TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/28 92/05/0006

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L70704 Theater Veranstaltung Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1976 §32 Abs1;
BauRallg;
BauV OÖ 1985 §35 Abs3;
BauV OÖ 1985 §36 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde 1.) des RF und 2.) der AF in R, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 21.11.1991, Zl. BauR-010680/8-1991 Ho/Vi, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) FM, 2) JM, beide in R, 3) Marktgemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Februar 1991 wurde dem Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung "für den Neubau einer Senkgrube" auf dem Grundstück Nr. 3413/1, EZ. 120 des Grundbuches über die Kat. Gem. K, und "die Errichtung einer überdachten Miststätte" auf dem Grundstück Nr. 3414, EZ. 97 derselben Katastralgemeinde, unter Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer, mit welchen sie Bedenken wegen der Gefährdung der Wasserqualität ihres in der Nähe gelegenen Hausbrunnens geltend gemacht haben, wurden als unbegründet abgewiesen.

Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Juli 1991 keine Folge gegeben, wobei die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Auffassung vertrat, daß keinerlei Beeinträchtigung der Hausbrunnenanlage der Beschwerdeführer gegeben sei. Den Abstandsbestimmungen des § 35 Abs. 3 sowie des § 36 Abs. 7 der OÖ. Bauverordnung 1985 werde Rechnung getragen.

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1991 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt seien.

Die Aufsichtsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß es sich bei der beantragten Düngersammelstätte jedenfalls um ein Gebäude sowie um einen Zubau zu einem bereits vorhandenen Holzstadel handle, allerdings ein geschlossen bebautes Gebiet im Sinne des § 32 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 vorliege, weshalb die Errichtung dieses Zubaues auch innerhalb der in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Abstände zulässig sei. Ferner werde der Vorschrift des § 36 Abs. 7 der OÖ. Bauverordnung 1985 entsprochen, da die geplante Düngersammelstätte von der Quellfassung der Beschwerdeführer 11 m entfernt sei, wobei die Baubehörden erster und zweiter Instanz im Hinblick auf die Einhaltung dieses Mindestabstandes zu Recht davon abgesehen hätten, in analoger Anwendung des § 35 Abs. 3 leg. cit. den mitbeteiligten Bauwerbern die Einhaltung eines größeren Abstandes als 11 m nahezulegen. Die Düngersammelstätte werde daher in einem ausreichenden Abstand zur Quellfassung errichtet. Außerdem soll sie flüssigkeitsdicht sein. Obwohl die vorgesehene Düngersammelanlage nicht den im § 36 Abs. 7 erster Satz leg. cit. normierten Abstand zur Nachbargrenze bzw. zu Aufenthaltsräumen einhalte, sei davon auszugehen, daß die Anlage in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem sich ausschließlich Landwirtschaftsbetriebe befinden. Weiters habe der bautechnische Amtssachverständige festgestellt, daß es sich bei der vorgesehenen Düngersammelstätte um eine für die örtlichen Verhältnisse kleine Anlage handle. Daraus lasse sich der Schluß ziehen, daß auch die von dieser Düngersammelstätte zu erwartenden Geruchsbelästigungen das ortsübliche Ausmaß nicht überschreiten. Schließlich führte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides noch aus, daß die Regelung des § 36 Abs. 7 zweiter Satz leg. cit. den Nachbarn nur hinsichtlich der Geruchsbelästigungen ein subjektiv-öffentliches Recht einräume. Ein Schutz vor qualitativer Beeinträchtigung von Quellfassungen lasse sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten, weshalb der diesbezügliche Einwand der Beschwerdeführer zu Unrecht erhoben worden sei. Die erteilte Baubewilligung entspreche daher den baurechtlichen Vorschriften.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien erwogen:

Der einleitend geäußerten Auffassung der Beschwerdeführer, im Hinblick auf die schon bei der Bauverhandlung vorhanden gewesene, konsenslos errichtete Düngerstätte hätte die Baubehörde zunächst gemäß § 61 der OÖ. Bauordnung 1976 einen Abtragungsauftrag erteilen müssen, wobei die Entfernung dieser aus einer Betonplatte bestehenden Düngersammelstelle einen gemäß § 41 Abs. 1 leg. cit. bewilligungspflichtigen Vorgang darstelle, ist zu entgegnen, daß dem angefochtenen Bescheid ein Berufungsbescheid zugrunde liegt, mit welchem dem Ansuchen der mitbeteiligten Bauwerber um die Erteilung der Baubewilligung für den "Neubau einer Senkgrube und für die Errichtung einer überdachten Miststätte" Folge gegeben worden ist, weshalb Gegenstand des Verfahrens nur die Frage sein kann, ob die Beschwerdeführer durch die Erteilung dieser Baubewilligung in ihren subjektiv-öffentlichen, aus baurechtlichen Vorschriften ableitbaren Nachbarrechten verletzt worden sind. Die Beschwerdeführer sind daher nicht etwa dadurch in ihren Rechten verletzt worden, daß die Baubehörden im Rahmen des vorliegenden Projektgenehmigungsverfahrens nicht - wie die Beschwerdeführer meinen, als Vorfrage - erörtert haben, ob die vorhandene Betonplatte zum Gegenstand eines Entfernungsauftrages zu machen und dafür überdies eine baubehördliche Bewilligung gemäß § 41 Abs. 1 lit. e der OÖ. Bauordnung 1976 einzuholen ist.

Auf die von den Beschwerdeführern unter dem Gesichtspunkt der Anwendung der Abstandsbestimmungen des § 32 der OÖ. Bauordnung 1976 aufgeworfene Frage, ob es sich bei der geplanten (überdachten) Düngersammelstelle um einen Neubau oder Zubau handelt, braucht nicht eingegangen zu werden, weil im § 32 Abs. 1 leg. cit. ausdrücklich vorgesehen ist, daß "hinsichtlich der Lage und Höhe von baurechtlich bewilligungspflichtigen Gebäuden die Bestimmungen der folgenden Absätze gelten, sofern sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt". Im Beschwerdefall ist aber von der Geltung einer derartigen lex specialis auszugehen, weil im § 36 Abs. 7 der OÖ. Bauverordnung 1985 besondere Vorschriften über den Abstand von "Sammelanlagen für festen Dünger" von der Nachbargrenze enthalten sind. Die Sätze 1 und 2 dieser seit 1. Oktober 1989 als Landesgesetz geltenden Vorschrift (vgl. LGBl. Nr. 37/1989) haben nachstehenden Wortlaut:

"(7) Sammelanlagen für festen Dünger sowie offene und geschlossene Jauche- und Güllegruben sind außerhalb von Wohngebäuden und Stallungen anzulegen, flüssigkeitsdicht herzustellen und müssen von der Nachbargrenze einschließlich der Straßengrundgrenze, von Brunnen sowie von Aufenthaltsräumen mindestens 10 m entfernt sein. In Gebieten, in denen sich ausschließlich Landwirtschaftsbetriebe befinden, ist ein geringerer Abstand von der Nachbargrenze und von Aufenthaltsräumen zulässig, wenn die zu erwartende Geruchsbelästigung das ortsübliche Ausmaß voraussichtlich nicht überschreitet."

Der zweite Satz dieser Regelung erklärt also eine Unterschreitung des 10 m-Abstandes zur Nachbargrenze dann für zulässig, wenn die zu erwartende GERUCHSBELÄSTIGUNG das ortsübliche Ausmaß voraussichtlich nicht überschreitet, weshalb es sich bei dieser Sonderregelung um eine zum Schutz der Nachbarn vor Geruchsbelästigungen durch Sammelanlagen für festen Dünger handelt. Dieser Erwägung kommt im Beschwerdefall deshalb entscheidende Bedeutung zu, weil die Beschwerdeführer bei der im Gegenstande unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG abgehaltenen Bauverhandlung keine Einwendung erhoben haben, mit welcher eine zu erwartende Geruchsbelästigung geltend gemacht worden ist. Die Beschwerdeführer sind daher in dieser Hinsicht als präkludiert anzusehen, weshalb auch unter dem Gesichtspunkt der Prüfung der Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, daß die Abstandsvorschriften des § 36 Abs. 7 der OÖ. Bauverordnung 1985 durch das Projekt der mitbeteiligten Bauwerber eingehalten werden. Daher erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der im Zusammenhang mit der behaupteten Geruchsbelästigung erhobenen Verfahrensrüge der Beschwerdeführer.

Zu dem auf § 35 Abs. 3 leg. cit. bezugnehmenden Beschwerdevorbringen ist Nachstehendes zu bemerken:

Nach dieser Vorschrift müssen Brunnen und Quellfassungen für Trinkwasserzwecke baulich so ausgestattet werden, daß eine Verunreinigung ausgeschlossen ist. Sie müssen, soweit nach anderen Vorschriften nichts anderes bestimmt ist oder bewilligt wurde, von Sammelanlagen für festen Dünger, Jauche- und Güllegruben, Senkgruben, Kläranlagen und offenen Gerinnen mindestens 10 m und von den Nachbargrenzen einschließlich der Straßengrundgrenze mindestens 5 m entfernt sein. Größere Abstände oder weitergehende Vorkehrungen sind von der Baubehörde im Einzelfall festzulegen, wenn es die örtlichen Verhältnisse im Interesse der Reinhaltung des Trinkwassers erfordern.

Diese Vorschriften werden durch das Projekt der mitbeteiligten Bauwerber jedenfalls insoweit eingehalten, als die Quellfassung der Beschwerdeführer von der geplanten Düngersammelstätte 11 m entfernt sein wird. Die Beschwerdeführer haben in diesem Zusammenhang offensichtlich übersehen, daß die eben wiedergegebenen Vorschriften den Abstand von Quellfassungen u.a. zu den Sammelanlagen für festen Dünger regeln, also nicht vorschreiben, wie weit derartige Anlagen von der Grundgrenze entfernt sein müssen. Die weitere Vorschrift dieser Gesetzesstelle, wonach QUELLFASSUNGEN von den Nachbargrenzen mindestens 5 m entfernt sein müssen und gegebenenfalls größere Abstände festzulegen sind, ist im Beschwerdefall nicht anzuwenden, weil in dem hier gegebenen Zusammenhang nicht die Zulässigkeit der bereits bestehenden und nicht den Gegenstand des Projektes der mitbeteiligten Bauwerber bildenden Quellfassung für Trinkwasserzwecke, sondern allein die Frage zu prüfen ist, ob die geplante SAMMELANLAGE FÜR FESTEN DÜNGER den baurechtlichen Vorschriften und damit auch dem § 35 Abs. 3 leg. cit. entspricht. Daher wurden auch in dieser Hinsicht keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt, woraus sich überdies ergibt, daß die von ihnen "vor allem in bezug auf die Gefährdung unseres Brunnens" geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vorliegt, weil den wiedergegebenen baurechtlichen Bestimmungen keine Verpflichtung der BAUBEHÖRDE zu einer weitergehenden Bedachtnahme auf Interessen der Nachbarschaft zum Schutz vor schädlichen Einwirkungen auf ihre Quellfassungen für Trinkwasserzwecke entnommen werden kann.

Rechte der Beschwerdeführer sind entgegen ihrer Auffassung auch nicht dadurch verletzt worden, daß die Baubehörden den mitbeteiligten Bauwerbern nicht vorgeschrieben haben, "für eine geeignete Bauaufsicht vorzusorgen, um Bestätigungen zur Vorlage zu bringen, wonach das Bauwerk tatsächlich flüssigkeitsdicht errichtet wird", weil, wie schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt hat, durch zwei Gutachten von Amtssachverständigen, denen die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sind, klargestellt ist, daß die geplante Düngersammelanlage im Hinblick auf die vorgesehenen baulichen Maßnahmen flüssigkeitsdicht ausgeführt werden wird.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050006.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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