TE Vwgh Beschluss 1992/4/30 92/06/0042

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.1992
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs1;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde 1. der UU und 2. des KU in X, beide vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Dezember 1991, Zl. MD/Präs.Abt.II-7402/1991, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: A in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 15. November 1990 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kassengebäudes auf den GP nn und nn/4 KG X südwestlich der Weiherburg. Über dieses Ansuchen wurde mit Kundmachung vom 4. Februar 1991 eine mündliche Verhandlung für 19. Februar 1991 anberaumt, zu der auch die Beschwerdeführer als Anrainer unter Hinweis auf die Bestimmungen der § 40 bis 44 AVG geladen wurden. In der Verhandlung brachten die Beschwerdeführer vor, ein Teil des Bauvorhabens befinde sich außerhalb der Widmungsfläche "Sonderfläche im Freiland - Alpenzoo", sodaß es sich um ein widmungswidriges Bauvorhaben handle. Durch das Bauvorhaben werde die für die Nachbarn bereits schwierige Verkehrssituation durch das Abstellen von Besucherfahrzeugen noch weiter verschlechtert.

Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 25. Juli 1991 wurde der mitbeteiligten Partei unter I die bantragte Baubewilligung erteilt, unter II wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer betreffend den Widerspruch zum Flächenwidmungsplan und die schwierige Verkehrssituation abgewiesen bzw. soweit darin die Geltendmachung eines im Privatrecht begründeten Rechtes gesehen werden kann, auf den Rechtsweg verwiesen.

Der dagegen eingebrachten Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Beschwerde keine Folge. Die belangte Behörde ging der Begründung ihres Bescheides zufolge davon aus, daß die Behörde erster Instanz die Einwendungen der Beschwerdeführer inhaltlich abgewiesen habe und damit den Beschwerdeführern im Bauverfahren Parteistellung eingeräumt worden sei. Nach der im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz abgegebenen gutachtlichen Stellungnahme des Stadtplanungsamtes befinde sich das gesamte Bauvorhaben nach den Festlegungen des Flächenwidmungsplanes mit der Bezeichnung Hö-F1 in der "Sonderfläche im Freiland - Alpenzoo", sodaß die diesbezüglichen Berufungsausführungen nicht begründet seien. Aus der Vorschrift über die Schaffung von Stellplätzen und Garagen und über die Ausgestaltung der Zufahrt erwüchsen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Nachbarn keine subjektiv-öffentlichen Rechte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.

Bei der Beurteilung der Parteistellung ist wesentlich, ob je nach Größe und Art des Bauvorhabens Auswirkungen auf das Nachbargrundstück zu erwarten sind, wobei die Entfernung, welche noch eine Stellung als Nachbar einräumt, von der Höhe und von den vom Projekt zu erwartenden Immissionen abhängt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in einem Erkenntnis vom 15. September 1983, Zl. 83/06/0093, BauSlg. Nr. 89, ausgesprochen hat, kann auch ein 30 m vom Bauprojekt entferntes Grundstück bei einer entsprechenden Höhe des Bauvorhabens oder entsprechenden Immissionen noch die Parteistellung des Grundeigentümers als Nachbar verschaffen. Das gegenständliche Bauobjekt ist von der Grundgrenze der Beschwerdeführer 40 m entfernt, umfaßt eine Baumasse von 48 m3, (ein Pavillon mit den Ausmaßen von 4,5 mal 4,5 m und ein Kassengebäude mit einem Ausmaß vom 4,85 mal 3,70 m) die Giebelhöhe beträgt 5,40 m. Bei einem so kleinen und niederen Gebäude kann im Hinblick auf die Entfernung von 40 m vom Grundstück der Beschwerdeführer allein aufgrund der Baumasse und Gebäudehöhe nicht mit Wirkungen auf das Grundstück der Beschwerdeführer gerechnet werden. Daß durch diese bauliche Anlage oder durch deren Benützung mit Immissionen auf das Grundstück der Beschwerdeführer zu rechnen sei, haben diese nicht vorgebracht, derartige Rückwirkungen sind auch - fallbezogen - auszuschließen. Auch die allfällige Veränderung der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen vermag eine Parteistellung von Anrainern nach der Tiroler Bauordnung nicht zu begründen, da diese dem Nachbarn kein Mitspracherecht in Bezug auf das Verkehrsverhältnis auf öffentlichen Verkehrsflächen einräumt. Den Beschwerdeführern ist daher im Verfahren betreffend die Erteilung der Baubewilligung für das gegenständliche Kassengebäude kein Nachbarrecht im Sinne des § 30 Abs. 1 TBO zugekommen. Dadurch, daß die Behörde erster Instanz im Spruch ihres Bescheides inhaltlich über die Einwendungen der Beschwerdeführer abgesprochen hat, im ersten Teil der Begründung ausgeführt hat, daß den Beschwerdeführern keine Parteistellung zukomme, im nächsten Absatz jedoch auch inhaltlich über die Einwendungen der Nachbarn abgesprochen hat und die Berufungbehörde davon ausgegangen ist, daß den Beschwerdeführern Parteistellung zukomme, sind diese jedoch in keinem Recht verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Parteistellung der Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des von der belangten Behörde gestellten Kostenbegehrens.

Schlagworte

Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060042.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten