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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 12. Februar 1987, Zl. 6/3-3030/87, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1981 bis 1983 sowie Vorauszahlung an Einkommensteuer für 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist als steuerlich anerkannte Dienstnehmerin im Betrieb ihres Ehegatten beschäftigt. Im Jahr 1980 erwarb sie um einen Kaufpreis von S 800.000,-- eine bebaute Liegenschaft und vermietete einen Teil des Gebäudes an ihren Ehegatten zu betrieblichen Zwecken.
Der Kaufpreis wurde mit Hilfe von Krediten aufgebracht. Im schriftlichen Mietvertrag wurde eine "Investitionsablöse" in Höhe von S 480.000,--, zahlbar in Monatsraten von S 4.000,--, sowie ein monatlicher Mietzins von S 6.000,-- vereinbart.
Für die Jahre 1981 bis 1983 fand bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Dabei stellte der Prüfer unter anderem fest, daß die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die ratenweise entrichtete Investitionsablöse nicht erklärt hatte. Mit der Begründung, daß gemäß § 28 Abs. 1 EStG 1972 auch Investitionsablösen zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zählten, rechnete der Prüfer jährlich S 48.000,-- den erklärten Mieteinnahmen hinzu.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Bei der Investitionsablöse handle es sich um die ratenweise Abstattung eines Kredites, den die Beschwerdeführerin ihrem Ehegatten für die Lokalablöse in Höhe des halben Kaufpreises zuzüglich Zinsen gewährt habe. Es lägen demnach keine steuerpflichtigen Einnahmen vor. Die Bezeichnung "Investitionsablöse" sei irrigerweise erfolgt. Ablösbare Investitionen seien nicht vorhanden gewesen. Ihr Ehegatte habe die zur betrieblichen Nutzung erforderlichen Gebäudeinvestitionen selbst vorgenommen. Der Betrag für die Lokalablöse sei von ihrem Ehegatten aktiviert worden. Er habe in diesem Zusammenhang auch eine "Ersatzbeschaffungsrücklage" bestimmungsgemäß verwendet. Auch sei zu beachten, daß die Ratenzahlungen bei ihrem Ehegatten nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt worden seien.
Weiters beantragte die Beschwerdeführerin, eine Zahlung von S 200.000,-- als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 zu berücksichtigen. Bei diesem Betrag handle es sich um eine Zollstrafe ihres Ehegatten, die sie mit Rücksicht auf die sonst drohende Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Monaten mit Hilfe von Krediten entrichtet habe.
In seiner Stellungnahme zur Berufung der Beschwerdeführerin wies der Prüfer darauf hin, daß die Lokalablöse beim Ehegatten der Beschwerdeführerin als Aufwand zur Erlangung des Mietrechtes vermindert um die "Ersatzbeschaffungsrücklage" aktiviert und im Wege der AfA abgeschrieben worden sei. Für die Steuerpflicht der Ablösezahlung bei der Beschwerdeführerin sei es unerheblich, aus welchem Titel sie bezahlt worden sei, weil Ablösezahlungen, die der Vermieter einer Liegenschaft vom Mieter erhalte, in jedem Fall zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehörten.
Strafen seien nicht als steuerlich abzugsfähige außergewöhnliche Belastung anzusehen. Abgesehen davon sei festgestellt worden, daß der betreffende Betrag vom betrieblichen Girokonto des Ehegatten der Beschwerdeführerin als Privatentnahme abgebucht worden sei.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend brachte sie vor, "die Lokalitäten ... nicht auf Raten sondern auf Kredit an ihren Ehegatten um S 480.000,-- verkauft" zu haben. Dieser Kredit sei "mit jeder Tilgungsquote" verringert worden.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Die Beschwerdeführerin habe mit ihrem Ehegatten einen Mietvertrag abgeschlossen. Es bestehe kein Grund, diesen Vertrag in "einen Kaufvertrag mit Abtretung des wirtschaftlichen Eigentums am Lokal" umzudeuten. Die vom Ehegatten der Beschwerdeführerin an diese ratenweise bezahlten Beträge seien daher als Teil des Mietentgeltes anzusehen. Dem Antrag, die von der Beschwerdeführerin für ihren Ehegatten bezahlte Zollstrafe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, sei ebenfalls nicht zu entsprechen, weil dieser Zahlung das Merkmal der Zwangsläufigkeit fehle.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, ihrem Ehegatten für dessen betriebliche Zwecke Teile einer ihr gehörigen Liegenschaft vermietet zu haben. Sie vertritt jedoch die Auffassung, daß nur der als solcher vereinbarte monatliche Mietzins von S 6.000,-- und nicht auch die zusätzlich vereinbarten monatlichen Raten von S 4.000,-- bei ihr als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen seien. Sie begründet dies damit, daß es sich bei den Raten um eine Darlehensrückzahlung handle. Sie habe das Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Liegenschaft aufgenommen und mit ihrem Ehegatten vereinbart, daß dieser das Darlehen zurückzahlt. Eine Darlehensrückzahlung könne jedoch nicht als Mieteinnahme angesehen werden.
Bei dieser Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin, daß nicht sie ihrem Ehegatten ein Darlehen gewährt, sondern daß sich dieser verpflichtet hat, für sie ein Darlehen zurückzuzahlen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt, sondern auch aus der Beschwerde selbst, in der wörtlich ausgeführt wird:
"Frau ... (die Beschwerdeführerin) mußte zur Anschaffung
der gesamten Liegenschaft einen Kredit aufnehmen und hat ihrem
Ehemann das Lokal um S 480.000,-- weitergegeben. Sie erhielt
diesen Betrag nicht in bar, sondern wurde vereinbart, daß das
gewährte Darlehen ... in monatlichen Raten von S 4.000,-- durch
ihren Ehegatten zurückbezahlt wird".
Die Rückzahlung des Anschaffungskredites der Beschwerdeführerin durch ihren Ehegatten stellt aber zweifelsfrei die Erfüllung einer Verpflichtung dar, die der Ehegatte als Gegenleistung für die Einräumung von Mietrechten an der Liegenschaft übernommen hat. Dabei ist es unmaßgeblich, ob die im Mietvertrag gewählte Bezeichnung "Investitionsablöse" zutreffend war oder nicht bzw. ob überhaupt ablösbare Investitionen vorlagen oder ob der Ehegatte der Beschwerdeführerin genötigt war, das gemietete Lokal mit zusätzlichem Aufwand in benützbaren Zustand zu versetzen. Entscheidend ist lediglich, daß die Ratenzahlungsverpflichtung als Gegenleistung dafür vereinbart war, daß dem Ehegatten der Beschwerdeführerin von dieser ein Mietrecht eingeräumt wurde. Die Tilgung ihrer Schulden durch den Ehegatten bewirkte dabei einen geldwerten Vorteil der Beschwerdeführerin i.S. des § 15 EStG 1972. Wenn die Beschwerdeführerin wiederholt davon spricht, sie hätte ihrem Ehegatten ein Darlehen gewährt, um ihn in die Lage zu versetzen, seine im Mietvertrag vereinbarten Verpflichtungen ihr gegenüber zu erfüllen, so verkennt sie, daß eine derartige gedankliche Konstruktion nichts anderes zum Ausdruck bringt als die Stundung einer aus dem Rechtstitel "Mietvertrag" geschuldeten Geldleistung. Die einzelnen Ratenzahlungen haben daher nicht den Charakter einer Darlehensrückzahlung, sondern den einer allmählichen Abstattung der mietvertraglich übernommenen Verpflichtung zur Leistung eines Geldbetrages von S 480.000,-- an die Beschwerdeführerin und stellen als solche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dar. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet.
Der Beschwerdeführerin kann aber auch im zweiten Beschwerdepunkt nicht gefolgt werden. Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1972 liegt eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Gemäß Abs. 3 der zitierten Bestimmung erwächst dem Steuerpflichtigen die Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Bezahlung einer Strafe kann weder beim Bestraften selbst noch bei einer Person, die anstelle des Bestraften die Bezahlung der Strafe übernimmt, als zwangsläufig bezeichnet werden. Beim Bestraften ist davon auszugehen, daß die Strafe für ein schuldhaftes Verhalten verhängt wurde und dem Bestraften schon deswegen nicht zwangsläufig erwachsen ist, weil die Rechtsordnung ein Verhalten, das aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen geboten ist, nicht mit Strafe bedroht. Eine Strafe wird aber auch nicht dadurch zu einer außergewöhnlichen Belastung, weil sie von einer dritten Person anstelle des Bestraften entrichtet wird. Eine sittliche Verpflichtung solcherart besteht nicht. Wie der Gerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, setzt Zwangsläufigkeit infolge sittlicher Verpflichtung voraus, daß die Sittenordnung entsprechendes Handeln fordert, nicht nur daß sie es gutheißt. Was die Sittenordnung gebietet, richtet sich nach dem Urteil der billig und gerecht denkenden Mitbürger, in welchem also das Rechtsgefühl der Gemeinschaft zum Ausdruck kommt (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 23. April 1985, 84/14/0158). Danach besteht aber für einen Ehegatten keine sittliche Verpflichtung, Strafen des anderen Ehegatten zu bezahlen, selbst dann nicht, wenn dadurch der Vollzug einer sonst drohenden Ersatzfreiheitsstrafe vermieden werden soll.
Da die Beschwerdeführerin sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan hat, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1987130083.X00Im RIS seit
13.05.1992