Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. April 1991, Zl. Ib-182-11/91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 5. März 1988 um 03.00 Uhr mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der B 190 in Röthis, Fahrtrichtung Götzis, unmittelbar nach der Frutzbrücke, einen Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden verursacht und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt zu haben, obwohl er dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe. Dadurch habe er eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.
Mit Beschluß vom 1. Oktober 1991, B 664/91, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, daß sowohl Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 VStG als auch Strafbarkeitsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 3 VStG eingetreten sei.
1. Die Frist, innerhalb derer eine Verfolgungshandlung gesetzt worden sein mußte, beträgt gemäß § 31 Abs. 2 VStG sechs Monate. Um in Ansehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung die Verfolgungsverjährung auszuschließen, müßte demnach bis zum 5. September 1988 eine dem Gesetz entsprechende Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) gesetzt worden sein.
Es kann dahinstehen, ob die ersten Verfolgungshandlungen der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, die Verfolgungsverjährung zu unterbrechen geeignet waren, weil in ihnen insofern ein unrichtiger Tatort genannt war, als dort anstelle des Ortsnamens Röthis die Bezeichnung "Brederis" (offensichtlich ein Ortsteil der Gemeinde Rankweil) aufschien. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gab nämlich am 1. September 1988 eine - mit 31. August 1988 datierte - Aufforderung an den Beschwerdeführer sich zu rechtfertigen, zur Post, in der die Tat wörtlich wie in dem mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnis vom 17. April 1989 umschrieben wird; insbesondere wird als Gemeinde, in deren Gebiet der Tatort liegt, Röthis bezeichnet.
Eine Aufforderung zur Rechtfertigung ist eine Verfolgungshandlung. Einer solchen wird nach § 32 Abs. 2 VStG die Wirkung, die Verfolgungsverjährung zu unterbrechen, nicht dadurch genommen, daß sie den Adressaten nicht erreicht und dieser davon keine Kenntnis erlangt.
Die Tatumschreibung in dieser Aufforderung entspricht ebenfalls dem Gesetz, weil es einer Konkretisierung des verursachten Schadens nicht bedarf. Art und Ausmaß des Schadens sind keine wesentlichen Tatbestandselemente einer Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1988, Zl. 88/03/0047). Es bedarf schon deswegen nicht ihrer ausdrücklichen Umschreibung in einer Verfolgungshandlung.
2. Die Dreijahresfrist nach § 31 Abs. 3 VStG wäre am 5. März 1991 abgelaufen, wenn nicht in Zusammenhang mit dem vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesen wäre. Dieses zur Zl. 90/18/0109 protokollierte Verfahren betreffend den Bescheid der belangten Behörde vom 21. März 1990, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis vom 17. April 1989 (im ersten Rechtsgang) abgewiesen wurde, wurde durch Einlangen der Beschwerde am 7. Mai 1990 anhängig und endete am 17. Oktober 1990 durch Zustellung des das Verfahren beendenden Einstellungsbeschlusses infolge Klaglosstellung. Während der Anhängigkeit dieses Verfahrens lief die Frist nach § 31 Abs. 3 VStG nicht weiter, sodaß sie über den 5. März 1991 hinaus (um fünf Monate und zehn Tage) verlängert wurde. Die Erlassung des angefochtenen Bescheides am 29. April 1991 erfolgte somit innerhalb der in Rede stehenden Frist.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020045.X00Im RIS seit
12.06.2001