TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/30 91/06/0242

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Veröffentlicht am 30.04.1992
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Index

L85008 Straßen Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
LStG Vlbg 1969 §48;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der N-GmbH in D, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vlbg LReg vom 14. Jänner 1991, Zl. Ib-332-28/85, betreffend einen Antrag um Verlängerung der Baufrist im Zuge einer Enteignung für Straßenzwecke (mitbeteiligte Partei: Land Vorarlberg (Landesstraßenverwaltung) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesland Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1989, Zl. 87/17/0164, zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat damals die Beschwerde der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 13. Februar 1986 betreffend die Enteignung von Grundflächen für Zwecke der Errichtung einer Landesstraße als unbegründet abgewiesen. In dem Bescheid der Landesregierung vom 13. Februar 1986 war die Frist für die Bauausführung mit fünf Jahren festgestzt worden.

Mit dem bei der belangten Behörde am 26. September 1990 eingelangten Antrag begehrte mitbeteiligte Partei, die Baufrist gemäß § 48 des Vorarlberger Straßengesetzes um drei Jahre zu verlängern. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, daß der Beschwerde gegen den Enteignungsbescheid vom 17. April 1986 (betreffend ein Nachbargrundstück) die aufschiebende Wirkung zuerkannt und der Bescheid wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben worden sei. Zu diesem Antrag hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. November 1990 dahingehend Stellung genommen, es könne eine Bauführung der Landesstraße n1 nicht in Betracht kommen, solange das die Nachbarliegenschaft betreffende Enteignungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Die Errichtung einer reinen Sackstraße nur über das Grundstück der Beschwerdeführerin komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich diesfalls nicht um eine Landesstraße handeln könne, sondern um eine "verkappte" Gemeindestraße oder örtliche Erschließungsstraße.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 14. Jänner 1991 verlängerte die Vorarlberger Landesregierung gemäß § 48 des Straßengesetzes die festgesetzte Baufrist von fünf Jahren um weitere drei Jahre, bis zum 18. Februar 1994. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, es könne davon ausgegangen werden, daß wichtige Gründe vorlägen, die die Verlängerung der Baufrist rechtfertigten. Zum einen sei es der Landesstraßenverwaltung nicht zumutbar, den Neubau der L n1 in Angriff zu nehmen, ohne im Eigentum sämtlicher für diese Baumaßnahmen notwendigen Grundflächen zu sein, andererseits sei es nicht tunlich, eine Landesstraße in Etappen zu bauen, insbesondere nicht zu einem Zeitpunkt, in dem Enteignungsanträge noch offen seien und es ungewiß sei, ob und wann diese rechtskräftig zugunsten der Landesstraßenverwaltung erledigt seien.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. September 1991, Zl. B 224/91-3, abgelehnt, mit einem weiteren Beschluß vom 17. Dezember 1991, Zl. B 224/91-5, hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In der über Auftrag ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Im wesentlichen wird ausgeführt, obwohl die Enteignungsbescheide für die Nachbargrundstücke bereits im Jahre 1989 vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden seien, habe im Verfahren zur Erlassung des Ersatzbescheides die erste mündliche Verhandlung erst am 30. Jänner 1992 stattgefunden, also mit mehr als zweijähriger Verzögerung. Es sei daher offenkundig, daß die Enteignungsbehörde selbst an der Notwendigkeit der Enteignung zweifle und deshalb die weiteren Enteignungsverfahren ohne irgendeinen Nachdruck betreibe.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 48 des (Vorarlberger) Straßengesetz, LGBl. Nr. 8/1969, ist für die Durchführung der Baumaßnahme, zu deren Gunsten die Enteignung erfolgte, im Enteignungsbescheid eine angemessene Frist festzusetzen, die nicht mehr als fünf Jahre, gerechnet ab Rechtskraft des Enteignungsbescheides, betragen darf. Diese Frist kann bei Vorliegen wichtiger Gründe auf Antrag des Enteigners um höchstens drei Jahre verlängert werden.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob die belangte Behörde im Beschwerdefall zu Recht davon ausgehen durfte, daß ein wichtiger Grund im Sinne der genannten Gesetzesstelle vorliegt.

Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 13. Februar 1986, Zl. Ib-332-28/85, wurden aus der Grundstücksnummer 5.900/1 in EZ 4.409, KG Z, die im Eigentum der Rechtvorgängerin der Beschwerdeführerin stand, 2.410 m2 zum Zwecke des Neubaues der L n1, Baulos "Umfahrung XY" im Enteignungswege auf Dauer, lastenfrei, zugunsten der Landesstraßenverwaltung in Anspruch genommen. Gegen diesen Bescheid hat die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin sowohl beim Verfassungsgerichtshof als auch beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1989 wurde die Beschwerde der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, soweit sie sich gegen den Ausspruch über die Enteignung richtete, als unbegründet abgewiesen. Mit einem weiteren Bescheid vom 17. April 1986 hat die Vorarlberger Landesregierung weitere, nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin oder ihrer Rechtsvorgängerin stehende Grundflächen zur Errichtung der L n1 im Bereich des Bauloses "Umfahrung XY" enteignet. Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Beschluß vom 11. August 1986 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, mit Erkenntnis vom 6. Oktober 1989 hat er den Ausspruch über die Enteignung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Unbestritten ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß die Enteignung betreffend anrainende Grundstücke zum Zwecke der Errichtung "Umfahrung XY" noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, jedoch die mitbeteiligte Partei grundsätzlich ihre Enteignungsanträge aufrecht erhalten hat und zwischenzeitlich auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 3. April 1986, Zl. 85/06/0142 zum § 48 des Vorarlberger Straßengesetzes ausgesprochen, daß zwar der Beschwerdeführer als Eigentümer im Rahmen seiner rechtsstaatlichen Möglichkeiten berechtigt ist, die ihm zustehenden Rechtsmittel und Rechtsbehelfe in Anspruch zu nehmen, daß aber die Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein wichtiger Grund im Sinne des § 48 des Straßengesetzes für die Verlängerung einer Frist sein kann. Der Gerichtshof sieht keine Veranlaßung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Da sowohl die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin als auch andere Enteignungsgegner gegen die Enteignungsbescheide Beschwerden an den Verfassungs- und den Verwaltungsgerichtshof erhoben haben, die erst rund dreieinhalb Jahre nach Erlassen der Enteignungsbescheide erledigt werden konnten, ist schon allein darin ein wichtiger Grund für die Verlängerung der Baufrist zu erblicken. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde in der Folge die noch ausständigen Enteignungsverfahren zügiger hätte durchführen können; in diesem Zusammenhang ist allein ausschlaggebend, ob die mitbeteiligte Partei als Enteignungswerberin nicht zwischenzeitlich z.B. durch Zurückziehung ihrer Enteignungsanträge zu erkennen gegeben hat, daß sie an der Realisierung des Bauvorhabens nicht mehr interessiert ist. Daß die mitbeteiligte Partei ihre Anträge zurückgezogen hätte, hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht behauptet.

Zu einer Antragstellung gemäß Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof sieht sich der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht veranlaßt, weil mit der Fristverlängerung keine Enteignung ausgesprochen wurde, die Parteien jedoch im Fristverlängerungsverfahren die Frage der Enteignung nicht neu aufrollen können, sondern die Verlängerung nur mit der Begründung bekämpfen können, daß die Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1971, Slg. NF Nr. 8.134/A). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Bestimmung des § 48 des Straßengesetzes selbst wurden in der Beschwerde nicht dargelegt; auch der Verwaltungsgerichtshof selbst hegt keine diesbezüglichen Bedenken.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch vom Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991060242.X00

Im RIS seit

28.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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