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L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der STADTGEMEINDE P, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. November 1988, Zl. VI/3-AO-195/24, betreffend Zusammenlegungsplan E (mitbeteiligte Partei: K in E), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zusammenlegungsverfahren E hat die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (ABB) durch Auflage zur allgemeinen Einsicht vom 14. bis 28. Juli 1986 den Zusammenlegungsplan (Bescheid vom 17. Juni 1986) erlassen. In ihrer dagegen erhobenen Berufung beanstandete die Beschwerdeführerin das Fehlen einer Zufahrtsmöglichkeit im westlichen Bereich ihres aus den Abfindungsgrundstücken 2370 und 2371 bestehenden Besitzkomplexes, der nur von Osten her erschlossen sei, und unterbreitete diesbezüglich einen konkreten Vorschlag.
Mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. November 1988 wurde diese Berufung gemäß § 17 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. Nr. 6650-3 (FLG), sowie § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) abgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, aufgrund der Aktenunterlagen und örtlicher Erhebungen durch abgeordnete Senatsmitglieder ergebe sich folgender Sachverhalt:
Die beiden Abfindungsgrundstücke 2370 und 2371 seien im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens E der Beschwerdeführerin zugeteilt worden. Das Grundstück 2370 erstrecke sich in West-Ost-Richtung, habe ein Ausmaß von 2,25 ha und sei an seiner Ostseite durch einen Weg (gemeinsame Anlage) erschlossen. Zwischen der westlichen Kopfbreite und dem öffentlichen Weg Gst.Nr. 2362 (im Westen) liege das Gst.Nr. 2371, in der Natur Sportplatz. Dieser sei eingefriedet und geländemäßig geringfügig tiefer liegend als der westliche Bereich des Grundstückes 2370. Provisorische Eigentümerin der beiden Abfindungsgrundstücke sei die Beschwerdeführerin. Im Besitzstandsausweis finde sich kein Hinweis auf eine eventuelle Anerkennung des Grundstückes (2371) als Grundstück mit besonderem Wert.
Den Einwendungen der Beschwerdeführerin müsse nun unter Bedachtnahme auf § 17 Abs. 8 FLG insofern recht gegeben werden, als das Abfindungsgrundstück 2370 auf einer Teilfläche eine beträchtliche Steigung aufweise und daher die Bewirtschaftung über die Zufahrt vom Osten her zu Problemen führen könne. Vor allem der Abtransport der Ernteerträge mit vollbeladenen Fahrzeugen werde sich aufgrund der vorhandenen Steigung schwierig gestalten. Für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung 2370 sei daher eine zweite Zufahrtsmöglichkeit im Westen unabdingbar. Allerdings könne der Forderung der Beschwerdeführerin, diese zweite Zufahrt müsse über das benachbarte Abfindungsgrundstück 2372 erfolgen, nicht beigetreten werden. Wie der erhobene Sachverhalt ergeben habe, stehe das im Westen anschließende Abfindungsgrundstück 2371 ebenfalls in ihrem Eigentum. Dieses grenze an öffentliches Gut und sei daher ausreichend erschlossen. Es liegt daher im Bereich der Möglichkeiten der Beschwerdeführerin, über das Abfindungsgrundstück 2371 eine zweite Zufahrtsmöglichkeit für das Abfindungsgrundstück 2370 zu schaffen. Ein Rechtsanspruch für eine zweite Zufahrt über fremden Grund sei damit nicht gegeben. Ihr Einwand, auf dem Abfindungsgrundstück 2371 sei ein Sportplatz angelegt und auf Grund der Geländeverhältnisse und der baulichen Maßnahmen für diesen wäre eine Zufahrt über diese Fläche nicht möglich, sei nicht stichhältig. Auch bei Zutreffen des Berufungseinwandes, von der Flächenwidmung her sei die Anlage eines Sportplatzes bekannt gewesen, könne damit für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen werden. Wenn auch schon vor der Neueinteilung der Plan der Gemeinde bekannt gewesen sei, hier einen Sportplatz anzulegen, so habe doch dessen genaues Größenausmaß noch nicht berücksichtigt werden können. Für die ABB sei es daher durchaus denkbar gewesen, daß neben der Neuanlage eines Sportplatzes noch so viel Grundfläche zur Verfügung bleibe, daß Platz für eine Zufahrt zwischen öffentlichem Gut und Abfindungsgrundstück 2370 sei. Die genaue Dimensionierung des Sportplatzes und die gleichzeitige Schaffung einer zweiten Zufahrt im Westen sei daher allein im Entscheidungsbereich der Beschwerdeführerin gelegen gewesen. Die beiden Abfindungsgrundstücke 2370 und 2371 seien aufgrund ihrer räumlichen Lage und bestehenden Eigentumsverhältnisse als ein Besitzkomplex zu beurteilen, der ausreichend im Westen und Osten durch Anschluß an das öffentliche Gut erschlossen sei.
Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf gesetzmäßige Abfindung verletzt erachtet.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligte Partei als Eigentümerin eines benachbarten Abfindungsgrundstückes, auf welches sich ein Teil der Beschwerdeausführungen bezog, hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit in der Beschwerde andere Fragen als jene einer entsprechenden Zufahrtsmöglichkeit auf der Westseite des schon näher bezeichneten Abfindungskomplexes - der aus zwei sehr unterschiedlichen Grundstücken besteht - geltend gemacht werden, ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß sie hierauf in ihrer Berufung nicht eingegangen ist und auch in der mündlichen Berufungsverhandlung nur ein allgemeines und eher unverbindliches Vorbringen erstattet hat, aus welchem sich der Vorwurf einer Gesetzwidrigkeit der ihr zugewiesenen Abfindung (aus anderen Gründen als jenen einer unzureichenden Erschließung) nicht entnehmen läßt.
Anders verhält es sich mit der mehrfach erwähnten Zufahrtsmöglichkeit. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Erkenntnis selbst eingeräumt, für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung 2370 sei aus von ihr näher angegebenen Gründen eine zweite Zufahrtsmöglichkeit im Westen "unabdingbar". Zugleich hat sie sich jedoch über die für das Abfindungsgrundstück 2371 bestehende Flächenwidmung "Grünland-Sportstätte" - auf welche schon in der Berufung hingewiesen wurde - insofern hinweggesetzt, als sie die Beschwerdeführerin verpflichten zu können glaubte, auf dieser Fläche eine entsprechende Zufahrt selbst zu schaffen. Hiedurch würde jedoch gegen den Flächenwidmungsplan verstoßen; denn eine Fläche im Grünland mit der angegebenen besonderen Nutzung (§ 19 NÖ ROG 1976) ist nicht zur Verwendung für eine Verkehrsfläche (§ 18 leg. cit.) zur Erschließung eines benachbarten Ackergrundstückes vorgesehen.
Insoweit hat die belangte Behörde das angefochtene Erkenntnis daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2; Stempelgebühren konnten wegen der Gebührenbefreiung der Beschwerdeführerin gemäß § 2 GebGesetz nicht vergütet werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989070090.X00Im RIS seit
04.05.1992