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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1968 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. Oktober 1991, Zl. Fr 1559/91, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 10. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, gemäß § 10a Fremdenpolizeigesetz aus Österreich ausgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 2. Oktober 1991 abgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, daß von der Erstbehörde innerhalb von vier Monaten nach der Einreise die Ausweisung verfügt worden sei, weil der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist sei. Da der Beschwerdeführer einen Asylantrag eingebracht habe, sei die Ausweisung nicht vollstreckt worden. Das Asylverfahren sei mittlerweile abgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1.1. Gemäß § 10a Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz können Fremde, die unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und nicht zurückgeschoben werden dürfen, innerhalb eines Zeitraumes von vier Monaten nach der Einreise mit Bescheid ausgewiesen werden.
1.2. Gemäß § 5 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, ist der Asylwerber bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens (§ 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn er den Antrag auf Asylgewährung innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt stellt, in dem er in das Bundesgebiet eingereist ist oder in dem er von der Gefahr einer Verfolgung aus einem der im Art. 1 Abschn. A Z. 2 der Konvention (im Sinne des § 1 Asylgesetz) angeführten Gründe Kenntnis erlangt hat.
2. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht strittig, daß der Beschwerdeführer am 6. Juni 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle bei Schachendorf nach Österreich eingereist ist. Sein hierauf gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. Juni 1991 abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1991 abgewiesen.
Daraus folgt, daß der erstinstanzliche Ausweisungsbescheid vom 10. Juni 1991 zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, in welchem der vom Beschwerdeführer innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 5 Abs. 1 Asylgesetz gestellte Asylantrag noch nicht rechtskräftig abgewiesen und der Beschwerdeführer daher zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Rechtmäßigkeit einer auf § 10a Fremdenpolizeigesetz gestützten Ausweisung allein darauf an, ob die Voraussetzungen hiefür im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vorlagen (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. April 1992, Zl. 92/18/0053). In diesem Zeitpunkt machte aber im Beschwerdefall die vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz den Ausweisungsbescheid rechtswidrig. Die in der Gegenschrift dazu geäußerte Ansicht der belangten Behörde, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Abs. 1 Asylgesetz die Erlassung eines Ausweisungsbescheides nicht hindere, steht mit der hg. Rechtsprechung zu dieser Frage (siehe das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1992, Zlen. 91/19/0303, 0304) im Widerspruch.
Der Hinweis der belangten Behörde, daß im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides das Asylverfahren bereits rechtskräftig beendet gewesen sei, ist nach dem Gesagten für die hier zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung, weil bereits im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides keine rechtlichen Hindernisse für die Ausweisung bestehen dürfen.
3. Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Die Abweisung des Begehrens von Stempelgebührenersatz erfolgte deshalb, weil der Beschwerdeführer im Hinblick auf die ihm mit hg. Beschluß vom 5. November 1991, Zl. VH 91/19/0018, bewilligte Verfahrenshilfe von der Entrichtung von Stempelgebühren einstweilen befreit ist.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991190387.X00Im RIS seit
11.07.2001