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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. März 1992, Zl. 4.282.847/4-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgendes:
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 13. August 1989 in das Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tag einen Asylantrag. Bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 24. Oktober 1989 gab er im wesentlichen an, daß er nicht gegen das derzeitige Regime sei, er die Ableistung des Militärdienstes, weil sein Bruder an der Front gefallen sei, verweigert habe, sodaß er keine Anstellung und keinen Reisepaß bekommen habe, und er sich auf Grund dieser Umstände entschlossen habe, im Westen ein neues Leben zu beginnen. Im Zuge seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 21. März 1990 erklärte er, daß er mit dem politischen Regime (in seinem Heimatstaat) nicht einverstanden sei und er wegen des Kriegszustandes mit dem Irak und des damit verbundenen Einsatzes an der Front die Ableistung des Militärdienstes verweigert habe, insbesondere deshalb, weil sein Bruder im Krieg gefallen sei. Trotzdem sei er keinerlei Repressalien seitens der iranischen Regierung ausgesetzt gewesen, außer daß er - wegen seiner Wehrdienstverweigerung - bis 1987 keine Arbeit bekommen habe. Er verwies (bei dieser Befragung) weiters auf die Mißachtung der Menschenrechte im Iran, erklärte jedoch, von den iranischen Behörden und deren Organen weder verfolgt noch benachteiligt worden zu sein, sondern habe sich die Benachteiligung lediglich auf seine Wehrdienstverweigerung bezogen. Im Iran habe er auch keiner politischen Gruppierung angehört und auch nie an Demonstrationen teilgenommen.
Daraufhin stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark mit Bescheid vom 6. August 1990 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß er sich nach seiner Matura um Aufnahme an der Universität beworben habe, dort aber nicht aufgenommen worden sei, weil er in der Mittelschule kein Mitglied einer religiösen Gruppe gewesen sei. Im übrigen wiederholte und präzisierte er hiebei sein bisheriges Vorbringen, wobei er bemerkte, daß er im Falle seiner Rückkehr mit sofortiger Inhaftierung und Folter, wahrscheinlich sogar mit seiner Hinrichtung zu rechnen habe.
Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. März 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes die Auffassung, daß "die Ablehnung der Wehrdienstleistung" keine Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention darstelle und auch eine etwaige aus diesem Grund drohende Bestrafung nicht als eine derartige Verfolgung angesehen werden könne. Nach den Angaben des Beschwerdeführers am 21. März 1990 habe sich seine Benachteiligung lediglich auf seine Wehrdienstverweigerung bezogen. Die verweigerte Aufnahme an der Universität stelle "kein verfolgungsmäßiges Verkürzen des Bildungsweges" dar, zumal dem Beschwerdeführer grundsätzlich das Recht auf Bildung nicht verweigert worden sei, habe er doch im Jahre 1986 das Gymnasium mit Matura abschließen können, "ohne in diesem Zusammenhang Probleme auch nur zu behaupten". Da das Ermittlungsverfahren keine hinreichenden sicheren Anhaltspunkte dafür erbracht habe, daß der Beschwerdeführer in seinem Heimatland aus einem der in der Konvention genannten Gründe Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder solche zu befürchten gehabt habe, sei die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde ausschließlich geltend, daß er deshalb, weil er den Krieg gegen den Irak und das herrschende Regime im Iran ablehne und sein Bruder in diesem Krieg gefallen sei, den Wehrdienst verweigert habe, die "Flucht" aus dem Iran für ihn "die logische Folge dieser, für mich möglicherweise tödlichen Wehrdienstverweigerung" gewesen sei und er im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland "daher neuerlich der Verfolgung wegen der seinerzeitigen Wehrdienstverweigerung ausgesetzt" sei. Ungeachtet der Frage, ob dieses Vorbringen mit seinen (sich im übrigen immer mehr steigernden) Angaben im Verwaltungsverfahren, die von der belangten Behörde als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen waren, zur Gänze in Einklang gebracht werden kann, ist jedenfalls die daraus abgeleitete Schlußfolgerung des Beschwerdeführers, es liege der im § 1 Asylgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführte Verfolgungsgrund der politischen Gesinnung vor, verfehlt. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die "Flucht" eines Asylwerbers vor einem drohenden Militärdienst ebensowenig ein Grund für die Anerkennung als Flüchtling ist wie die Furcht vor einer wegen Desertion oder Wehrdienstverweigerung drohenden, unter Umständen auch strengen Bestrafung (vgl. das Erkenntnis vom 8. April 1992, Zl. 92/01/0243, mit weiteren Judikaturhinweisen). Der Beschwerdeführer wäre im Falle seiner Rückkehr nur wegen der Verweigerung des (nach seinem eigenen Vorbringen von allen Wehrfähigen in seinem Heimatland zu leistenden) Wehrdienstes einer "Verfolgung" ausgesetzt. Mögen ihn allenfalls auch politische Gründe dazu bewogen haben, den Wehrdienst zu verweigern, so würde dies dennoch nicht bedeuten, daß er aus diesen (nach außen gar nicht in Erscheinung getretenen) Gründen (wenn überhaupt) bereits verfolgt worden wäre und eine Verfolgung zu erwarten hätte. Es ist daher auch der vom Beschwerdeführer gerügte Begründungsmangel im angefochtenen Bescheid nicht gegeben.
Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten (zur hg. Zl. AW 92/01/0047 protokollierten) Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010408.X00Im RIS seit
06.05.1992