TE Vfgh Erkenntnis 1989/9/30 V14/89, V15/89

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Veröffentlicht am 30.09.1989
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Inhalt gesetzwidrig
Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Altach vom 22. April 1982 über Ankündigungen und Werbeanlagen
Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Göfis vom 10. Mai 1983 über Ankündigungen und Werbeanlagen
Vlbg BauG 1972 §17

Leitsatz

Übertragung der Errichtung und Bewirtschaftung von Werbeanlagen an die Gemeinde in Widerspruch zu §17 Vlbg. BauG 1972

Spruch

Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Altach vom 22. April 1982 über Ankündigungen und Werbeanlagen, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. April 1982 bis zum 7. Mai 1982 und durch Verlautbarung im Gemeindeblatt vom 30. April 1982, sowie die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Göfis vom 10. Mai 1983 über Ankündigungen und Werbeanlagen, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 30. Mai 1983 bis 20. Juni 1983 und durch Verlautbarung im Gemeindeblatt vom 3. Juni 1983, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B1194/88 und B1195/88 folgende Beschwerdeverfahren anhängig:

1.a) Mit Bescheid vom 29. Jänner 1988 versagte der Bürgermeister der Gemeinde Altach der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §17 Abs1 Baugesetz, LGBl. für Vorarlberg 39/1972 (im folgenden BauG), mit folgender Begründung die Bewilligung zur Aufstellung einer Werbetafel:

In der Gemeinde befänden sich zwei Anschlagtafeln an näher bezeichneten Orten, welche vor Inkrafttreten des Baugesetzes genehmigt worden seien, weiters habe die Gemeinde fünf Litfaßsäulen für die Plakatierung aufgestellt. Diese Plakatierungsstandorte und Werbetafeln seien unter anderem von der Gemeindevertretung mit Verordnung vom 22. April 1982 festgelegt worden. Die Plakatierungsmöglichkeiten nach dieser zum Schutze des Orts- und Landschaftsbildes erlassenen Verordnung würden für ausreichend empfunden, weswegen die Bewilligung zur Aufstellung einer Werbetafel an einem anderen Standort zu versagen sei.

Die Berufung gegen diesen Bescheid wurde von der Gemeindevertretung der Gemeinde Altach mit Bescheid vom 14. März 1988 abgewiesen, der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung gab die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch - auf Grund der mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung, LGBl. 70/1985, erteilten Ermächtigung - mit Bescheid vom 6. Mai 1988 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die zu B1194/88 protokollierte Beschwerde, in der sich die beschwerdeführende Gesellschaft wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in dem durch Art13 StGG und Art10 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht und wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

b) Mit Bescheid vom 4. Februar 1988 wies der Bürgermeister der Gemeinde Göfis einen Antrag derselben Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Anbringung einer Plakattafel an einem näher bestimmten Standort im Gemeindegebiet von Göfis mit der Begründung ab, die Gemeinde habe für die Anbringung von Plakaten Plakatsäulen errichtet. Nach den Bestimmungen der Verordnung der Gemeindevertretung vom 10. Mai 1983 sei für die Anbringung von Ankündigungen (Plakaten) im gesamten Gemeindegebiet von Göfis ausnahmslos diese Einrichtung zu verwenden.

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde Göfis vom 22. März 1988 abgewiesen, der hiegegen erhobenen Vorstellung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 5. Mai 1988 - wieder auf Grund der bereits zitierten Ermächtigung - keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die zu B1195/88 protokollierte Beschwerde, in der sich die beschwerdeführende Gesellschaft wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in dem durch Art13 StGG und Art10 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht und wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

c) Der Verfassungsgerichtshof hat gemäß §35 Abs1 VerfGG iVm §187 ZPO die beiden Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. Bei der Behandlung dieser Beschwerden entstanden beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Altach vom 22. April 1982 über Ankündigungen und Werbeanlagen, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. April 1982 bis zum 7. Mai 1982 und durch Verlautbarung im Gemeindeblatt vom 30. April 1982, und der Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Göfis vom 10. Mai 1983 über Ankündigungen und Werbeanlagen, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 30. Mai 1983 bis zum 20. Juni 1983 und durch Verlautbarung im Gemeindeblatt vom 3. Juni 1983, weswegen der Verfassungsgerichtshof am 6. März 1989 beschlossen hat, diese Verordnungen gemäß Art139 B-VG von Amts wegen zu prüfen.

a) Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Altach hat folgenden Wortlaut:

"Die Gemeindevertretung von Altach hat mit Beschluß vom 22.4.1982 auf Grund des §17 Abs2 des Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 i.d.F. LGBl. Nr. 2/1982, verordnet:

§1

Geltungsbereich

Die Anbringung von Ankündigungen und Werbeanlagen im gesamten Gemeindegebiet unterliegt den Bestimmungen dieser Verordnung.

Diese Verordnung findet keine Anwendung

a)

für amtliche Druckwerke, die von einer Bundes-, Landes- oder Gemeindebehörde herausgegeben werden;

b)

für Ankündigungen und Werbeanlagen von Wählergruppen, die sich an der Wahlwerbung beteiligen (Parteien) innerhalb von sechs Wochen vor Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zu den satzungsgebenden Organen der gesetzlichen Berufsvertretungen, vor der Wahl des Bundespräsidenten und vor Volksabstimmungen auf Grund landes- oder bundesrechtlicher Vorschrift;

c)

bei Werbung für Großveranstaltungen in Vorarlberg, wie etwa Festspiele, Zirkusgastspiele u.ä. Veranstaltungen.

Ankündigungen nach litb und c sind jedoch unverzüglich nach Wegfall des Anlasses zu entfernen.

§2

Ort der Ankündigungen und Werbeanlagen

Die Gemeinde übernimmt die Errichtung von Plakatsäulen und Plakattafeln. Der Aufstellungsort ist in dem als Bestandteil der Verordnung geltenden Lageplan ausgewiesen.

Für Ankündigungen sind ausnahmslos diese Einrichtungen zu verwenden, die Anbringung der Ankündigungen erfolgt über die Gemeinde selbst.

Die eigenmächtige Anbringung von Anschlägen an den Plakatsäulen und Plakattafeln der Gemeinde ist untersagt.

§3

Verwaltungsübertretung

Verstöße gegen die Verordnung über Ankündigungen und Werbeanlagen werden gemäß §55 Abs1 lita Baugesetz von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten bestraft. Bei Vorliegen erschwerender Umstände können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden. Weiters kann auf den Verfall von Gegenständen erkannt werden, die entgegen dieser Verordnung angebracht wurden.

§4

Übergangsbestimmung

Die bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung dieser Verordnung erteilten Bewilligungen der Gemeinde zur Aufstellung von Werbetafeln und Ankündigungen bleiben aufrecht.

Die Bestimmungen des §3 Abs1 litm Landschaftsschutzgesetz, LGBl. Nr. 1/1982, des §84 Abs2 Straßenverkehrsordnung 1960 sowie §48 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, bleiben unberührt.

§5

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1982 in Kraft."

In einer gleichzeitig mit dieser Verordnung und auf gleiche Weise kundgemachten "Benützungsregelung für gemeindeeigene Plakatsäulen und Plakattafeln" wurden nähere Bestimmungen über die Art der Anbringung der Ankündigungen und einen Verzicht der Benützer auf allfällige Schadenersatzansprüche erlassen, eine Ermächtigung zur Entfernung eigenmächtig angebrachter Plakate vorgesehen und ein Tarif für das Anbringen von Ankündigungen auf den gemeindeeigenen Plakatsäulen und Plakattafeln festgelegt.

b) Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Göfis hat folgenden Wortlaut:

"Die Gemeindevertretung von Göfis hat mit Beschluß vom 10. Mai 1983 auf Grund des §17 Abs2 des Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 i. d.F. LGBl. Nr. 2/1982, verordnet:

§1

Geltungsbereich

Die Anbringung von Ankündigungen und Werbeanlagen im gesamten Gemeindegebiet unterliegt den Bestimmungen dieser Verordnung.

Diese Verordnung findet keine Anwendung

a)

für amtliche Druckwerke, die von einer Bundes-, Landes- oder Gemeindebehörde herausgegeben werden;

b)

für Ankündigungen und Werbeanlagen von Wählergruppen, die sich an der Wahlwerbung beteiligen (Parteien) innerhalb sechs Wochen vor Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zu den satzungsgebenden Organen der gesetzlichen Berufsvertretungen, vor der Wahl des Bundespräsidenten und vor Volksabstimmungen auf Grund landes- oder bundesrechtlicher Vorschrift;

c)

bei Werbung für Großveranstaltungen in Vorarlberg, wie z.B. Festspiele, Zirkusgastspiele u.ä. Veranstaltungen.

§2

Ort der Ankündigungen und Werbeanlagen

              a)              Die Gemeinde übernimmt die Errichtung von Plakatsäulen. Die Aufstellungsorte sind in dem als Bestandteil der Verordnung geltenden Lageplan ausgewiesen.

Zur Ankündigung von Veranstaltungen stellt die Gemeinde dem Veranstalter weiters Dreieckständer zur Verfügung. Diese sind vom Veranstalter aufzustellen und ausnahmslos am Tag nach der Veranstaltung von diesem zu entfernen.

b) Für Ankündigungen sind ausnahmslos diese Einrichtungen zu verwenden. Die Anbringung der Ankündigungen an den Plakatsäulen erfolgt über die Gemeinde selbst. Die Ankündigungen sind rechtzeitig im Gemeindeamt abzugeben. Ein Rechtsanspruch auf Anbringung der Ankündigungen besteht nicht. Die Anschlagsdauer wird von der Gemeinde bestimmt.

Für den Fall, daß die ausgehängten Plakate beseitigt oder beschädigt werden, verzichten die Benützer gegenüber der Gemeinde auf etwaige Ansprüche auf Schadenersatz oder Entgeltminderung.

Die eigenmächtige Anbringung von Anschlägen an den Plakatsäulen der Gemeinde ist untersagt. Die Gemeinde ist berechtigt, solche Plakate unverzüglich zu entfernen.

§3

Verwaltungsübertretung

Verstöße gegen die Verordnung über Ankündigungen und Werbeanlagen werden gem. §55 Abs1 lita Baugesetz von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten bestraft. Bei Vorliegen erschwerender Umstände können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden. Weiters kann auf den Verfall von Gegenständen erkannt werden, die entgegen dieser Verordnung angebracht wurden.

§4

Übergangsbestimmungen

Die bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung dieser Verordnung erteilten Bewilligungen der Gemeinde zur Aufstellung von Werbetafeln und Ankündigungen bleiben aufrecht.

Die Bestimmungen des §3 Abs1 litm Landschaftsschutzgesetz, LGBl. Nr. 1/1982, des §84 Abs2 Straßenverkehrsordnung 1960 sowie §48 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, bleiben unberührt.

§5

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 20. Juni 1983 in Kraft."

3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluß vorläufig davon aus, daß die Beschwerden zulässig sind (zur Erschöpfung des Instanzenzuges Hinweis auf VfSlg. 10913/1986) und daß er bei seiner Entscheidung die in Prüfung gezogenen Verordnungen, die die belangte Behörde ihren Bescheiden zugrunde gelegt hatte, anzuwenden haben werde, sodaß die Verordnungsprüfungsverfahren zulässig sein dürften. Seine inhaltlichen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnungen umschrieb der Verfassungsgerichtshof folgendermaßen:

"Die Präambeln der Verordnungen führen als deren gesetzliche Grundlage jeweils §17 Abs2 BauG an. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

'Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung bestimmen, daß Ankündigungen und Werbeanlagen nur in einer bestimmten Form und Größe ausgeführt und innerhalb der Gemeinde nur an bestimmten Orten angebracht oder an bestimmten Orten nicht angebracht werden dürfen.'

Abs1 des §17 BauG sieht eine generelle Bewilligungspflicht für Ankündigungen und Werbeanlagen mit folgendem Wortlaut vor:

'Ankündigungen und Werbeanlagen jeder Art einschließlich Schaukästen und Beleuchtungen dürfen nur mit Bewilligung der Behörde angebracht werden. Die Bewilligung ist zu versagen, wenn das Landschafts- und Ortsbild oder Interessen des Verkehrs beeinträchtigt oder unzumutbare Belästigungen verursacht werden. Wenn solche Gründe für eine Versagung nicht vorliegen, ist die Bewilligung zu erteilen.'

Die übrigen Absätze des §17 BauG sehen Befreiungen von der Bewilligungspflicht vor, regeln näher das Ausmaß und die Art der Anbringung von Ankündigungen und Werbeanlagen und ermächtigen die Behörde, nicht bewilligte Ankündigungen und Werbeanlagen sofort auf Kosten des Eigentümers (Verfügungsberechtigten) zu entfernen. Nach Abs8 des §17 gelten alle diese Vorschriften nicht für Ankündigungen und Werbeanlagen außerhalb des bebauten Gebietes.

Für sich allein betrachtet, enthält §17 Abs2 BauG keine näheren Bestimmungen darüber, nach welchen Kriterien in der Verordnung festzulegen ist, daß Ankündigungen und Werbeanlagen nur in einer bestimmten Form und Größe ausgeführt und innerhalb der Gemeinde nur an bestimmten Orten angebracht oder an bestimmten Orten nicht angebracht werden dürfen. Der Verfassungsgerichtshof geht aber davon aus, daß aus der Gesetzessystematik folgt, daß die Verordnungen nach Abs2 des §17 BauG die Bewilligungspflicht des Abs1 näher auszuführen haben. Daraus folgt, daß die Gemeinde ihr Verordnungsrecht so zu gebrauchen hat, daß die in Abs1 als Voraussetzung der Bewilligung genannten öffentlichen Interessen - Instrumente der örtlichen Planung und des Baurechts - geschützt werden. Dies bedeutet, daß die Gemeinde zwar in ihrer Verordnung die Anbringung von Ankündigungen und Werbeanlagen an bestimmten Orten insoweit vorzusehen oder zu untersagen ermächtigt ist, als sonst durch die Ankündigungen und Werbeanlagen das Landschafts- und Ortsbild oder Interessen des Verkehrs beeinträchtigt oder unzumutbare Belästigungen verursacht würden, daß die Gemeinde aber nicht regeln kann, wer Ankündigungen anbringen und Werbeanlagen errichten darf.

Es scheint, daß durch diese gesetzlichen Bestimmungen der Inhalt der in Prüfung gezogenen Verordnungen nicht gedeckt ist. §2 dieser Verordnungen scheint nämlich jeweils nicht bloß bestimmte Aufstellungsorte für Plakatsäulen und Plakattafeln zum Schutz der in §17 Abs1 leg.cit. genannten öffentlichen Interessen festzulegen, sondern schlechthin die Gemeinde mit einem Monopol zur Errichtung und Bewirtschaftung von solchen Werbeanlagen auszustatten. Abgesehen davon, daß der Wortlaut dieser Bestimmung diese Möglichkeit nicht bietet, scheint es auch der Schutz der in §17 Abs1 BauG genannten öffentlichen Interessen nicht zu erfordern, daß die Gemeinde jeden anderen ausschließt ('Die Gemeinde übernimmt ....', 'erfolgt über die Gemeinde selbst.'). Angesichts dieses - vom Gesetz anscheinend nicht gedeckten - vornehmlichen Regelungsinhaltes der Verordnungen scheint es für die Beurteilung ihrer Gesetzmäßigkeit auch unerheblich zu sein, ob die in der Anlage der Verordnungen jeweils angeführten Standorte der Werbeeinrichtungen und Anlagen im Einzelfall dem §17 Abs1 BauG entsprechen und ob diese Voraussetzungen auch auf andere Orte innerhalb der Gemeinde zutreffen.

Die übrigen Bestimmungen der Verordnungen bauen auf der grundlegenden Norm des jeweiligen §2 auf, ohne diesen haben sie keine Funktion. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, daß die Verordnungen wegen des untrennbaren Zusammenhanges zur Gänze gesetzwidrig sein dürften. Sollte sich diese Annahme im Verordnungsprüfungsverfahren als unzutreffend herausstellen, wird zu erwägen sein, ob dessen ungeachtet die Verordnungen gemäß Art139 Abs3 lita B-VG zur Gänze aufzuheben sind."

4. Weder die Gemeindevertretungen noch die Vorarlberger Landesregierung haben im Verordnungsprüfungsverfahren zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes eine Äußerung abgegeben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Verfahren ist weder vorgebracht worden noch hervorgekommen, daß die Annahmen des Verfassungsgerichtshofes über die Prozeßvoraussetzungen verfehlt oder die gegen die Gesetzmäßigkeit der geprüften Verordnungen sprechenden Bedenken unzutreffend wären.

Es trifft also zu, daß §17 Abs2 BauG in Zusammenhalt mit §17 Abs1 die Gemeinden lediglich ermächtigt, mit Verordnung die Anbringung von Ankündigungen und Werbeanlagen an bestimmten Orten insoweit vorzusehen oder zu untersagen, als sonst durch die Ankündigungen und Werbeanlagen das Landschafts- und Ortsbild oder Interessen des Verkehrs beeinträchtigt oder unzumutbare Belästigungen verursacht würden. Das Gesetz ermächtigt die Gemeinde aber nicht, zu regeln, wer Ankündigungen anbringen und Werbeanlagen errichten darf.

Genau diesen Inhalt haben aber die in Prüfung gezogenen Verordnungen, indem sie jeweils die Errichtung und Bewirtschaftung von solchen Werbeanlagen der Gemeinde selbst übertragen und alle anderen davon ausschließen. Die Verordnungen sind daher vom Gesetz nicht gedeckt und folglich wegen Widerspruchs zu Art18 B-VG aufzuheben, und zwar wegen des untrennbaren Zusammenhangs der einzelnen Bestimmungen der Verordnungen jeweils zur Gänze.

2. Die Verpflichtung der Vorarlberger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Baurecht, Ortsbildschutz, Werbeanlagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:V14.1989

Dokumentnummer

JFT_10109070_89V00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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