TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/30 92/06/0065

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Veröffentlicht am 30.04.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Tir 1989 §25 lite;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 lite;
BauO Tir 1989 §31;
BauO Tir 1989 §44 Abs3;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des I in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Februar 1992, Zl. Ve1-550-1862/1, betreffend Abbruch einer Terrasse (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen der Beschwerde in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Mai 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 44 Abs. 3 und 4 der Tiroler Bauordnung aufgetragen, die bei seiner Wohnung im Gebäude K, ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Terrasse im Ausmaß von 4,60 x 2,00 m bis längstens 30. Juni 1991 abzubrechen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer ohne Vorlage einer Bauanzeige oder Einbringung eines Bauansuchens die alte Terrasse abgetragen und eine neue bauliche Anlage erstellt habe. Überdies liege eine Zustimmung der Miteigentümer für das genannte Ausmaß nicht vor.

Die dagegen erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer geltend machte, daß für die alte und abgetragene Terrasse eine Bewilligung vorgelegen sei, wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Juli 1991 abgewiesen, da zweifellos ein Neubau der Terrasse vorliege, da das alte Bauwerke zur Gänze abgetragen und neu erstellt worden sei, woraus sich eine Bewilligungspflicht ergebe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers ab. Begründend führte die Behörde aus, daß nach einer Baukontrolle festgestellt worden sei, daß die alte baufällige und bisher nicht genehmigte Terrasse abgetragen und an der gleichen Stelle eine neue Terrasse erstellt worden sei. Das Ausmaß betrage 4,60 x 2,00 m, die maximale Höhe über dem Niveau 1,65 m. Die Ausführung sei zur Gänze in Holzkonstruktion erfolgt, lediglich an der Südseite seien zwei betonierte Sockel errichtet worden. An der Westseite befinde sich ein Abgang zum Gelände. Die Terrasse im festgestellten Ausmaß sei nach der Tiroler Bauordnung jedenfalls bewilligungspflichtig, da von einer Beeinflussung des äußeren Erscheinungsbildes des Gebäudes durch eine solche bauliche Anlage auszugehen sei. Der Beschwerdeführer bestreite die bewilligungslose Errichtung der Terrasse gar nicht, sondern berufe sich lediglich auf einen bestehenden Konsens für die alte nicht mehr vorhandene Terrasse; dieser Baukonsens sei jedoch mit der Abtragung untergegangen. Nur der Vollständigkeit halber weise die belangte Behörde auch noch darauf hin, daß aus den im Akt erliegenden Bauplänen sowie dem Baubescheid des Wohnhauses eine solche Terrasse nicht erkennbar sei. Die falsche Zitierung der Gesetzesstelle des § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung mit "§ 44 Abs. 2 und 3 TBO" sei bedeutungslos, da zur Auslegung des Spruches eines Bescheides auch die Begründung heranzuziehen sei. Daraus ergebe sich jedoch eindeutig der Abbruch einer bewilligungslos errichteten bewilligungspflichtigen baulichen Anlage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO) hat die Behörde den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen, wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt. Gemäß § 25 lit. b TBO sind nicht als Neu-, Zu- und Umbauten aufzufassende sonstige Änderungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen bewilligungspflichtig, soweit sie die Festigkeit, die Feuersicherheit, die sanitären Verhältnisse oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen; weiters ist gemäß § 25 lit. e TBO die Errichtung und die Änderung sonstiger baulicher Anlagen bewilligungspflichtig, durch die eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen entstehen kann; darunter werden z.B. auch Flugdächer angeführt.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß die Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht konsequent ist. Richtig ist nämlich, daß der Baukonsens durch die Abtragung einer baulichen Anlage untergeht, sodaß deren Neuerrichtung eine neuerliche Bewilligungspflicht auslöst. Die belangte Behörde hat jedoch die Bewilligungspflicht nicht auf § 25 lit. e TBO, sondern auf § 25 lit. b leg. cit. gestützt, welche Bestimmung auf die Änderung des Gebäudes oder Gebäudeteiles abstellt. Da der Baukonsens notwendigerweise das gesamte Gebäude erfaßt, kann ein derartiger Konsens nicht allein dadurch untergehen, daß (nur) ein (mitkonsentierter) Teil abgetragen und wiederhergestellt wird. Dies vermag jedoch am Ergebnis nichts zu ändern.

Da es sich im vorliegenden Fall nicht um ein Straf-, sondern um ein Administrativverfahren handelt, kann nicht eine unrichtige Begründung, sondern nur ein allenfalls unrichtiges Ergebnis Rechte des Beschwerdeführers verletzen. So ist es auch völlig bedeutungslos, welche Absätze des § 44 TBO die jeweiligen Behörden zitiert haben. Ebenso sind die Motive, die zum Abbruchauftrag führten, völlig unbeachtlich; auch die Frage, wie weit es der Zustimmung von Miteigentümern bedarf, ist zwar in einem künftigen Baubewilligungsverfahren, nicht aber im vorliegenden Verfahren über den Abbruchauftrag zu entscheiden. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie wird jedoch bereits jetzt darauf hingewiesen, daß gemäß § 27 Abs. 3 lit. e TBO die Zustimmungserklärung "des Grundeigentümers" (also aller Miteigentümer) nur im Fall eines Ansuchens um die Erteilung der Bewilligung für einen Neu-, Zu- oder Umbau eines GEBÄUDES als erforderlich normiert ist.

Der Beschwerdeführer hat nämlich in seiner Beschwerde selbst vorgebracht, daß er in vorangegangenen Rechtsmitteln, insbesondere auch in der Vorstellung, die zum angefochtenen Bescheid geführt hat, mehrfach darauf hingewiesen habe, daß die nunmehrige Terrasse "jedenfalls kleiner ist als die vorausgegangene". Daraus zog er den Schluß, daß die Behörden jedenfalls Details über Größe und Ausstattung der ursprünglich vorhandenen Terrasse hätten feststellen müssen. Damit aber gesteht der Beschwerdeführer selbst zu, daß die neu errichtete Terrasse ein anderes Erscheinungsbild bietet als die vorher bestandene, nach der Behauptung des Beschwerdeführers im Konsens des Gebäudes enthaltene. Damit läge aber - unter der Annahme, daß die Terrasse überhaupt ein Teil des Gebäudes darstellt - die Bewilligungspflicht nach § 25 lit. b TBO vor. Wenn aber, was bei einer hölzernen Terrasse durchaus denkbar ist, es sich dabei gar nicht um einen Teil des Gebäudes, sondern um eine sonstige bauliche Anlage handelt, auch wenn sie an das Gebäude angebaut ist, dann stellt die Neuherstellung anstelle einer bisherigen Anlage in jedem Fall eine bewilligungspflichtige Maßnahme dar; daß eine hölzerne Terrasse im Ausmaß von 4,60 x 2,00 m mit einer maximalen Höhe über dem Niveau von 1,65 m geeignet ist, eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen entstehen zu lassen, kann nämlich nicht ernstlich bezweifelt werden.

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis richtig erkannt, daß der Abtragungsauftrag zu Recht ergangen ist. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß während der Anhängigkeit eines Verfahrens über ein Ansuchen auf Erteilung der Baubewilligung für dieses Bauwerk (oder für die Änderung des Gebäudes) der Abtragungsauftrag nicht vollstreckt werden darf.

Da sich bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060065.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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