TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/29 90/13/0228

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Veröffentlicht am 29.04.1992
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Index

21/02 Aktienrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
33 Bewertungsrecht;

Norm

AktG 1965 §133 Z2;
BAO §115 Abs1;
BAO §136;
BAO §167 Abs2;
BewG 1955;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6 Z2;
EStG 1972 §6;
KStG 1966 §14;
KStG 1966 §8 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der A-GmbH in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom 25. Juli 1990, Zl. 6/2 - 2093/85-10, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1981 und 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war in den Jahren 1981 und 1982 Alleingesellschafterin u.a. der A.M. GmbH und der A.I. GmbH, deren Stammkapital jeweils S 3,500.000,-- betrug. Mit diesen Tochtergesellschaften hatte die Beschwerdeführerin Ergebnisabführungsverträge abgeschlossen, denen die steuerliche Anerkennung im Sinne der Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 versagt bleiben mußte, was zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig ist.

Den von der A.M. GmbH im Jahre 1981 erlittenen Verlust von über 25 Mio S und die von der A.I. GmbH in den Jahren 1981 und 1982 erlittenen Verluste von über 3,8 Mio S und über 7,3 Mio S behandelte die diese Verluste ihrer Tochtergesellschaften abdeckende Beschwerdeführerin in ihren Bilanzen als sofort abziehbare Betriebsausgaben. Der Betriebsprüfer wertete hingegen die von der Beschwerdeführerin übernommenen Verluste im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung als Einlagen in ihre Tochtergesellschaften und neutralisierte die Betriebsausgaben durch Aktivierung gleich hoher Beträge auf ihrem Beteiligungskonto. Den von der A.M. GmbH für das Jahr 1982 an die Beschwerdeführerin ausgeschütteten Gewinn zog er als bei der Beschwerdeführerin auf Grund des Schachtelprivilegs nicht steuerpflichtige Einnahme außerbilanzmäßig ab. Die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide des Finanzamtes für die Jahre 1981 und 1982 folgten dieser Vorgangsweise des Betriebsprüfers.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin in dem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren relevanten Umfang gegen die Aktivierung der Verlustabdeckungszuschüsse mit dem Argument, daß Zuschüsse nur dann zu aktivieren seien, wenn sie zu einer dauernden Wertsteigerung der Beteiligung führen, während eine Aktivierung solcher Zuschüsse dann nicht in Betracht komme, wenn mit ihnen nur eine eingetretene Wertminderung der Beteiligung ausgeglichen worden sei. Da Verlustausgleichsmaßnahmen das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft nicht über den Stand erhöhen, welcher dem bisherigen Ansatz der Beteiligung entspreche, seien sie nicht aktivierbar, zumindest aber müsse der um die Verlustabdeckungszuschüsse erhöhte Beteiligungsansatz der Teilwertabschreibung unterzogen werden; da sich im Falle der Beschwerdeführerin die von ihr erbrachte Gesellschafterleistung mit der eingetretenen Teilwertminderung ausgleiche, habe die Beschwerdeführerin zu Recht ihre Leistung als sofort abziehbare Betriebsausgabe behandelt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung im strittigen Umfang mit folgender Begründung ab:

Die Behandlung der übernommenen Verluste als Einlagen in die Untergesellschaften durch Erhöhung des Wertansatzes der Beteiligung bei der Muttergesellschaft sei notwendige Folge der Aberkennung der Organschaft. Der von der Beschwerdeführerin begehrten Teilwertabschreibung ihrer Beteiligungen in Höhe der Verlustübernahmen stünde schon der Umstand entgegen, daß daraus eine doppelte Erfassung der Verluste durch ihre Erfolgswirksamkeit sowohl bei den Untergesellschaften als auch bei der Obergesellschaft resultierte. Wenngleich protokollierte Gewerbetreibende wegen des "Mindestwertprinzips" verpflichtet seien, in der Bilanz den niedrigeren Teilwert anzusetzen, setze dies doch voraus, daß die Beteiligung einen nicht bloß vorübergehenden, sondern einen dauernden Wertschwund erlitten hätte, wobei es zur Beurteilung dieser Frage allein auf die Umstände am Bilanzstichtag, allenfalls nach besserer Kenntnis zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung, ankommen dürfe. Grundsätzlich obliege es demjenigen, der eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen wolle, die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder doch wenigstens glaubhaft zu machen. Während der Anlaufzeit eines neu gegründeten Unternehmens gelte die Vermutung, daß der Teilwert den Anschaffungskosten entspricht, sodaß für den Fall einer Verlustgebarung in der Anlaufphase davon auszugehen sei, daß die Anschaffungskosten der Beteiligung durch die Aussicht auf wirtschaftliche Besserung in der Zukunft in Verbindung mit der Möglichkeit der beteiligungsbedingten Einflußnahme auf die Gesellschaft zutreffend seien, weshalb der Wert der Beteiligung für den Betrieb, der dieses Engagement eingegangen sei, nicht unter dem Kapitaleinsatz hiefür liegen könne. Die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung könnten nur dann vorliegen, wenn während der Anlaufzeit Verluste auftreten, die erkennen ließen, daß sich das Unternehmen ohne grundlegende finanzielle Maßnahmen nicht rentieren würde, und wenn diese Maßnahmen unterblieben; darüberhinaus käme eine Teilwertabschreibung erst für jenen Bilanzstichtag in Betracht, zu dem ungeachtet vorgenommener Sanierungsmaßnahmen auf Grund der weiteren Entwicklung erkennbar geworden sei, daß der Gesamtheit der getroffenen Maßnahmen der Erfolg versagt bleiben würde. Bei den strittigen Verlusten der Tochtergesellschaften der Beschwerdeführerin handle es sich um wiederum von deren Tochtergesellschaften übernommene Verluste der Enkelgesellschaften der Beschwerdeführerin, die darauf zurückgingen, daß den über die Laufzeit eines Leasingvertrages gleichbleibend hohen Mieterträgen in der Anlaufphase hohe Refinanzierungskosten gegenübergestanden seien, von denen erwartet werden habe müssen, daß sie sich in späterer Folge immer mehr verringern würden, sodaß der anfänglichen Verlustphase Gewinne folgen müßten. Dies lasse die Zuschüsse der Beschwerdeführerin an die Tochtergesellschaften und in der Folge an die Enkelgesellschaften nicht als verlorenen Aufwand, sondern als finanzielle Überbrückungshilfe für die Anlaufphase erkennen. Daß zu einem späteren Zeitpunkt im Jahre 1986 erneut erhebliche Zuschüsse notwendig geworden wären, ändere nichts an dieser Beurteilung zu den maßgeblichen Bilanzstichtagen, welche die strittigen Verluste als bloße Anlaufverluste, nicht hingegen als nachhaltige wirtschaftliche Verluste erweise. Ebenso spreche gegen die Vornahme einer Teilwertabschreibung im Berufungszeitraum auch der Umstand, daß die Beschwerdeführerin gegenüber ihren Tochtergesellschaften ab dem Zeitpunkt deren buchmäßiger Überschuldung im Jahre 1983 zur Sicherung bestehender Ansprüche Dritter an die Gesellschaften Garantieerklärungen abgegeben habe, aus welchen im Zusammenhalt mit den Verlustübernahmen deutlich würde, daß die Tochtergesellschaften für die Beschwerdeführerin auf Grund sonstiger an den Besitz der Beteiligung geknüpfter Erwartungen trotz der verzeichneten Verluste einen ungeschmälerten Vermögenswert dargestellt hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, verlorene Zuschüsse nicht als nachträgliche Anschaffungskosten aktivieren zu müssen, hilfsweise in ihrem Recht, eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften vornehmen zu können, und in ihren Verfahrensrechten, insbesondere in jenem auf Parteiengehör, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin hat auf die Gegenschrift der

belangten Behörde repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Streit um die bilanzsteuerrechtliche Behandlung der zur Verlustabdeckung geleisteten Zuschüsse vertreten die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in ihren am weitesten voneinander entfernt gelegenen Positionen einerseits den Standpunkt, der zur bloßen Verlustabdeckung gewährte Zuschuß löse eine Aktivierungspflicht auf dem Beteiligungskonto überhaupt nicht aus (Beschwerdeführerin), und andererseits die Auffassung, das Unterbleiben des Eintritts der Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 ziehe zwangsläufig die Aktivierung von Verlustübernahmen durch die Muttergesellschaft bei ihr in voller Höhe nach sich (belangte Behörde). Beide Positionen sind abzulehnen.

Der Auffassung der Beschwerdeführerin über das Fehlen einer Aktivierungspflicht der zur Verlustabdeckung gewährten Zuschüsse beim Gesellschafterunternehmen muß deswegen entgegengetreten werden, weil die Zuführung von Mitteln an die Gesellschaft durch den Gesellschafter grundsätzlich als Einlage anzusehen ist, die beim Gesellschafter als eine Form der Verwendung seines Einkommens zunächst steuerneutral ist und im Falle der Zugehörigkeit der Gesellschaftsbeteiligung zu einem Betriebsvermögen im Wert dieser Beteiligung aktiviert ausgewiesen werden muß (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. März 1986, 83/13/0109, 0139, und vom 24. Jänner 1990, 86/13/0162, ebenso Doralt-Ruppe, Grundriß des Österreichischen Steuerrechtes I4 231). Diese Behandlung von Leistungen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft als zusätzliche Anschaffungskosten der Beteiligung erfährt nicht deswegen eine Änderung, weil die Leistungen durch eine schlechte wirtschaftliche Lage der Gesellschaft veranlaßt und deswegen die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung gegeben sind; Anschaffungskosten und Teilwert sind nämlich unabhängig voneinander zu beurteilen (Herrmann-Heuer-Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz19, Kommentar, Anm. 793 zu § 6 EStG). Nur wenn die - gesondert zu beurteilenden - Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung vorliegen, kann es nach Aktivierung der Verlustabdeckungszuschüsse auf dem Beteiligungskonto zu einem abzugsfähigen Aufwand schon bei der Bilanzierung des Zuwendungsjahres kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1970, 1573/68, und das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. März 1986, 83/13/0109, 0139, ebenso schon das Urteil des Reichsfinanzhofes vom 14. September 1938 VI 290/38, RStBl 1939 229, ferner Wiesner, Körperschaftsteuerrechtliche Einlagen und Entnahmen, FS Bauer 368, derselbe, Verdeckte Einlagen - verdeckte Ausschüttungen, Die steuerliche Behandlung von Vermögenstransfers zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern, SWK 1990 AI 355).

Der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Auffassung, nachträglicher Aufwand auf eine Beteiligung sei nur dann zu aktivieren, wenn er zu einer Werterhöhung geführt hat, ist danach nur im Ergebnis insofern beizupflichten, als die durch die (verdeckte) Einlage bewirkte Erhöhung des Wertes der Beteiligung sich im Jahresergebnis nur insoweit auswirken muß, als sie nicht im Einzelfall durch wertmindernde Umstände, die zu einer gleichzeitigen Teilwertabschreibung berechtigen, vermindert oder ausgeglichen wird (vgl. das Urteil des BFH vom 9. März 1977 I R 203/74, BStBl 1977 II S. 515, ebenso Herrmann-Heuer-Raupach a.a.O.). Da die Verlustlage der Gesellschaft allein den Teilwert der Beteiligung an ihr noch nicht ausreichend bestimmen kann, ist der von der Beschwerdeführerin erkennbar auch vertretenen Auffassung, zur Verlustabdeckung gewährte Zuschüsse des Gesellschafterunternehmens seien von der Aktivierungspflicht nicht betroffen, nicht zu folgen. Die Ausführungen Döllerers (Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften (1975), 141) stützen den Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht, weil sie sich auf den hier nicht vorliegenden Fall der Organschaft beziehen. Die Ausführungen des nämlichen Autors in dem Aufsatz "Verdeckte Gewinnausschüttungen, verdeckte Einlagen - neue Rechtsprechung, neue Fragen" in DStR 1989, Heft 11, 334, beziehen sich auf die besonders gelagerte, hier nicht vorliegende Fallgestaltung der Rückgewährung verdeckter Gewinnausschüttungen. Die von der Beschwerdeführerin angeführte Lehrmeinung von Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht5 169, bringt die Frage insoweit auf den Punkt, als die Autoren ausführen:

"... die Wertsteigerung des Anteiles infolge der Gesellschafterzuwendung kann mit den Voraussetzungen für die Vornahme einer Teilwertabschreibung zusammentreffen. Das ist bei Sanierungszuschüssen häufig der Fall. Ist die Beteiligung noch nicht abgeschrieben und dient der Zuschuß gerade der Vermeidung einer sonst erforderlichen Abschreibung der Beteiligung, so ist der Beteiligungsansatz nicht um den Zuschuß zu erhöhen. Über das Ergebnis besteht Einigkeit. Offen ist allerdings, ob man den Zuschuß als Zugang über den Anlagenspiegel laufen läßt und zugleich die Abschreibung der Beteiligung vornimmt, oder ob man das Ganze von vorneherein als Bewertungsfrage sieht, also der Ausweis eines Zugangs ausscheidet und damit sich die Abschreibungsfrage nicht mehr stellt. Unseres Erachtens ist das erste Verfahren korrekter als die Saldierung. Die Saldierung verdeckt, daß der Zuschuß selbst nur eine erfolgsneutrale Vermögensumschichtung bewirkt, und es die Wertminderung der Beteiligung ist, die das Ergebnis beeinflußt. Diesem Befund wird eine Bilanzierung gerechter, die akzeptiert, daß ein Zuschuß in jedem Fall den bisherigen Wert der Beteiligung erhöht und aus diesem Grunde zu aktivieren ist, daß aber in Hinsicht auf eine bisherige Überbewertung des Anteils zugleich eine Abschreibung angebracht ist."

Die von Gassner in Lademann, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rz 113, vertretene Auffassung, daß eine Aktivierung des Verlustausgleiches als zusätzliche Anschaffungskosten nicht in Betracht komme, wenn die verdeckte Einlage darin besteht, daß auf Grund eines handelsrechtlich wirksamen Gewinnabführungsvertrages lediglich Verluste der Tochtergesellschaft übernommen und ausgeglichen werden, was auch in Fällen der verunglückten Organschaft zu gelten habe, vermag der Gerichtshof nicht zu teilen, weil die Annahme des Autors, der Wert der Beteiligung werde in einem solchen Fall durch die Verlustübernahme nicht erhöht, der Vielfalt der den Teilwert einer Beteiligung bestimmenden Komponenten nicht gerecht wird. Aus den gleichen Gründen vermag sich der Gerichtshof auch nicht der vom Finanzgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 12. April 1989, 6 K 193/82 K, vertretenen Auffassung anzuschließen, die zudem der Konsequenz des Ausbleibens der gesetzlichen Rechtsfolgen der Organschaft nicht in der Weise Bedeutsamkeit beimißt, wie dies dem Verwaltungsgerichtshof geboten erscheint. Es hält der Verwaltungsgerichtshof somit auch für den Fall der sogenannten "verunglückten Organschaft" ungeachtet der handelsrechtlichen Wirksamkeit des Ergebnisabführungsvertrages an der grundsätzlichen Aktivierungspflicht der von der Muttergesellschaft übernommenen Verluste fest.

Es folgt aus den bislang angestellten Überlegungen freilich ebenso, daß der von der belangten Behörde erkennbar auch eingenommene Standpunkt, einer Abschreibung des um die Verlustübernahmen erhöhten Teilwertes der Beteiligungen stehe das Ausbleiben der Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 grundsätzlich hindernd entgegen, der rechtlichen Überprüfung in gleicher Weise nicht standhält. Die von der belangten Behörde für den Fall der Zulassung der Teilwertabschreibung ins Treffen geführte Besorgnis doppelter Verlusterfassung überzeugt insoferne nicht, als die Erfolgswirksamkeit solcherart berücksichtigter Verluste bei rechtsrichtiger Vorgangsweise unterschiedliche Ursachen hat: Hat sich der Teilwert der Beteiligung an der Untergesellschaft bei der Obergesellschaft objektiv gemindert, ist die damit für die Obergesellschaft verbundene Einbuße in ihrem Betriebsvermögen nicht identisch mit jenen Verlusten der Untergesellschaft, die allenfalls im Zusammenwirken mit den übrigen den Beteiligungsteilwert bestimmenden Faktoren zur Minderung dieses Teilwertes beigetragen haben. Daß der von der Beschwerdeführerin mit ihren Tochtergesellschaften abgeschlossene Ergebnisabführungsvertrag die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 nicht auslösen hatte können, bedeutete nur, daß das Einkommen der Tochtergesellschaften diesen und nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen war, was zunächst die Aktivierung der Verlustübernahmen durch die Beschwerdeführerin zur Folge hatte. Keinen Einfluß konnte die Prüfung nach § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 hingegen auf die Betrachtung der Frage nehmen, ob die Beschwerdeführerin in der Bilanzierung der Streitjahre zur Abschreibung ihrer Beteiligungsteilwerte berechtigt war. Zu Recht kommt der angefochtene Bescheid im weiteren Verlauf seiner Darlegungen daher zur Einsicht, daß das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung der Beteiligung unabhängig von der Frage der Organschaft nach den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zu prüfen ist. Diese Prüfung blieb allerdings fehlerhaft.

Unzutreffend schon ist die Auffassung der belangten Behörde, daß der Ansatz eines niedrigeren Teilwertes nur dann zulässig sei, wenn eine Beteiligung einen erkennbar nicht nur vorübergehenden, sondern dauernden Wertschwund erlitten habe, der in absehbarer Zeit nicht aufholbar erscheine. Mit Recht hält die Beschwerdeführerin dieser Auffassung ihr aus § 133 Z. 2 Satz 2 Aktiengesetz iVm § 5 EStG 1972 sowie unmittelbar aus § 6 Z. 2 zweiter Satz EStG 1972 sich ergebendes Bilanzierungswahlrecht entgegen, nach welchem den im Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, welche der Abnutzung nicht unterliegen, die PFLICHT zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes nur dann trifft, wenn der Teilwert erheblich und dauernd unter den Herstellungs- oder Anschaffungskosten liegt, während ihm das RECHT zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes unbenommen bleibt, wenn diese Bedingungen auch nicht vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1989, 88/14/0126, mit weiteren Nachweisen). Die von der belangten Behörde zur Begründung ihrer Auffassung herangezogenen Ausführungen Stolls (Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Bilanzsteuerrecht, GesRZ 1982, 6) tragen ihren Standpunkt nicht, weil der genannte Autor an dieser Stelle darlegt, daß sich die aus § 6 Z. 2 EStG 1972 erfließende Ermächtigung zur Abschreibung unter der Bedingung eines dauernden Wertschwundes der Beteiligung in eine Verpflichtung verwandelt, nicht aber an der ohne das Vorliegen dieser Bedingung trotzdem bestehenden Berechtigung zur Abschreibung Zweifel äußert. Zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit führt der eben wiedergegebene Standpunkt der belangten Behörde deshalb nicht, weil er nicht das letztlich tragende Begründungselement des angefochtenen Bescheides bildet.

Ist die Abschreibungsberechtigung der Beschwerdeführerin im Falle einer objektiven Wertminderung ihrer Beteiligungen an den Tochtergesellschaften klargestellt, so bleibt die Frage zu prüfen, ob eine Verminderung dieser Beteiligungsteilwerte in den Streitjahren tatsächlich eingetreten war. Fraglos recht hat die belangte Behörde mit ihrer auf hg. Judikatur gegründeten Auffassung, daß auch für die Bewertung von Beteiligungen die Umstände am Bilanzstichtag, allenfalls nach besserer Kenntnis zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung, maßgebend sind, weshalb alle Erwägungen außer Betracht zu bleiben haben, die erst mit Vorgängen des nachfolgenden Wirtschaftsjahres im Zusammenhang stehen. Nicht zu Unrecht wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde allerdings vor, diesen Grundsatz selbst verlassen zu haben, indem sie die nach den maßgeblichen Stichtagen von der Beschwerdeführerin zu Gunsten ihrer Tochtergesellschaften abgegebenen Garantieerklärungen mit zum Anlaß nahm, eine Teilwertminderung zu verneinen. Der in der Gegenschrift unternommene Versuch der Behörde, diese Vorgangsweise in eine rechtliche Würdigung aktenkundiger Sachverhaltselemente umzudeuten, schlägt fehlt, weil der Hinweis auf die nachfolgend abgegebenen Garantieerklärungen Umstände in ihre Sachverhaltsermittlung miteinbezog, auf welche es ihrer eigenen zutreffenden Rechtsansicht zufolge nicht ankommen durfte.

Der Teilwert ist gemäß § 6 Z. 1 dritter Satz EStG 1972 jener Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ausgehend davon ansetzen würde, daß er den Betrieb fortführt. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gilt nach der Judikatur die Vermutung, daß die (gegebenenfalls um die AfA verminderten) Anschaffungskosten dem Teilwert entsprechen, weil von einem Kaufmann angenommen werden kann, daß er - Fehlmaßnahmen ausgenommen - grundätzlich nicht mehr für ein Wirtschaftsgut aufwendet, als dieses für seinen Betrieb tatsächlich wert ist. Der Nachweis des niedrigeren Teilwerts obliegt dem die Teilwertabschreibung vornehmenden Unternehmer (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1959, 1711/57, vom 14. Oktober 1981, 13/1814/79, vom 18. Jänner 1984, 82/13/0173, und vom 18. Dezember 1990, 89/14/0091, 0092). Ob diese Vermutung für spätere Zuwendungen des Gesellschafters nach Erwerb der Beteiligung in gleicher Weise (Herrmann-Heuer-Raupach, a.a.O. Anm. 800 zu § 6 EStG) oder nur eingeschränkt gelten kann (BFH 9. März 1977 I R 203/1974, BStBl 1977 II S. 515), mag dahingestellt bleiben. Wie Stoll (Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Bilanzsteuerrecht, GesRZ 1982, 10 f) überzeugend darlegt, sind die im Zusammenhang mit der Teilwertregel von der Rechtsanwendung entwickelten Wertvermutungen nämlich bloß als Bewertungshilfen im Sinne der Gewinnung eines ersten gedanklichen Ansatzes für die Wertvorstellung von einem Wirtschaftsgut zu verstehen, die nicht in zu schematischer Anwendung den Blick auf die den Teilwert von Beteiligungen prägenden spezifischen Wertfaktoren verstellen dürfen, zu denen neben dem Substanzwert und dem Ertragswert der Beteiligung auch die funktionale Bedeutung der Beteiligung für das beteiligte Unternehmen zählt. Zutreffend verweist der genannte Autor auch auf das Spannungsverhältnis der aus § 136 BAO zu rechtfertigenden Obliegenheit des Abgabepflichtigen, solche Wertvermutungen zu widerlegen, zu dem im § 115 BAO normierten Amtswegigkeitsprinzip. Im Sinne der von der belangten Behörde zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der die Teilwertabschreibung begehrende Steuerpflichtige seiner Obliegenheit zur Widerlegung bestehender Wertvermutungen schon durch die Glaubhaftmachung entgegenstehender Umstände genügen kann (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1984, 82/13/0173), muß der vom Abgabepflichtigen im Verfahren gemachte, durch Tatsachenbehauptungen untermauerte Hinweis auf konkrete, für die Entwertung seines Wirtschaftsgutes sprechende Umstände dazu ausreichen, die in § 115 Abs. 1 BAO festgeschriebene Pflicht der Abgabenbehörden zur amtswegigen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse auszulösen.

Im Beschwerdefall durfte sich die belangte Behörde angesichts der zumal in Relation zur Höhe des Stammkapitals der Tochtergesellschaften ungewöhnlichen Höhe der von diesen eingewirtschafteten und von der Beschwerdeführerin übernommenen Verluste nicht auf die Position zurückziehen, zufolge einer die Beschwerdeführerin ausschließlich treffenden Nachweispflicht von der amtswegigen Ermittlung der Höhe der Beteiligungsteilwerte entbunden zu sein. Wurde doch mit dem Ausmaß dieser Verluste von der Beschwerdeführerin ein beachtliches Indiz für die behauptete Minderung der Teilwerte ihrer Beteiligungen ins Treffen geführt. Dies räumt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift im Grunde auch ein, wenn sie behauptet, in mündlichen Besprechungen mit der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen zu haben, daß die Frage entscheidungswesentlich sei, ob die zugegebenermaßen hohen Verluste im zweiten und dritten Geschäftsjahr nach Gründung der Tochtergesellschaften bereits zur Vornahme von Teilwertabschreibungen der Beteiligungen berechtigten.

Der Ansatz des niedrigeren Teilwertes setzt voraus, daß die Anschaffung der Beteiligung oder die Aufwendung weiterer Anschaffungskosten eine Fehlmaßnahme gewesen ist, welche etwa dann vorliegt, wenn nach der Anschaffung Umstände objektiver Natur hervortreten, die den vereinbarten Anschaffungspreis als überhöht erscheinen lassen, was für den Fall von Anlaufverlusten regelmäßig zu verneinen ist; auch bei Sanierungsmaßnahmen ist der Wert der Beiteiligung erst dann als gemindert anzusehen, wenn die weitere Entwicklung erkennen läßt, daß den Belebungsmaßnahmen der Erfolg versagt bleiben wird (vgl. das Urteil des BFH vom 20. Mai 1965 IV 49/65 U, BStBl 1965 III S. 503, die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 18. Jänner 1984, 82/13/0173, und vom 18. Dezember 1990, 89/14/0091, 0092, ferner Herrmann-Heuer-Raupach, a.a.O. Anm. 800 zu § 6 EStG, sowie Littmann, Das Einkommensteuerrecht13, Rz 291 zu § 6). Geleitet von diesen Überlegungen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, daß es sich bei den von der Beschwerdeführerin übernommenen Verlusten nicht um tatsächlich verlorenen Aufwand, sondern lediglich um eine finanzielle Überbrückungshilfe für die Anlaufphase gehandelt habe, weil aus der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage zu den maßgeblichen Bilanzstichtagen bei normalem Geschäftsverlauf zu erwarten gewesen sei, daß der durch hohe Refinanzierungskosten verursachten anfänglichen Verlustphase Gewinne nachfolgen müßten. Diese Sachverhaltsfeststellung - träfe sie zu - hätte das von der belangten Behörde gefundene rechtliche Ergebnis, die Beschwerdeführerin sei zur Teilwertabschreibung nicht berechtigt gewesen, tragen können. Mit Recht wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde aber vor, diese Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen zu haben, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs ist nämlich berechtigt. Es durfte die belangte Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Betriebsprüfer und seine daraus gezogenen Schlußfolgerungen ihrer Entscheidung nicht zugrundelegen, ohne der Beschwerdeführerin zuvor Gelegenheit zu geben, von diesem Beweisergebnis Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. Indem die belangte Behörde dies entgegen § 183 Abs. 4 BAO unterließ, nahm sie der Beschwerdeführerin die Möglichkeit, der Schlußfolgerung des Betriebsprüfers durch Behauptung und Beweis solcher Umstände entgegenzutreten, die gegen das Vorliegen bloßer Anlaufverluste und für die Erkennbarkeit den Teilwert der Beteiligungen mindernder Tatsachen schon zu den Bilanzierungszeitpunkten der Streitjahre gesprochen hatten. Die in der Gegenschrift aufgestellte Behauptung mündlicher Erörterungen mit der Beschwerdeführerin kann schon mangels Aktenkundigkeit die Unterlassung des Vorhaltes nach § 183 Abs. 4 BAO nicht sanieren. Das in der Gegenschrift des weiteren vorgebrachte Argument, die belangte Behörde (der maßgebliche Organwalter) sei vor Befassung des Senates nicht befugt gewesen, der Beschwerdeführerin ihre Rechtsansicht kundzutun, geht jedenfalls deswegen ins Leere, weil es sich bei der Beurteilung der Höhe des Teilwertes um eine im Tatsachenbereich angesiedelte Frage handelt, die nicht auf der Ebene rechtliche Beurteilung, sondern auf jener der Aufnahme und Würdigung von Beweisen gelöst werden muß; dies scheint der Behörde, wie sich aus dem von ihr in der Gegenschrift gemachten Hinweis auf § 167 Abs. 2 BAO ergibt, freilich ohnehin klar gewesen zu sein, was ihr vorerwähntes Argument als wenig verständlich erscheinen läßt.

Es war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990130228.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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