Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 25. Februar 1992, Zl. Wa-176/91, betreffend Versagung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem durch eine Ausfertigung des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge versagte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 Waffengesetz 1986 (WaffG) die Ausstellung eines von ihm mit Eingabe vom 18. Mai 1991 beantragten Waffenpasses. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, es sei Aufgabe des Waffenpaßwerbers, einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und das Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer habe diesen Bedarf damit begründet, daß er größere Bargeldbeträge (mehr als S 500.000,--) von seinem Arbeitsplatz zu einer Bank transportieren und als Verkäufer von Kraftfahrzeugen Verkaufsgespräche sowie Geschäftsabschlüsse auch "auf abgelegenen Liegenschaften" tätigen müsse, wobei auch größere Geldbeträge in bar (nach den Ermittlungen der belangten Behörde Beträge unter S 45.000,--, in zwei Ausnahmefällen aber bis zu S 90.000,--) entgegengenommen würden. Demgegenüber vermöge der Umstand, daß höhere Bargeldbeträge transportiert würden, für sich allein noch keinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen zu begründen. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, darzulegen, daß das von ihm behauptete Risiko nicht etwa durch die Beauftragung eines Geldtransportunternehmens, durch den häufigeren Transport kleinerer Geldbeträge oder durch Beiziehung einer Begleitperson vermieden oder verringert werden könnte. Auch hinsichtlich der Auswahl von Treffpunkten für Verkaufsgespräche bzw. von Übergabeorten habe es der Beschwerdeführer in der Hand, Orte, wie etwa in der Nähe von bewachten Grenzübergängen oder von Sicherheitsdienststellen bzw. bei öffentlichen Lokalen oder Raststätten zu vereinbaren, wodurch gegenüber der Situation bei "abgelegenen Liegenschaften" eine erhebliche Risikoverminderung eintreten würde. Das mit dem Transport der bei den Geschäftsabschlüssen eingenommenen Bargeldbeträge verbundene Risiko könnte durch Inanspruchnahme nahe gelegener Geldinstitute - zur Nachtzeit durch Benützung eines Nachttresors - vermieden bzw. verringert werden. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ließen erkennen, daß mehrfach Geschäfte unter Zuhilfenahme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs abgewickelt würden. Es widerspreche den allgemeinen Erfahrungen, daß alle Geldtransaktionen eines Unternehmens ausschließlich von einem Angestellten vorgenommen würden. Auch im sonstigen Privat- wie Geschäftsverkehr bestehe häufig die Notwendigkeit, größere Bargeldbeträge oder wertvolle Gegenstände zu transportieren, ohne daß bereits von einem berechtigten Bedürfnis nach Bewaffnung mit einer Faustfeuerwaffe die Rede sein könne. Da die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe nicht an einen Bedarf herankämen und das öffentliche Interesse an der Geringhaltung der mit dem Führen von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren die Interessen des Beschwerdeführers überwögen, habe die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers üben können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in seinen Rechten auf Ausstellung eines Waffenpasses und auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, sich mit seinem Berufungsvorbringen ausreichend auseinanderzusetzen und die zur konkreten Beurteilung der Sach- und Rechtslage erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 2 WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen. Gemäß § 18 leg. cit. ist ein Bedarf in diesem Sinn insbesondere dann als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Dieser Umschreibung des Bedarfsbegriffes ist - worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat - zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur dann die Rede sein kann, wenn die Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Wenngleich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Beurteilung der Erheblichkeit in diesem Zusammenhang auch kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen ist, so muß für die Annahme des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für den Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses immerhin das Vorhandensein einer Gefahrenlage gefordert werden, die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt. Zudem setzt die Bejahung der Bedarfsfrage auch voraus, daß die Gefahr eine solche ist, daß ihr unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, d.h. mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen, wirksam begegnet werden kann (vgl. u.a. das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042, und die dort angeführte Judikatur).
Ausgehend von dieser Rechtslage ist es unbeschadet des im Bereich des Verwaltungsrechtes allgemein geltenden Grundsatzes der Amtswegigkeit allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 18 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Somit wäre es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, daß diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe entgegengetreten werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0182). Diesem Erfordernis ist der Beschwerdeführer indes - nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - im Verwaltungsverfahren lediglich dadurch nachgekommen, daß er behauptet hat, praktisch täglich Betriebsgelder in Höhe von mehr als S 500.000,-- und einmal sogar in Höhe von einer Million S zu einer im Stadtbereich gelegenen Sparkasse transportieren und bei Fahrzeugverkäufen, die häufig an abgelegenen Orten in den Abendstunden stattfänden, größere Bargeldbeträge entgegennehmen zu müssen.
Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder in hinreichender Weise konkret aufgezeigt, inwieweit der Transport von wenn auch größeren Geldbeträgen zur Tageszeit im städtischen Bereich bzw. die Entgegennahme von Kaufsummen an wenn auch abgelegenen Orten in den Abendstunden für ihn bei den gegebenen Sicherheitsverhältnissen eine akute, über das für jedermann bestehende Zufallsrisiko hinausgehende Gefahr bedeuten soll, noch dargetan, daß diese Gefahr eine solche ist, daß ihr am zweckmäßigsten nur durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam begegnet werden könnte. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Erkenntnissen in ähnlich gelagerten Fällen klargelegt, daß die Durchführung von Geldtransporten in den Abendstunden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1983, Zl. 81/01/0312) und selbst das Mitsichführen von eine Million S übersteigenden Beträgen (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042) nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt.
Der Beschwerdeführer hat nicht überzeugend darzulegen vermocht, daß das von ihm behauptete Risiko nicht etwa durch die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Maßnahmen verringert werden könnte. Angesichts der dargestellten Rechtslage kann auch die vom Beschwerdeführer der belangten Behörde entgegengehaltene Argumentation, die Treffpunkte für einen potentiellen Kaufabschluß würden regelmäßig von den Kaufinteressenten selbst vorgeschlagen, sodaß ein Nichtakzeptieren dieser Treffpunkte durch den Beschwerdeführer einem Infragestellen der Seriosität des Kaufinteressenten und damit der Vereitelung von Kaufgelegenheiten gleichkäme, die Beschwerde nicht zum Erfolg führen. Gleiches gilt für das Vorbringen, die Geschäftsabschlüsse fänden meist in den Abendstunden an einer Vielzahl von Orten statt, sodaß der von der belangten Behörde für solche Fälle vorgeschlagenen Inanspruchnahme von Nachttresoren der Umstand entgegenstünde, daß die dann erforderliche entgeltpflichtige Benützung von Nachttresoren an einer Vielzahl von Orten dem Dienstgeber des Beschwerdeführers nicht zugemutet werden könne. Aber auch mit der Argumentation, dem Dienstgeber müsse es überlassen bleiben, in welcher Weise er die erforderlichen Geldtransporte kostengünstig durchführen lasse, und schließlich seien die von der belangten Behörde vorgeschlagenen Maßnahmen zur Risikoverminderung entweder mit höheren Kosten oder einem höheren Personalaufwand verbunden, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Das öffentliche Interesse, die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen auch durch verläßliche Personen verbundenen Gefahren möglichst gering zu halten, erfordert es, daß Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich einer Gefährdung ausgesetzt erachten, zunächst im zumutbaren Rahmen auch sie belastende Maßnahmen ergreifen, um diese von ihnen als gegeben angenommenen Gefahren zu verringern.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erweist sich aber auch der im Rahmen der Verfahrensrüge erhobene Vorwurf, die belangte Behörde hätte ergänzende Ermittlungen über die geschäftlichen Gepflogenheiten anstellen müssen, als unberechtigt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010405.X00Im RIS seit
25.04.2001Zuletzt aktualisiert am
18.03.2009