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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §61 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Dezember 1991, Zl. MA 70-10/838/91/Str, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 26. Juli 1990 um 14.20 Uhr an einem näher umschriebenen Ort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges mit Sattelanhänger "die Ladung am Fahrzeug insofern nicht so verwahrt" zu haben, daß niemand gefährdet, behindert oder belästigt werde, als beim Anfahren ein Teil der Ladung (Eisenstangen) verrutscht und die Windschutzscheibe des nachfolgenden LKW beschädigt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 61 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 begangen, weshalb nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 36 Stunden) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ist erkennbar, daß die belangte Behörde bei Feststellung des Tatherganges der Aussage des Lenkers des beschädigten LKWs folgte. Danach hielten beide LKW vor einer Verkehrslichtsignalanlage verkehrsbedingt an, wobei das hintere Fahrzeug zum vorderen einen Abstand von 1,5 m einhielt. Der vordere (vom Beschwerdeführer gelenkte) LKW hatte gebündelte Eisenstangen geladen, welche einen halben bis einen Meter über die Bordwand hinausragten. Offen blieb, ob der Abstand des hinteren zum vorderen LKW von der Bordwand oder der Ladung gemeint war. Beide Fahrzeuge fuhren gleichzeitig los, wobei sich infolge des Rucks beim Anfahren aus der Ladung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers, die aus Eisenstangen bestand, mehrere Eisenstangen lösten und etwa einen halben Meter nach hinten rutschten. Eine dieser Eisenstangen durchstieß die Windschutzscheibe des nachfolgenden LKWs.
Diese Sachverhaltsannahme widerspricht, sofern der Abstand von 1,5 m von der Ladung gemeint war, den Denkgesetzen. Bei einem Abstand der beiden Fahrzeuge von 1,5 m ist es denkunmöglich, daß durch ein Verrutschen eines Ladungsteiles um nur einen halben Meter es zu einem Kontakt mit dem nachkommenden Fahrzeug kommt. Wurde der Abstand aber von der Bordwand gemessen, so ist der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt zwar gerade noch erklärbar, doch bedarf es in diesem Fall weiterer Erörterungen darüber, inwiefern der Beschwerdeführer mit einem derart knapp hinter seinem Fahrzeug (weniger als 1/2 m) anfahrenden Fahrzeug rechnen mußte.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, wobei auf das unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, es treffe ihn schon deshalb kein Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, weil er den LKW nicht selbst beladen habe, wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Begehren auf Zuspruch von Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Ersatzanspruches abzuweisen. Im übrigen betrifft die Abweisung des Mehrbegehrens nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand (die Beschwerde war nur zweifach einzubringen).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020116.X00Im RIS seit
12.06.2001