Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §297;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der
J & Söhne OHG in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W,
1.) gegen die Bescheide des FA für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien vom 27.2.1989 betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer 1984 bis 1986, einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1984 bis 1986, sowie Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1984 bis 1987 und
2.) gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld, vom 18.12.1989, GZ. 6/3-3348/89-05, betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer 1984 bis 1986, einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1984 bis 1986, sowie Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1984 bis 1987,
Spruch
zu 1.) den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12. 13., 14. und 23. Bezirk in Wien richtet, zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
zu 2.) zu Recht erkannt:
Soweit sich die Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland hinsichtlich Umsatzsteuer 1985 und 1986 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung für 1986 richtet, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Offene Handelsgesellschaft, an der im strittigen Zeitraum vier Gesellschafter beteiligt waren. Die Bilanzen wurden zum 31. Mai eines Jahres erstellt.
Im Bericht über eine die Jahre 1984 bis 1986 umfassende Betriebsprüfung wurde unter anderem festgestellt, die Beschwerdeführerin habe in den Jahren 1977 bis 1978 auf einem Grundstück in W, L.-Gasse 12, eine Halle und in einem darüber gelegenen Geschoß Wohnräume (als Superädifikat) errichtet.
In einer von der Prüferin aufgenommenen Niederschrift gab der Gesellschafter P. jun. an, im Obergeschoß des genannten Gebäudes seien zunächst nur die im Bauplan als "Arbeitszimmer" und als technisches Büro bezeichneten Räume betrieblich genutzt worden. Ab 1. September 1985 sei P. jun. in das Obergeschoß übersiedelt. Der als "Arbeitszimmer" bezeichnete Raum werde von P. jun. seit September 1985 insoferne betrieblich genutzt, als er ihn gelegentlich bei geschäftlichen Besprechungen benutze und er selbst darin häufig abends arbeite. Diese Arbeiten bestünden im Erstellen von Maschinenprogrammen und in Erfindungen für Spezialmaschinen sowie in der Durchführung von Kalkulationen. Der Raum werde darüberhinaus von ihm und seiner Familie als Eß- und Wohnzimmer genutzt. Er sei mit einem Wandverbau und einem darin integrierten Schreibtisch sowie einer Eß- und Sitzgruppe eingerichtet. Der als "technisches Büro" bezeichnete Raum sei mit einem Wandverbau, einem Bett und einem Arbeitstisch mit Computer eingerichtet. P. jun. benütze den Raum betrieblich zum Testen der Programme. Einen schriftlichen Mietvertrag zwischen P. jun. und der Beschwerdeführerin gebe es nicht. Für die Wohnung werde ein Betrag von S 3.600,-- jährlich als Erlös angesetzt.
Die Prüferin ging davon aus, daß die Nutzfläche der von P. jun. benutzten Wohnung 25 % der Gesamtnutzfläche des Gebäudes beträgt. Sie entnahm - mit Wirkung für den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1986 - 25 % des Gebäudewertes (Teilwertes) aus dem Betriebsvermögen. Bei der Ermittlung der Umsatzsteuer für 1985 besteuerte sie die entsprechende Entnahme von Grund- und Gebäudeanteil als Eigenverbrauch.
Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer sowie Feststellung von Einkünften für 1984 - 1986 und ferner betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1984 bis 1987 wurde Berufung erhoben. Darin wurde ausgeführt, im Prüfungsbericht sei kein Hinweis enthalten, wie der Privatanteil von 25 % ermittelt worden sei. Die Gesamtnutzfläche des Gebäudes betrage 787 m2. Auf das Obergeschoß, das auch den privat genutzten Teil enthalte, entfielen 197 m2 Nutzfläche. Von dieser Nutzfläche seien aber die betrieblich genutzten Nutzflächen für ein "technisches Büro" (18,40 m2) und ein "Arbeitszimmer" (45,7 m2) abzuziehen. Privat genutzt seien daher 132,9 m2, das seien 16,9 % der Gesamtnutzfläche. Sämtliche Besprechungen mit Geschäftspartnern fänden in diesem Arbeitszimmer statt. Von der Beschwerdeführerin wurde darüber hinaus die Auffassung vertreten, daß bei P. jun. nur der seiner Vermögensbeteiligung entsprechende Privatanteil auch tatsächlich notwendiges Privatvermögen darstellen würde. Für die anderen Gesellschafter könne eine Entnahme aus dem Titel "notwendiges Privatvermögen" nicht konstruiert werden. Ein bei ihnen allenfalls vorhandener Privatanteil sei zum gewillkürten Betriebsvermögen zu zählen.
In einer Stellungnahme zur Berufung führte die Prüferin aus, bei einer Besichtigung der Räumlichkeiten im Obergeschoß habe sie festgestellt, daß sich im "technischen Büro" "ein (offensichtlich benutztes) Bett, ein Wandverbau sowie ein Arbeitstisch mit einem Computer" befunden habe. Auf Ersuchen des Gesellschafters P. jun. sei sodann auf eine weitere Besichtigung der Räumlichkeiten verzichtet worden. Der Stellungnahme waren Kopien der Baupläne des gegenständlichen Gebäudes angeschlossen.
In einer Gegenäußerung wurde zur Berechnung der Nutzflächen darauf hingewiesen, daß die für das Obergeschoß ausgewiesene Fläche (197 m2) unter Einrechnung aller Mauerflächen und des Stiegenaufganges zustande gekommen sei. Hingegen seien die in den Bauplänen angegebenen Werte für die Nutzflächen ohne Einbeziehung der Mauerflächen berechnet worden.
Bei der mündlichen Verhandlung gab der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin an, das im "technischen Büro" befindliche Bett sei von den "Steuerpflichtigen" selbst nie benutzt worden. Es habe vielmehr den Kunden zur Übernachtung gedient. Der Gesellschafter P. jun. habe seine ursprüngliche Wohnung von der Beschwerdeführerin um S 3.600,-- gemietet. Dieser Mietzins sei für die neue Wohnung beibehalten worden. Der Mietzins erscheine angemessen und halte einem Fremdvergleich stand.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Sinngemäß vertrat die belangte Behörde darin die Auffassung, daß der gegenständliche, als Wohnung eines Gesellschafters genutzte Gebäudeteil notwendiges Privatvermögen darstelle. Nach Auffassung der belangten Behörde sei es dabei unerheblich, ob das "technische Büro" ausschließlich betrieblich genutzt wurde und ob die Nutzfläche 18,4 m2 oder 13 m2 betrage. Ziehe man von 197 m2
18,4 m2 ab, so verblieben 22,6938 % als privat genutzt, was zu keinem anderen "Resultat" führe. Die Vermietung einer Wohnung des genannten Ausmaßes um S 300,-- monatlich halte einem Fremdvergleich nicht stand.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen diese Berufungsentscheidung, aber auch gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien, betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer sowie die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1984 bis 1986 sowie die Einheitswertbescheide zum 1.1.1984 bis 1987. Die Beschwerdeführerin erachtet sich insbesondere in ihrem Recht "auf richtige Ermittlung und Feststellung der Steuerbemessungsgrundlagen" verletzt. In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. BESCHEIDE DES FINANZAMTES FÜR DEN 12., 13., 14. UND
23. BEZIRK IN WIEN
Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde ist die Erschöpfung des Instanzenzuges (Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG). Soweit sich die Beschwerde gegen die bezeichneten Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk richtet, war sie wegen Fehlens dieser Voraussetzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
2. BERUFUNGSENTSCHEIDUNG
Ihrem wesentlichen Inhalt nach wendet sich die Beschwerde insoweit gegen die Berufungsentscheidung, als darin über die Umsatzsteuer 1985 und 1986 sowie über die Feststellung von Einkünften für 1986 und Gewerbesteuer 1986 abgesprochen worden ist.
Bei diesem Abspruch ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, daß eine Wohnung, die einem Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau zur gemeinsamen Haushaltsführung dient, nicht zum Betriebsvermögen gehört; eine solche Wohnung bzw. der entsprechende Teil des Gebäudes bilden notwendiges Privatvermögen. Auch in Fällen, in denen die Wohnung nicht einem Einzelunternehmer, sondern einem Mitunternehmer zur Haushaltsführung dient, stellt sie notwendiges Privatvermögen dar, zumal eine gleichmäßige Behandlung von Einzelunternehmern und Mitunternehmern bei der Gewinnermittlung einem insbesondere aus § 23 Z. 2 EStG 1972 hervorleuchtenden Grundgedanken des Einkommensteuerrechtes entspricht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1982, 82/14/0056, sowie jenes vom 27. November 1984, 14/2270/79, 82/14/0337).
Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber die Auffassung vertritt, daß hinsichtlich des in Rede stehenden Teiles des Gebäudes - das nach der Aktenlage als Superädifikat der Gesellschaft zugerechnet ist - nur bei P. jun. notwendiges Privatvermögen, bei den übrigen Gesellschaftern aber gewillkürtes Betriebsvermögen gegeben sei, so übersieht sie, daß jeder Gesellschafter Mitunternehmer des ganzen Unternehmens ist (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 23 EStG 1972, S. 40/2). Daraus folgt, daß die Nutzung eines Gebäudeteiles als Wohnung eines Mitunternehmers in dem dieser Nutzung entsprechenden (vollen) Umfang aus dem betrieblichen Bereich des (ganzen) Unternehmens auszuscheiden ist.
Dennoch hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Die belangte Behörde hat nämlich eine Feststellung dahingehend unterlassen, ob der als "technisches Büro" bezeichnete Raum betrieblich oder privat genutzt wurde und welches Ausmaß dieser Raum hat. Die Auffassung, für den angefochtenen Bescheid sei eine derartige Feststellung unmaßgeblich, ist unrichtig. Für den Streitfall ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht allein entscheidend, ob der privat genutzte Gebäudeteil von untergeordneter Bedeutung (unter 20 %, vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, S. 77) ist. Vielmehr ist auch das Ausmaß der privaten Nutzung unmittelbar für den Gewinn des Jahres 1986 und die Höhe der Umsatzsteuer für 1985 und 1986 von ausschlaggebender Bedeutung. Da die belangte Behörde demgegenüber im angefochtenen Bescheid ausdrücklich offen gelassen hat, ob die private Nutzung 25 % oder 22,6938 % betragen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG insoweit aufzuheben war. Soweit der angefochtene Bescheid Gewerbesteuer 1986 betraf, hatte eine Aufhebung jedoch nicht zu erfolgen, da es sich dabei um einen vom Gewinnfeststellungsbescheid abgeleiteten Bescheid handelt. Ein solcher Bescheid kann aber nicht mit der Begründung angefochten werden, daß die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind (§ 252 Abs. 1 BAO).
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde Feststellungen darüber zu treffen haben, inwieweit im Beschwerdefall die Nutzfläche als Maßstab für das Verhältnis zwischen betrieblicher und privater Nutzung überhaupt geeignet ist, weil es sich um Bausubstanz völlig unterschiedlicher Funktion und Größe handelt (einerseits eine Werkshalle, andererseits Wohnräume).
Die Beschwerde wendet sich auch gegen die Feststellung des Gewinnes für die Jahre 1984 und 1985, die Gewerbesteuer für 1984 und 1985, die Umsatzsteuer für 1984 sowie die Einheitswerte zum 1. Jänner 1984 bis 1987. Die Beschwerde enthält insoweit aber keine Gründe für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, sodaß sie diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Dabei konnte von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990130057.X00Im RIS seit
14.01.2002