TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/29 90/13/0079

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.1992
beobachten
merken

Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §34 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. NN, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 6. Oktober 1989, GZ. 6/1-1286/87-01, betreffend Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1985 beantragte der Beschwerdeführer, einen Betrag von S 240.000,-- als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Bei der Ermittlung der Einkommensteuer sei nicht berücksichtigt worden, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1985 vier Kinder im Alter zwischen fünf und sechzehn Jahren zu erhalten hatte. Laut angeschlossener Aufstellung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes habe es 1985 rund 5 % Familien gegeben, die drei oder mehr Kinder zu erhalten hatten. Es sei damit zu rechnen, daß weniger als die Hälfte dieser Mehr-Kinder-Familien vier Kinder zu versorgen gehabt hätten. Nach Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen seien bei Haushaltsausgaben von S 29.000,-- pro Monat S 15.900,-- für drei Kinder im Alter von 10 - 19 Jahren und S 13.470,-- für Kinder im Alter von 0 - 10 Jahren erforderlich. Danach seien für die vier Kinder des Beschwerdeführers S 20.390,-- pro Monat notwendig. Die tatsächlichen Aufwendungen des Beschwerdeführers seien jedoch beträchtlich höher, da die schulpflichtigen Kinder eine Privatschule besuchten. Dazu seien noch kostspielige Sprachstudien im Ausland gekommen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat darin insbesondere die Auffassung, daß die üblicherweise mit der Erziehung und Ausbildung verbundenen Aufwendungen nicht als außergewöhnlich anzusehen seien.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Mit Beschluß vom 27. Februar 1990, B 1442/89, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhalts der angefochtenen Berufungsentscheidung und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1972 in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung - da der Beschwerdefall nicht Anlaßfall war, ohne Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1991, G 188, 189/91-15, kundgemacht unter BGBl. Nr. 45/1992 - liegt eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972) größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit lediglich, die belangte Behörde habe sich mit seiner Argumentation, daß der äußerst seltene Fall einer Unterhaltsverpflichtung für vier Kinder eine außergewöhnliche Belastung darstellt, nicht auseinandergesetzt. Mit diesem Vorbringen kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan werden: Die Wortfolge "gleichen Familienstandes" stellt nicht nur darauf ab, ob der Steuerpflichtige ledig (geschieden, verwitwet) oder verheiratet ist, sondern es ist damit auch die Anzahl der Kinder gemeint, für die er zu sorgen hat (vgl. den Einleitungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes im Verfahren G 188, 189/91, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1987, 87/14/0152). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wird somit durch die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung für vier Kinder das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG 1972 in der im Streitfall anzuwendenden Fassung nicht erfüllt.

Bei dieser Rechtslage stellt auch der Umstand, daß die belangte Behörde es zu prüfen unterlassen hat, ob der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Betrag der außergewöhnlichen Belastung "angemessen" sei, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, zumal der Beschwerdeführer nicht ausgeführt hat, zu welchem anders lautenden Bescheid die Behörde auf Grund derartiger Feststellungen hätte gelangen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990130079.X00

Im RIS seit

29.04.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten