Index
43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/11/0117Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des X in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen 1. den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. März 1992, Zl. 703.624/1-2.5/90, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes (hg. Zl. 92/11/0114), 2. den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 6. April 1992, Zl. W/58/20/04/92, betreffend Einberufung zur Ableistung des restlichen Grundwehrdienstes (hg. Zl. 92/11/0117), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und den angeschlossenen Ablichtungen der angefochtenen Bescheide ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der am 10. Jänner 1958 geborene Beschwerdeführer leistete vom 2. Jänner 1978 an den Grundwehrdienst. Mit Wirksamkeit vom 11. Februar 1978 wurde er aus diesem Präsenzdienst gemäß § 32 Abs. 5 lit. b in Verbindung mit § 29 Abs. 2 lit. b des Wehrgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 221/1962 und BGBl. Nr. 272/1971 vorzeitig entlassen. Mit Antrag vom 12. Dezember 1989 begehrte der Beschwerdeführer seine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes. Der Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. März 1992 abgewiesen.
Zugleich mit diesem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer der Einberufungsbefehl des Militärkommandos Wien vom 6. April 1992, betreffend Einberufung zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes beginnend mit 13. Mai 1992, zugestellt.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 können Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Der Bundesminister für Landesverteidigung ging davon aus, daß der Beschwerdeführer in seinem Befreiungsantrag wirtschaftliche Interessen geltend gemacht habe. Diese seien darin begründet, daß der Beschwerdeführer, der seit Februar 1990 als Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis bei der Firma "V" beschäftigt sei und ein monatliches Nettoeinkommen von S 19.964,-- beziehe, zur Abdeckung seiner Schulden in Höhe von S 400.000,-- monatliche Zahlungen von S 16.000,-- zu leisten habe. Diese wirtschaftlichen Interessen seien allerdings nicht besonders rücksichtswürdig, weil der Beschwerdeführer die finanziellen Verbindlichkeiten ohne Bedachtnahme auf die Pflicht zur Harmonisierung seiner wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Präsenzdienstpflicht eingegangen sei. Der Beschwerdeführer habe damit rechnen müssen, daß er noch den restlichen ordentlichen Präsenzdienst (Grundwehrdienst) zu leisten habe. Er habe es verabsäumt, den Wegfall des für die vorzeitige Entlassung maßgebend gewesenen Befreiungsgrundes zu melden, und er habe in Kenntnis von der Präsenzdienstpflicht Kredite aufgenommen und seine berufliche Laufbahn begonnen. Dem ermittelten Sachverhalt sei nicht zu entnehmen, daß es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, damit bis zur vollständigen Ableistung des restlichen Grundwehrdienstes zuzuwarten.
Der Beschwerdeführer hält die Verneinung der besonderen Rücksichtswürdigkeit seiner wirtschaftlichen Interessen für verfehlt und führt dazu aus, er habe nach Verbüßung einer (im Jahre 1983 angetretenen) 18-monatigen Haft wegen Betruges lange Zeit vergeblich Arbeit gesucht. Erst im Jahre 1987 habe er bei der Firma "V" Arbeit gefunden, bei der er seit 1990 als Geschäftsführer beschäftigt sei. Er habe sich verpflichtet, die Betrogenen voll zu entschädigen, und zu diesem Zweck in den Jahren 1988 und 1989 hohe Kredite aufnehmen müssen. Nunmehr sei er bestrebt, diese ehestens abzubauen. Noch vor Erlassung der angefochtenen Bescheide, nämlich zum 1. April 1992 habe er die Firma "V" gepachtet. Er führe das Unternehmen ohne einen Angestellten, um jeden Groschen für die Rückzahlung der Schulden zu verwenden. Müßte er nunmehr den restlichen Grundwehrdienst ableisten, würde seine wirtschaftliche Existenz wieder aufs neue vernichtet. Er könnte den Rückzahlungsverpflichtungen nicht fristgerecht nachkommen, sodaß überall Terminverlust eintreten würde. Nach seiner Entlassung aus dem Grundwehrdienst müßte er "wieder ganz von vorne, verfolgt von Gläubigern, beginnen".
Damit vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach der von der belangten Behörde zutreffend angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. neben den im angefochtenen Bescheid genannten Erkenntnissen jene vom 11. Februar 1992, Zl. 91/11/0068, und vom 28. April 1992, Zl. 92/11/0094) hat ein Wehrpflichtiger seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, daß für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden, bzw. daß nicht durch die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit oder durch das Eingehen finanzieller Verpflichtungen solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Insbesondere darf der Wehrpflichtige nicht während einer befristeten Befreiung oder eines Aufschubes neue Tatsachen schaffen, um daraus in der Folge einen Befreiungsgrund abzuleiten. Verstößt er gegen diese Obliegenheit, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, auf Grund seiner vorzeitigen Entlassung befristet befreit gewesen zu sein, und es verabsäumt zu haben, den Wegfall des seinerzeitigen Befreiungsgrundes der Militärbehörde zu melden. Er ist in Kenntnis seiner Verpflichtung zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes Verbindlichkeiten eingegangen, aus denen er nunmehr ein besonders rücksichtswürdiges Interesse an seiner weiteren Befreiung abzuleiten versucht. Der in der Beschwerde genannte Grund für die Aufnahme der Kredite vor Ableistung des restlichen Grundwehrdienstes, nämlich der Wunsch, noch vor der Einberufung seine "wirtschaftliche Existenz ins Lot zu bringen", ist nicht geeignet, die Annahme der belangten Behörde zu entkräften, der Beschwerdeführer sei nicht durch unvorhergesehene Ereignisse zur Aufnahme der Kredite vor Ableistung des restlichen Grundwehrdienstes gezwungen gewesen. Der Beschwerdeführer hat offenbar nicht einmal den Versuch unternommen, den restlichen Grundwehrdienst nach Wegfall des seinerzeitigen Entlassungs(Befreiungs)grundes und noch vor Eingehen der nunmehr ins Treffen geführten Verbindlichkeiten abzuleisten. Die Verneinung der besonderen Rücksichtswürdigkeit der geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen durch die belangte Behörde ist im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als rechtswidrig zu erkennen. Daran vermag auch der Hinweis auf die vom Beschwerdeführer für den Fall der Ableistung des restlichen Grundwehrdienstes befürchteten wirtschaftlichen Nachteile nichts zu ändern, wären diese doch lediglich die Folge der Nichtbedachtnahme auf die Harmonisierungspflicht. Da der in der Beschwerde genannte Grund für das Eingehen der Verbindlichkeiten nicht geeignet ist, eine andere rechtliche Beurteilung herbeizuführen, bildet das vom Beschwerdeführer gerügte Unterbleiben von Ermittlungen über den Grund der Kreditaufnahmen keinen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bewirkenden Verfahrensmangel.
Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde in Ansehung des erstangefochtenen Bescheides als nicht begründet.
2. Das geschilderte Beschwerdevorbringen richtet sich in gleicher Weise gegen den angefochtenen Einberufungsbefehl. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nichts, was eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides begründen könnte. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/11/0103, mit weiteren Judikaturhinweisen) hätte erst der bescheidmäßige Ausspruch der Befreiung des Beschwerdeführers die Rechtswidrigkeit des vorliegenden Einberufungsbefehles bewirken können. Die Beschwerde ist daher auch insoweit nicht berechtigt.
3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den (zu Zl. AW 92/11/0024) protokollierten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110114.X00Im RIS seit
03.04.2001