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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/06/0059Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des RO in Graz, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in H, gegen die Bescheide des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 16. Jänner 1992, Zl. A 17-K-7.866/1991-3, und vom 6. Februar 1992, Zl. A 17-K-7.865/1991-3 (mitbeteiligte Parteien: 1) RW in Graz, und 2) FP in Graz), betreffend Zuerkennung der Parteistellung der Mitbeteiligten und Einwendungen gegen eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Inhalt der Beschwerden und den vorgelegten angefochtenen Bescheiden ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes 1056/2, KG X, in Graz, wurde mit Bescheid des Bürgermeisters vom 2. August 1957, A 17-1.043/1-1957, eine Widmungsänderungs- und Baubewilligung erteilt, nach deren Rechtskraft das Garagenbauvorhaben konsensgemäß ausgeführt und hiefür auch die Benützungsbewilligung erteilt worden ist. Mit Zustimmung des Beschwerdeführers wurde auf Grund des Ansuchens eines Mieters mit Bescheid des Magistrates Graz (Stadtsenat) vom 11. Juli 1974, A 10/3-K I-12.427/1972-1, die Bewilligung zum Umbau des östlichen Teiles der 1957 konsensgemäß errichteten Garage zu einem Lager erteilt. Dieser Bescheid wurde offensichtlich den Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht zugestellt. Nach Endbeschau wurde die Benützungsbewilligung mit Bescheid vom 15. April 1975 erteilt.
Am 4. November 1980 brachte der Beschwerdeführer ein Widmungsansuchen beim Magistrat Graz - Baupolizeiamt ein, über welches bis heute nicht entschieden ist; wohl aber wurde dem Beschwerdeführer auf Grund eines Ansuchens mit Bescheid des Stadtsenates vom 17. März 1982, A 10/3-K I-23.541/1980-1, die Bewilligung zur Herstellung eines Zubaues (An- und Aufbau) auf dem westlichen Teil des Grundstücks als Provisorium gegen jederzeitigen Widerruf erteilt. Für den dementsprechend errichteten Bau wurde ebenfalls eine Benützungsbewilligung erteilt. Die nunmehrigen Mitbeteiligten beantragten einerseits mit Eingabe vom 23. September 1991 die Zuerkennung der Parteistellung in den Baubewilligungsverfahren
A 10/3-K I-12.427/1972-1 und A 10/3-K I 23.541/1981-1, da sie zu diesen Verfahren nicht als Nachbarn geladen worden seien und brachten weiters eine Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 17. März 1982 ein.
I.
Mit Bescheid des Magistrates Graz (für den Stadtsenat) vom 23. Oktober 1991 wurde der Antrag der Mitbeteiligten hinsichtlich des Verfahrens A 10/3-K I-12.427/1972-1, wegen Verfristung des Anspruches gemäß § 71a der Stmk. Bauordnung abgewiesen.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 16. Jänner 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der Mitbeteiligten Folge und behob den Bescheid erster Instanz. Die Berufungsbehörde ging davon aus, daß die erst durch die Novelle LGBl. Nr. 14/1989 am 1. März 1989 in Kraft getretene Bestimmung des § 71a der Stmk. Bauordnung deshalb nicht anzuwenden sei, da nur Sachverhalte, die sich nach dem bezeichneten Datum ereigneten, nach dieser Vorschrift zu beurteilen seien, § 71a der Stmk. Bauordnung daher erst bei denjenigen Genehmigungen anzuwenden sei, welche nach dem 1. März 1989 "anhängig gemacht" (richtig wohl: erlassen) worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur
hg. Zl. 92/06/0047 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unanfechtbarkeit der längst rechtskräftigen Bewilligungsbescheide hinsichtlich der Bauten auf seinem Grundstück sowie in seinem Recht verletzt, "von einem weiteren diese Bauten betreffenden und nicht in seinem Interesse geführten Verwaltungsverfahren unbehelligt zu bleiben".
II.
Über die Berufung der nunmehrigen Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 17. März 1982 entschied die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 6. Februar 1992, daß "gemäß § 66 Abs. 4 AVG aus Anlaß der Berufung" der erstinstanzliche Bescheid "wegen Rechtswidrigkeit behoben" werde (diese Spruchformulierung geht offenbar darauf zurück, daß die Mitbeteiligten als Berufungswerber zwar die Erteilung der Baubewilligung bekämpften, jedoch gemäß § 70a Abs. 2 den Antrag stellten, die konsenswidrigen Bauführungen, insbesondere den Zubau der Durchfahrt, ungesäumt zu beseitigen). Die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides gründete die belangte Behörde darauf, daß die für die erteilte Baubewilligung erforderliche Änderung der Widmungsbewilligung vom Beschwerdeführer zwar beantragt, hierüber aber bis jetzt noch nicht entschieden worden sei. Die alte Widmungsbewilligung aus 1957 hingegen decke diesen bewilligten Zubau nicht, obwohl gemäß § 57 Abs. 1 der Stmk. Bauordnung für die Errichtung eines Zubaues, also eine Vergrößerung eines Bauwerkes in waagrechter oder lotrechter Richtung, eine Widmungsbewilligung notwendig sei. Die Baubewilligung sei daher rechtswidrig gewesen.
Gegen diesen angefochtenen Bescheid richtet sich die zur Zl. 92/06/0059 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Auch durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unanfechtbarkeit der längst rechtskräftigen Bewilligungsbescheide hinsichtlich der auf seinem Grundstück errichteten Bauten sowie in dem Recht verletzt, "von einem weiteren diese Bauten betreffenden und nicht in seinem Interesse geführten Verwaltungsverfahren unbehelligt zu bleiben".
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und inhaltlichen Zusammenhanges zu verbinden und hat hierüber erwogen:
Entscheidend für beide Beschwerden ist die Anwendbarkeit des § 71a der Stmk. Bauordnung. Diese Bestimmung mit der Überschrift "Geltendmachung von Parteirechten" lautet:
"Parteien, die in einem Verfahren über die Erteilung einer Widmungs- oder Baubewilligung nicht in der Lage gewesen sind, ihre Rechte geltend zu machen, können das noch fünf Jahre ab dem Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung tun."
Die Novelle LGBl. Nr. 14/1989, mit der diese Bestimmung mit Wirkung vom 1. März 1989 in die Stmk. Bauordnung 1968 eingefügt worden war, enthält hinsichtlich dieser Bestimmung im Gegensatz zum neuen § 3 Abs. 5 der Stmk. Bauordnung keine ausdrückliche Übergangsbestimmung. Wohl aber normiert Art. II Abs. 2 der genannten Novelle, daß für Berufungen gegen Bescheide, die "bis zum Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes erlassen" worden sind, die bisherige Rechtslage maßgeblich ist. Die Ansicht der belangten Behörde, daß die Vorschrift des § 71a der Stmk. Bauordnung nur auf Bescheide anzuwenden ist, die nach dem 28. Februar 1989 ergangen sind, ist daher im Ergebnis richtig. Denn nicht nur im zweitangefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über eine Berufung gegen einen vor dem 1. März 1989 ergangenen erstinstanzlichen Bescheid, auch die Zuerkennung der Parteistellung in dem Verfahren, in dem der Baubescheid vom 11. Juli 1974 ergangen ist, diente ja ausschließlich der Möglichkeit der Erhebung der Berufung gegen diesen Bescheid. Es kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden, die Anwendung des § 71a der Stmk. Bauordnung davon abhängig zu machen, ob ein Nachbar unmittelbar gegen einen vor dem 1. März 1989 ergangenen Bescheid Berufung erhob oder zunächst die Zuerkennung der Parteistellung zu diesem Zweck beantragt hat.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die lediglich die Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bekämpfen, geht daher an der klaren Rechtslage vorbei. Nur der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß der Verlust von Parteirechten durch Ablauf einer rückwirkend angeordneten Frist mit Grundsätzen des Rechtsstaates in Widerspruch stünde und daher jedenfalls mangels einer ausdrücklichen derartigen Regelung im Zweifel nicht angenommen werden kann (vgl. etwa auch die Überlegungen im hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 91/06/0089, zu der neu eingeführten Frist für das Erlöschen einer Straßenbaubewilligung nach § 44 Abs. 5 des Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 13/1989).
Auf Grund der zitierten Übergangsregelung des Art. II Abs. 2 ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, daß bei der Erledigung der Berufung gegen den Bescheid vom 25. Mai 1972 das vor der Novelle 1989 geltende Recht anzuwenden ist. Der Verwaltungsgerichtshof kann allerdings nicht erkennen, inwiefern durch die Regelung dieser Novelle Nachbarn zusätzliche Rechte eingeräumt wurden; grundsätzlich müßte die Neuregelung des § 61 Abs. 2 der Stmk. Bauordnung in der Fassung der Novelle 89 durch eine nunmehr TAXATIVE Aufzählung wohl eher als Beschränkung bisher generalklauselartig umschriebener Nachbarrechte angesehen werden. Die Zuerkennung der Parteistellung sagt auch nichts darüber aus, inwiefern den Mitbeteiligten hinsichtlich der konkreten von ihr zu bekämpfenden Baubewilligung subjektiv-öffentliche Nachbarrechte zustehen, auf Grund deren sie Einwendungen gegen die Baubewilligung erheben könnten. Soweit jedoch der Beschwerdeführer meint, daß erst die Novelle 89 ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn eingeführt habe, daß ohne Widmungsbewilligung keine Baubewilligung ergehen dürfe, verkennt er die vorangegangene Rechtslage. Hatte der Nachbar doch im Widmungsverfahren nach § 3 der Stmk. Bauordnung nicht nur Parteistellung, sondern er besaß auch einen Rechtsanspruch auf Handhabung des Planungsermessens im Sinne des Gesetzes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1983, Zl. 83/06/0132, BauSlg. Nr. 114). Dies ändert nichts daran, daß der Nachbar nur im Rahmen seiner subjektiv-öffentlichen Rechte Divergenzen zwischen Baubewilligung und Widmungsbewilligung aufgreifen darf.
Zum zweitangefochtenen Bescheid bemängelt der Beschwerdeführer zu Recht die Formulierung des Spruches, daß "aus Anlaß der Berufung" der erstinstanzliche Bescheid behoben wurde. Im Zusammenhang mit der Begründung zeigt sich jedoch, daß auch dadurch Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden. Die belangte Behörde hat richtig erkannt, daß die Baubehörde erster Instanz rechtswidrig über das vom Beschwerdeführer als Grundlage für die begehrte Baubewilligung gestellte Ansuchen um Bewilligung einer Widmungsänderung nicht entschieden hat. Zutreffend mußte sie daher in der Entscheidung über die zulässige Berufung der Mitbeteiligten, die das Nichtvorliegen einer entsprechenden Widmungsbewilligung ausdrücklich geltend machten, dies berücksichtigen und die vor Vorliegen einer rechtskräftigen Widmungsbewilligung ergangene Baubewilligung beheben. Der Beschwerdeführer rügt aber zu Unrecht, daß die belangte Behörde dann seinen Antrag auf Baubewilligung hätte abweisen müssen; gemäß § 2 Abs. 1 der Stmk. Bauordnung können nämlich Widmungs- und Bauverhandlung gemeinsam durchgeführt werden, also darf auch das Bauansuchen mit dem Widmungsansuchen gemeinsam gestellt und das Bauansuchen vor rechtskräftiger Entscheidung über das Widmungsansuchen auch nicht abgewiesen werden.
Da sohin bereits auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem unbestrittenen Sachverhalt feststeht, daß die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt hat, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht Nachbar übergangener ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992060047.X00Im RIS seit
11.07.2001