TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/28 91/04/0332

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §8;
B-VG Art130 Abs2;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1 bis Z5;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):E 28.4.1992, 91/04/0331

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. November 1991, Zl. 5/02-12.240/4-1991, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Strafausspruches sowie des Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg, datiert vom 15. November 1990, wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben es als Mitglied des Vorstandes und in dieser Eigenschaft als ein gem. § 9 Verwaltungsstrafges. 1950 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. Y-AG zu verantworten, daß die von dieser Firma als Eigentümer der Liegenschaft GP. Nr. 1218/1, 1218/9, 1218/10, 1218/11 und 1216, EZ 455, KG A, mit dem Standort X-Str. 19, seit Anfang Jän. 1990 ein Gastgewerbebetrieb der Betriebsart "Hotel" (P-Hotel) mit 249 Zimmern, Kongreß- und Betriebsräumen errichtet wird, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein."

Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 i.Z.m. § 74 Abs. 2 GewO 1973 begangen und es werde hiefür nach der bezeichneten Verwaltungsstrafnorm über ihn eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Anzeige der Magistratsabteilung I/02 - Gewerbeamt vom 16. März 1990 seien die am 14. März 1990 erstellten Beweismittel angeschlossen, aus denen unmißverständlich zu entnehmen sei, daß mit dem Beginn der bezeichneten Bauausführung schon vor mindestens zwei Monaten begonnen worden sei. Aus den der Behörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und insbesondere aus dem Schreiben des eingeschrittenen Vertreters des Beschwerdeführers vom 12. April 1990 sei zu entnehmen, daß der bezeichnete Gastgewerbebetrieb von der angeführten Gesellschaft errichtet werde. Diese Gesellschaft habe mit Kaufvertrag vom 25. April 1989 die bezeichneten Liegenschaften käuflich erworben und errichte als Eigentümerin am genannten Standort einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Hotel". Der Beschwerdeführer als zur Einzelvertretung der genannten Gesellschaft berufenes Organ wäre daher verpflichtet gewesen, vor dem Beginn der Bauausführungen zur Errichtung des Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart "Hotel" am bezeichneten Standort eine Genehmigung nach den Vorschriften der Gewerbeordnung zu erwirken. Da mit der Errichtung begonnen worden sei, ohne daß eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorliege, seien die Tatbestandsvoraussetzungen der im Spruch bezeichneten Verwaltungsübertretung erfüllt. Im Hinblick auf den Umfang des im Entstehen begriffenen Gaststättenbetriebes könne dem Unrechtsgehalt der Tat nur die in der Gewerbeausübung hiefür vorgesehene Höchststrafe entsprechen. Beim Beschwerdeführer könne ein Einkommen in einer Höhe angenommen werden, wonach die ausgesprochene Strafe auch den persönlichen Verhältnissen angemessen sei.

Über eine seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobene Berufung erkannte der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom 6. November 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 19, 24, 44a und 51 VStG sowie § 74 Abs. 2 und § 356 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1973 dahin, daß der Berufung keine Folge gegeben werde. Das angefochtene Straferkenntnis werde mit der Maßgabe bestätigt, daß nach der Wortfolge "zur Vertretung nach außen berufenes Organ der" das Wort "Firma" zu entfallen habe, sowie anstelle der Angabe "von dieser Firma als Eigentümer" die Wortfolge "von dieser Gesellschaft als Eigentümerin" zu treten habe. Weiters werde nach dem Datum "Anfang Jänner 1990" die Wortfolge "bis 15.11.1990" eingefügt. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, in der Berufung werde im wesentlichen vorgebracht, daß bisher kein Gastgewerbebetrieb sondern lediglich ein Rohbau im Entstehen begriffen sei, der noch keinerlei Merkmale einer Betriebsanlage aufweise. Vor Errichtung der für den Betrieb eines Hotels erforderlichen Einrichtung (Ausstattung der Hotelzimmer, Einrichtung der Küche usw.) liege hier in keinem Fall eine Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 vor. Die in Rede stehende Gesellschaft (im folgenden kurz Y-AG) habe diesen Rohbau auf Grund einer rechtskräftigen Baubewilligung errichtet. Nach Fertigstellung werde der Rohbau an die P Hotelbetriebsführungs Ges.m.b.H. (im folgenden kurz P) vermietet. Nicht die Y-AG, sondern die P beabsichtige, den Rohbau zu einem Hotel auszubauen und diesen zu betreiben, weshalb die P auch den Antrag auf Betriebsanlagengenehmigung gestellt habe. Errichte und vermiete der Betreiber ein als Hotel gewidmetes Gebäude lediglich, falle dies nicht unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung. Selbst die Zurverfügungstellung der für den Betrieb des Hotels erforderlichen Einrichtungen unterliege lediglich baurechtlichen Vorschriften. Die bloße Raumvermietung stelle keine unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung fallende Tätigkeit dar, was auch für die mietweise Bereitstellung eines Gebäudes zum Zwecke des Betriebes eines Hotels gelte. Dazu werde festgestellt, es sei nicht bestritten worden, daß die Y-AG als Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaften durch zwei beauftragte Generalunternehmer (S-Österreich-AG und die I-GmbH), das in Rede stehende Gebäude seit Anfang Jänner 1990 errichte. Weiters sei außer Streit gestellt worden, daß der Beschwerdeführer ein zeichnungsberechtigtes Vorstandsmitglied und somit ein gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes, strafrechtlich verantwortliches Organ der Y-AG sei. Die Errichtung einer gewerblichen Betriebsanlage bedürfe einer gewerbebehördlichen Genehmigung, wenn die Betriebsanlage geeignet sei, Gefährdungen oder Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 dieser Bestimmung hervorzurufen, was nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bei einem Hotel - noch dazu bei der gegebenen Größenordnung des Objektes und der dichten Bebauung der unmittelbaren Umgebung - der Fall sei. Aus der im § 80 Abs. 4 GewO 1973 normierten dinglichen Wirkung einer Betriebsanlagengenehmigung folge zwingend, daß es im gegenständlichen Fall ohne Belang sei, ob der spätere Betreiber der Anlage selbst um die Betriebsanlagengenehmigung angesucht habe. Vielmehr sei darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt des Beginnes der Errichtung der genehmigungspflichtigen Anlage eine - gleichgültig von wem erwirkte - rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorliege. Seinem Vorbringen nach übersehe der Beschwerdeführer offensichtlich, daß die Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 nicht darauf abstelle, ob durch das Errichten einer Betriebsanlage eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde oder nicht. Entscheidend sei vielmehr, daß die Y-AG ein Gebäude errichtet habe, das von Anfang an dazu bestimmt gewesen sei, einer gewerblichen Tätigkeit, nämlich der Ausübung des Gastgewerbes, zu dienen. Die Genehmigung für eine Betriebsanlage müsse in jedem Fall schon vor deren Errichtung vorliegen, da der Gewerbeinhaber bereits im Stadium der Planung die für den Betrieb der Anlage im öffentlichen Interesse erforderlichen Auflagen erfahren solle, zumal in diesem Stadium ohne Schwierigkeiten und ohne erhebliche Mehrkosten Änderungen des Projektes noch vorgenommen werden könnten. Nachträglich, nach Errichtung der Anlage, könnte der Gewerbeinhaber derartige Vorschreibungen der Gewerbebehörde entweder überhaupt nicht erfüllen, was eine Verweigerung der Genehmigung der Anlage zur Folge haben müßte, oder es wären zu ihrer Erfüllung vielfach unverhältnismäßig große und unwirtschaftliche Aufwendungen (Umbauten usw.) erforderlich. Dabei sei - entgegen dem Berufungsvorbringen - die Genehmigungspflicht nicht auf die für den Betrieb eines Hotels erforderlichen einzelnen Einrichtungen, wie die Ausstattung der Hotelzimmer, Einrichtung der Küche usw. eingeschränkt, sondern umfasse die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstelle, und somit bereits auch den Rohbau. Die Y-AG habe im vorgeworfenen Zeitraum eine gewerbebehördliche Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet. Gemäß § 44a lit. a VStG habe der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Er habe somit den Anfang und das Ende des Zeitraumes in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen. Der Zeitraum der gegenständlichen Verwaltungsübertretung habe mit Anfang Jänner 1990 begonnen und mit dem Datum des erstbehördlichen Straferkenntnisses, dem 15. November 1990, geendet. Zur Strafbemessung sei auszuführen, daß für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe bis zum Ausmaß von S 50.000,-- verhängt werden könne. Ergänzend zu den erstbehördlichen Ausführungen sei davon auszugehen, daß die Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, was schon daraus ersichtlich sei, daß Anrainer Anlaß zu Beschwerden gefunden hätten und darüber hinaus im Gefolge der durchgeführten Arbeiten am Nachbarprojekt schwere Bauschäden aufgetreten seien. Ansonsten seien der Behörde keine Strafmilderungsgründe bekannt geworden. An Verschulden sei zumindest Fahrlässigkeit zuzurechnen. Da der Beschwerdeführer trotz Aufforderung keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht habe, sei im Hinblick auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Y-AG für die Strafbemessung von einem durchschnittlichen Einkommen auszugehen. Im Hinblick auf den Umfang des im Entstehen begriffenen Gastgewerbebetriebes und den damit verbundenen hohen Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat sei in Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz nur die Verhängung der Höchststrafe gemäß § 19 VStG als angemessen anzusehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. einleitend vor, auf Grund einer rechtskräftigen Baubewilligung sei auf den angeführten Liegenschaften von den von der Y-AG beauftragten Generalunternehmern ein Rohbau errichtet worden. Im Mietvertrag vom 28. April 1989 habe die Y-AG das gesamte Gebäude an die P vermietet. Gemäß Punkt III. Abs. 1 in Verbindung mit Punkt VII. dieses Mietvertrages beginne das Bestandverhältnis mit Fertigstellung des Gebäudes. Die Y-AG leiste Gewähr für das Vorliegen der für die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung erforderlichen Voraussetzungen. Die Betriebsanlagengenehmigung selbst sei von der P zu bewirken. Der Rohbau sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz noch nicht fertiggestellt gewesen, sodaß das Bestandverhältnis mit der P zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen gehabt habe. Die P habe mit Antrag vom 5. September 1989 bei der Erstbehörde um Genehmigung einer Betriebsanlage gemäß §§ 74 ff GewO 1973 angesucht. Diesem Antrag sei mit Bescheid dieser Behörde vom 28. Oktober 1991 in erster Instanz entsprochen worden. Das Verfahren habe von der Antragstellung bis zur nunmehrigen Genehmigung insgesamt über zwei Jahre gedauert, ohne bisher rechtskräftig abgeschlossen zu sein. Den Auftrag zur Herstellung der Inneneinrichtung - mit deren Einbau der Rohbau überhaupt erst die Merkmale einer Betriebsanlage aufweise - habe die P direkt an die mit der Errichtung des Rohbaues beauftragten Generalunternehmer erteilt. Der Betrieb eines als Hotel gewidmeten Gebäudes in der Weise, daß "der Betreiber (Y-AG)" das Gebäude lediglich errichte und vermiete, falle nicht unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung. Selbst die Zurverfügungstellung der für den Betrieb des Hotels erforderlichen Einrichtungen stelle keine unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung fallende Tätigkeit dar. Diese Einrichtungen seien einzig und allein nach baurechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Der Vermieter eines Gebäudes entfalte wohl eine selbständige und dauernde, im Interesse eines Erwerbes geübte, also auf Gewinn gerichtete Tätigkeit. Dieser Umstand besage aber noch nicht, daß ein solcher Unternehmer ein Gewerbe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG ausübe, denn der Inhalt auch dieses Kompetenzbegriffes sei im Wege der historischen Auslegung zu ermitteln. Die Leistung von Diensten im Zusammenhang mit Vermietungen sei nur dann eine unter die Gewerbeordnung fallende Tätigkeit, wenn zur bloßen Raumvermietung noch irgendeine Dienstleistung oder Haftung hinzutrete, da die bloße Raumvermietung im allgemeinen nicht als Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung angesehen werden könne. Sei demnach die bloße Raumvermietung keine unter die Gewerbeordnung fallende Tätigkeit, so gelte dies - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - auch für die mietweise Bereitstellung eines Rohbaues zum Zwecke der Errichtung und des Betriebes eines Hotels. Der Rohbau sei einzig und allein dazu bestimmt, an die P vermietet zu werden und der Erzielung regelmäßiger Einkünfte aus dessen Raumvermietung für die Y-AG zu dienen. Richtig sei, daß es der Y-AG unbenommen geblieben wäre, die für die von der P ausgeübte gewerbliche Tätigkeit erforderliche Betriebsanlagengenehmigung zu beantragen. Der Y-AG sei es aber auch frei gestanden, der P als Mieterin des Rohbaues die Antragstellung um die Betriebsanlagengenehmigung zu überlassen. Die Y-AG beabsichtige nicht, in diesem Rohbau irgendeine unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung fallende Täigkeit zu entfalten. "Errichter" der Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 sei daher nicht die Y-AG, die lediglich den Auftrag zur Errichtung eines Rohbaues gegeben habe, sondern die P, die die Herstellung der Inneneinrichtung direkt beauftragt habe. Sollte jedoch entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers tatsächlich bereits die Errichtung des Rohbaues bewilligungspflichtig gewesen sein, könnten jedenfalls nicht die Organe der Y-AG sondern allenfalls jene der mit der Errichtung beauftragten ARGE Adressat eines Strafbescheides gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 74 Abs. 2 GewO 1973 sein. Die ARGE und nicht die Y-AG hätten nämlich den Rohbau und die Innenausstattung errichtet. Überdies erachte der Beschwerdeführer den Begriff "Errichtung" im § 74 Abs. 2 GewO 1973 als im Lichte des Art. 18 B-VG zu wenig bestimmt. Es scheine unklar, bis in welches Stadium eine Betriebsanlage erbaut werden müsse, damit eine "Errichtung" im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 gegeben sei. Es werde daher angeregt, der Verwaltungsgerichtshof möge von Amts wegen ein Verfahren auf Gesetzesprüfung einleiten. Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht habe aber die belangte Behörde auch nicht in ausreichendem Maße Erhebungen durchgeführt und Feststellungen getroffen. Lediglich subsidiär sei in Ansehung der Strafbemessung zu rügen, daß die belangte Behörde bei ihrer Strafbemessung davon ausgegangen sei, es habe ihrer Ansicht nach die begangene Tat insofern nachteilige Folgen nach sich gezogen, als Anrainer Anlaß zu Beschwerden gefunden hätten, und daß im Zuge der durchgeführten Arbeiten am Nachbarprojekt schwere Bauschäden aufgetreten seien. Abgesehen davon, daß diese Feststellung keine Deckung im Ermittlungsverfahren finde, seien nach herrschender Rechtsprechung und Lehre die durch Errichtungsarbeiten selbst auftretenden Störungen nicht Gegenstand der Betriebsanlagengenehmigung. Weiters habe die belangte Behörde ausgeführt, es seien ihr keine Strafmilderungsgründe bekannt geworden. Wie aber durch die Schriftsätze des Beschwerdeführers zweifellos während des gesamten Verfahrens aktenkundig gewesen sei, habe die P um die Betriebsanlagengenehmigung nachgesucht und diese erstinstanzlich auch bewilligt erhalten. Zumindest bei der Strafbemessung hätte also der Umstand, daß die im § 74 GewO 1973 genannten Interessen ohnehin in einem entsprechenden Verfahren berücksichtigt würden, entsprechend Beachtung erfahren müssen. Gemäß § 34 Z. 3 StGB sei als mildernd anzusehen, wenn die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen worden sei. Wie der Beschwerdeführer immer wieder ausgeführt habe, sei er der Ansicht, daß alle entscheidenden Interessen im Bauverfahren berücksichtigt worden seien, ihm sei es lediglich um die möglichst rasche Vertragserfüllung der P gegenüber gegangen. Darauf, daß ein Bauvorhaben, wie das gegenständliche, auch insgesamt von bedeutendem Interesse für die Allgemeinheit oder zumindest für die lokale Salzburger Wirtschaft sei, sei an dieser Stelle nur hinzuweisen. Sollte der Verwaltungsgerichtshof überdies - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - zur Ansicht kommen, daß dieser überhaupt eine gesetzlich strafbare Handlung begangen habe, sei auch noch auf Z. 12 des § 34 StGB zu verweisen, der dann, wenn die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen worden sei, dies ebenfalls als Milderungsgrund zu werten sei. Die Behörde habe es auch unterlassen, Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers einzuholen; die von der Behörde in ihrem Erkenntnis angeführte Aufforderung sei dem Beschwerdeführer nicht zugekommen.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Nach Abs. 2 dürfen gewerbliche Betriebsanlage nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in Z. 1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Bei Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage kommt es nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich im Gesetz näher bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 3 bis 5 GewO 1973 nicht auszuschließen sind. Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen (vgl. hiezu u.a. die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. 91/04/0239, und die dort zitierte weitere

hg. Rechtsprechung).

Daß es sich bei der in Rede stehenden Bauführung um ein Vorhaben handelt, auf das im Sinne der behördlichen Annahme die Tatbestandsmerkmale des § 74 Abs. 1 und 2 GewO 1973 für das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlage zutreffen, wird in dieser Hinsicht auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt, laut dessen Vorbringen die Y-AG Gewähr für das Vorliegen der für die Erteilung einer Betriebsanlagenenehmigung erforderlichen Voraussetzungen geleistet habe.

Ausgehend davon ergeben sich folgende Überlegungen:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung - die mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist -, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 12. Februar 1982, Zl. 81/04/0078, dargetan hat, enthält diese Gesetzesstelle zwei - alternative - Straftatbestände, wobei der Tatbestand des "Errichtens" einer derartigen Betriebsanlage mit der Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhalts abgeschlossen ist, was auch für den Fall mehrfacher derartiger Einzelhandlungen für die jeweils in Betracht kommende Handlung gilt, wobei in diesem Zusammenhang allerdings auch die Frage des allfälligen Vorliegens der Voraussetzungen für die Annahme eines "fortgesetzten Deliktes" zu prüfen ist.

Ausgehend davon kann aber der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung bzw. ein ihr unterlaufener entscheidungserheblicher Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie im Hinblick auf die in dem im angefochtenen Bescheid bezeichneten Zeitraum durchgeführte Bauführung von der Erfüllung des Tatbestandsmerkmales des "Errichtens" im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 ausging, wobei es in diesem Zusammenhang auch als nicht entscheidungsrelevant anzusehen ist, daß entsprechend der diesbezüglichen Beschwerdebehauptung der "Rohbau" noch nicht beendet gewesen sei. Der Rechtsbegriff des "Errichtens" erscheint somit hinreichend determiniert, sodaß nach dem dargestellten Normeninhalt für den Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang auch keine Veranlassung zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof im Sinne der diesbezüglichen "Beschwerdeanregung" bestand.

Sofern aber der Beschwerdeführer die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung in Ansehung seiner Person deshalb in Abrede stellt, da der Hotelbetrieb nach Fertigstellung des "Rohbaues" durch die P beabsichtigt sei, die auch schon einen Antrag auf entsprechende gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungen eingebracht habe, so ist dem folgendes entgegenzuhalten:

"Errichter" einer Betriebsanlage ist derjenige, der im Sinne der obigen Darlegungen als Inhaber eine Handlung zur Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes durchführt bzw. dem eine derartige Auftragserteilung zuzurechnen ist. Danach ist aber diese persönliche Tatbestandsvoraussetzung auch erfüllt, wenn die im Sinne der obigen Darlegungen "errichtete" Betriebsanlage von einer anderen Person betrieben werden soll, und zwar auch dann, wenn diese zu einem späteren Zeitpunkt einen bereits errichteten "Betriebsanlagen-Rohbau" in Hinsicht auf den Betriebsanlagenzweck durch entsprechende Einrichtungen komplettiert. Insbesondere ist aber auch nicht Tatbestandsvoraussetzung des "Errichtens" im Sinne des in Rede stehenden Verwaltungsstraftatbestandes, daß etwa der Errichter bereits über eine zum beabsichtigten Betrieb entsprechende Gewerbeberechtigung verfügt.

Auch unter Beachtung des Beschwerdevorbringes treffen aber die vorangeführten Tatbestandsvoraussetzungen nach dem hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt auf die Y-AG - und somit auf den Beschwerdeführer als das im Sinn des § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ - zu, nicht jedoch auf die P bzw. im Sinne der weiters angestellten Beschwerdeannahme auf die lediglich im Auftrag der Y-AG handelnden baudurchführenden Unternehmen.

In Ansehung des Schuldspruches vermag somit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde noch auch einen ihr unterlaufenen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel zu erkennen.

Zu Recht bemängelt aber der Beschwerdeführer die verwaltungsbehördliche Strafbemessung.

Nach der Anordnung des § 60 AVG - diese Bestimmung gilt zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren - sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrnes, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10.077/A).

Diesem Begründungserfordernis kam aber die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht nach. Wenn es nämlich auch zutrifft, daß der Verfahrensgrundsatz, wonach die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei auch im Verwaltungsstrafverfahren nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, befreit, und daß der Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes insbesondere dort Bedeutung zukommt, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenhang mit der Partei geklärt werden kann, wenn also der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktiche Grenzen gesetzt sind, so bildet - ungeachtet der Frage, ob bzw. inwieweit der Beschwerdeführer bei Feststellung seiner persönlichen Verhältnisse mitgewirkt hat - die bloße Anführung im angefochtenen Bescheid, es sei im Hinblick auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Y-AG für die Strafbemessung von einem "durchschnittlichen Einkommen" auszugehen, keine geeignete Grundlage, um eine Ermessenskontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung der Strafbemessung durch die belangte Behörde zu ermöglichen. Des weiteren kann einem Umstand, wonach Anrainer Anlaß zu Beschwerden gefunden hätten, schon begrifflich keine für die Strafbemessung maßgebliche Relevanz zukommen und es ist auch ferner aus den Darlegungen im angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich, inwiefern - über die Durchführung eines bewilligten Bauvorhabens hinaus - der Eintritt von Bauschäden "am Nachbarprojekt im Gefolge der durchgeführten Arbeiten" durch die fehlende gewerbebehördliche Genehmigung bedingt ist.

In Hinsicht darauf, daß der angefochtene Bescheid dieser Begründungspflicht nicht genügte, war er insoweit - nämlich hinsichtlich des Strafausspruches und des damit untrennbar verbundenen Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im übrigen (hinsichtlich des im angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltenen Schuldspruches der Behörde erster Instanz) war jedoch die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Kostenersatzanspruches auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens gründet sich auf die gesetzliche Kostenpauschalierung.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerErmessenPersönliche Verhältnisse des BeschuldigtenBegründung von Ermessensentscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040332.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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