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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Dezember 1991, Zl. UVS-03/13/00491/91, (weitere Partei: Wiener Landesregierung), betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 22. März 1991 um
20.35 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKWs
1. an einem näher bezeichneten Tatort in Wien, nachdem er an einem Unfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen sei, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt zu haben, obwohl ein gegenseitiger Identitätsaustausch nicht erfolgt sei, und 2. um 21.15 Uhr an einem anderen Ort sich geweigert zu haben, sich dem Polizeiamtsarzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholisierung vorführen zu lassen, obwohl eine von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht vorgenommene Untersuchung der Atemluft den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben habe. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 99 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit § 4 Abs. 5 StVO 1960 und zu 2. nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a leg. cit. begangen, weshalb zu 1. nach § 99 Abs. 3 lit. b leg. cit. über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) und zu 2. nach § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ließ es in der Begründung des angefochtenen Bescheides dahingestellt, ob der Beschwerdeführer durch das Übergeben einer Visitkarte und das Anbieten eines Ausweises an den Unfallgegner dem Erfordernis des Identitätsnachweises nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 genügte, da von einem gegenseitigen Identitätsnachweis im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO 1960 schon deshalb keine Rede sein könne, weil ein solcher Nachweis durch den Unfallgegner nicht erfolgt sei.
Diese Rechtsansicht ist entgegen dem Beschwerdevorbringen frei von Rechtsirrtum.
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Nach dem klaren Wortlaut des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle darf eine Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle nur dann unterbleiben, wenn alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, einander Namen und Anschrift nachgewiesen haben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, Zl. 87/03/0158).
Der Beschwerdeführer irrt daher, wenn er meint, bei nur einseitigem Identitätsnachweis treffe die Meldepflicht des § 4 Abs. 5 StVO 1960 nur denjenigen, der seine Identität nicht nachgewiesen hat.
Da unbestrittenermaßen im vorliegenden Fall ein Identitätsnachweis durch den Unfallgegner des Beschwerdeführers nicht erfolgte, war der Beschwerdeführer schon deswegen von der Meldepflicht des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle nicht befreit. Es bildet daher auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die belangte Behörde keine weiteren Ermittlungen und Feststellungen darüber traf, in welcher Form der Identitätsnachweis seitens des Beschwerdeführers erfolgte.
Seine Verurteilung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a StVO 1960 bekämpft der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, es sei schon die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe rechtswidrig erfolgt, weil der Beschwerdeführer zwar im Zeitpunkt der Ablegung der Atemluftprobe (in Folge eines Nachtrunks) alkoholisiert gewesen sei, er sei jedoch im Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges nicht unter Alkoholeinfluß gestanden.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Denn gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 genügt bereits die bloße Vermutung, daß sich Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, um deren Verpflichtung auszulösen, sich einer Untersuchung ihrer Atemluft auf Alkohlgehalt zu unterziehen. Zu einer solchen Vermutung berechtigte bereits der von der belangten Behörde - vom Beschwerdeführer unbestritten - festgestellte Sachverhalt, wonach einerseits der Unfallgegner des Beschwerdeführers den Sicherheitswacheorganen gegenüber angab, er habe den Eindruck gehabt, der Beschwerdeführer sei alkoholisiert gewesen, und andererseits die Sicherheitswacheorgane im Zeitpunkt der Atemluftprobe Alkoholisierungsmerkmale beim Beschwerdeführer feststellten.
Im übrigen bedurfte es auch im Hinblick auf die zwischen der Beendigung des Lenkens des Kraftfahrzeuges und der Atemluftprobe verstrichene Zeit von "maximal 1 Stunde 15 Minuten" keiner besonderen Begründung für die Zulässigkeit der Atemluftprobe, da nach der allgemeinen Lebenserfahrung in der Regel nach einer so kurzen Zeitspanne noch mit einem verwertbaren Ergebnis der Atemluftprobe gerechnet werden kann (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 19. März 1987, Zl. 86/02/0130).
Nach der dargelegten Rechtslage ist es für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer zur Ablegung der Atemluftprobe verpflichtet war, bedeutungslos, ob er im Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges tatsächlich alkoholisiert war. Es bildet daher auch keinen Verfahrensverstoß, wenn die belangte Behörde diesbezüglichen Beweisanträgen des Beschwerdeführer nicht Folge gab.
Mit der Behauptung, der Beschwerdeführer sei infolge seiner Alkoholisierung und seiner Schlaftrunkenheit gar nicht in der Lage gewesen, die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe tatsächlich zu verstehen, entfernt sich der Beschwerdeführer von den Feststellungen der belangten Behörde, die, gestützt auf dessen eigene Aussage, in unbedenklicher Weise ausdrücklich zur gegenteiligen Feststellung kam.
Die Strafbemessung der belangten Behörde bekämpft der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, er habe die Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a StVO 1960 mit Vorsatz begangen.
Es trifft zwar zu, daß die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang gegebene Begründung, der Beschwerdeführer hätte ein besonderes Interesse gehabt, den tatsächlichen Alkoholisierungsgrad zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles zu verschleiern, durch entsprechende Ermittlungsergebnisse nicht gedeckt ist. Damit ist für den Beschwerdeführer aber deshalb nichts gewonnen, weil allein die von der belangten Behörde festgestellte Aussage des Beschwerdeführers über den Grund seiner Weigerung, sich zwecks Feststellung des Grades der Alkoholisierung dem Polizeiamtsarzt vorführen zu lassen, nämlich er habe es absurd gefunden, im Pyjama und ungekämmt seine Wohnung nochmals zu verlassen, den Rückschluß auf die Vorsätzlichkeit seiner Weigerung rechtfertigt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher auch in der Strafbemessung durch die belangte Behörde eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Alkotest Voraussetzung Alkotest Zeitpunkt Ort Identitätsnachweis MeldepflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020101.X00Im RIS seit
12.06.2001