Lärmemission durch beladene Lkw vermittelt. Durch die Durchführung von Lärmmessungen nur mit unbeladenen Lkw sei die Beschwerdeführerin in ihren Rechten jedenfalls verletzt. Es wäre, wie beantragt, jedenfalls nötig gewesen, Messungen über einen Zeitraum von 24 Stunden durchzuführen, weil nur dann die Behörde feststellen hätte können, welcher Lärmbelästigung die Beschwerdeführerin durchschnittlich im Tagesablauf bzw. in welcher Verteilung auf den Tag sie dieser Lärmbelästigung ausgesetzt sei. Zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines sei die Liegenschaft bereits eingefriedet, eine Beleuchtung durch Peitschenleuchten gegeben und der normale Fahrbetrieb praktisch im Gange gewesen. Die belangte Behörde wäre daher bei richtig verstandener Wahrnehmung ihrer Aufgaben verpflichtet gewesen, wenn sie schon Vergleichsmessungen am bisherigen Standort der mitbeteiligten Partei ablehne, Messungen über einen längeren Zeitraum durchzuführen, um eine "entsprechende Entscheidungsgrundlage" zu erhalten. Der angefochtene Bescheid sei auch insofern mit Rechtswidrigkeit behaftet, als er völlig unzureichend die Ausführungen des amtsärztlichen Sachverständigen zur Frage der Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Beschwerdeführerin durch Errichtung des Schallschutzwalles der Entscheidung zugrunde lege. Es handle sich hier um ein relativ junges medizinisches Spezialgebiet, zu dessen Behandlung ein amtsärztlicher Sachverständiger ohne Spezialausbildung sicher nicht befähigt sei. Es hätte ein entsprechender Spezialist herangezogen werden müssen und es zeige schon die Kürze des Gutachtens hinsichtlich dieses psychologischen Aspekts, daß auch der Amtssachverständige nicht mehr dazu beitragen könne, als auf die allgemeine Lebenserfahrung zu verweisen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides stellen eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Verfahrensmängel vermögen jedoch nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels in der Beschwerde darzutun ist. Wesentlich ist ein Begründungsmangel nur dann, wenn der Beschwerdeführer an einer zweckmäßigen Verfolgung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof gehindert ist (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1963, Zl. 1325/62, u.a.). Daraus folgt, daß wenn der Beschwerdeführer die Aufhebung eines Bescheides wegen Verfahrensmängel begehrt, er durch KONKRETES tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen hat, zu welchem anderen Ergebnis die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschrift hätte kommen können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. November 1948, Slg. N.F. Nr. 593/A).
Dieser Verpflichtung wurde in Ansehung der in der Beschwerde erhobenen Verfahrensrüge, so insbesondere auch zur Frage der Eignung von Sachverständigengutachten nicht in der vom Gesetz geforderten Weise entsprochen, und es vermag auch darüber hinaus der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von der dargestellten, nur allgemein gehaltenen Verfahrensrüge nicht zu erkennen, daß die Beschwerdeführerin an einer zweckmäßigen Verfolgung ihrer Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof durch eine nicht den Verfahrensbestimmungen entsprechende Vorgangsweise der belangten Behörde gehindert worden wäre.
Da weiters das dargestellte Beschwerdevorbringen im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in Ansehung der unter Bezugnahme auf das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0185, in den angefochtenen Bescheid aufgenommenen ergänzenden Begründungsausführungen eine rechtswidrige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde in meritorischer Hinsicht nicht erkennen läßt, erweist sich die Beschwerde im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Antragsrückziehung Kassatorische Entscheidung FormalentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040012.X00Im RIS seit
28.04.1992