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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §93 Abs3 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 7. Jänner 1991, Zl. 6/3-3249/90-04, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid die Gewerbesteuer 1986 bis 1988 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer übt seine Tätigkeit nach den unbestrittenen Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung auf Grund eines Gewerbescheines, lautend auf Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, Systemanalysen, Programmierungen und Durchführung der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, sowie auf Grund eines zweiten Gewerbescheines, lautend auf Betriebsberatung und Betriebsorganisation, aus und ist damit auf zweifache Weise tätig, einerseits als "Geschäftsführer-Gesellschafter" der Firma SD-BetriebsberatungsgesmbH (in der Folge SD-GmbH) und andererseits als Einzelunternehmer. Der Beschwerdeführer erklärte für die Jahre bis 1988 Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wobei er diese in Einkünfte aus selbständiger Arbeit, resultierend im wesentlichen aus den Einnahmen der Einzelunternehmertätigkeit und aus Autorenhonoraren, sowie in Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, resultierend aus den Einnahmen aus der SD-GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beschwerdeführer war, trennte. Von der abgabenbehördlichen Prüfung wurden sämtliche dieser Einkünfte des Abgabepflichtigen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt, weil eine "betriebsberatende Tätigkeit nach der herrschenden Rechtsmeinung als gewerbliche anzusehen" sei. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht und erließ teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 1986 bis 1988 entsprechende Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide.
In der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wird nach Hinweis auf die zweifache Tätigkeit des Beschwerdeführers als Gesellschaftergeschäftsführer einerseits und als Einzelunternehmer andererseits ausgeführt, daß eine Analyse und steuerliche Würdigung der verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Beschwerdeführers nicht vorgenommen worden wäre. In der Folge wird bezüglich der über die SD-GmbH abgerechneten Honorare ausgeführt, daß diese in erster Linie für Tätigkeiten bezogen worden wären, die, aus der Kooperation mit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft herrührend, mit EDV-Revisionen im Rahmen aktienrechtlicher Pflichtprüfungen zusammenhingen. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei als solche eines externen Prüfungsleiters in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu beschreiben, zu dessen Spezialaufgaben die EDV-Revisionen und Systemanalysen gehörten. Der Beschwerdeführer übe daher zum überwiegenden Teil eine Tätigkeit aus, die der Tätigkeit der Wirtschaftstreuhänder ähnlich sei, weshalb die vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte den Einkünften aus selbständiger Arbeit und nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen seien.
Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde unter anderem aus, zum typisierten Bild des Wirtschaftstreuhänders zähle auch die Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafsachen vor den Finanzbehörden des Bundes und den übrigen Gebietskörperschaften. Da eine solche Vertretungstätigkeit nicht ausgeübt werde, fehle ein wesentliches Ähnlichkeitsmerkmal, weshalb von einer Tätigkeit, die jener der Wirtschaftstreuhänder ähnlich sei, hinsichtlich der über die SD-GmbH bezogenen Honorare, der Rechtsgutachten und der Unternehmensbewertung nicht gesprochen werden könne.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein mängelfreies Verfahren und auf Anerkennung der von ihm erzielten Einkünfte als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit verletzt und macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit unter anderem Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Wirtschaftstreuhänder und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit.
Nach Z. 2 des § 22 Abs. 1 EStG 1972 sind auch Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit solche aus selbständiger Arbeit. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind stets die Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 3) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn sie die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittige Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht als eine der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders ähnliche freiberufliche Tätigkeit beurteilt hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. März 1990, 87/14/0032, unter Hinweis auf die Erkenntnisse vom 25. Jänner 1980, 2158/78, und 26. Jänner 1977, 1932, 2118/76, Slg. 5073/F, ausgesprochen hat, setze Ähnlichkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG jedenfalls eine tatsächliche Tätigkeit voraus, die den wesentlichen und typischen Teil der Tätigkeit umfasse, zu der die einschlägigen Vorschriften über den freien Beruf, zu dem Ähnlichkeit angenommen werden soll, berechtigen. Als wesentlicher und typischer Teil der Tätigkeit des Wirtschaftstreuhänders sei die "Steuerberatung" anzusehen. Diese Tätigkeit bestehe nach § 33 Abs. 1 lit. c WT-BO im wesentlichen in der Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiet des Abgabenrechts. Nach der eben erwähnten Vorschrift zählt zur Tätigkeit der Wirtschaftstreuhänder aber auch die Vertretung ihrer Auftraggeber im Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. Oktober 1982, 82/14/0253, 0257, Slg. 5713/F, dargelegt hat, habe sich der Beruf des Wirtschaftstreuhänders als Spezialberuf der Rechtsberatung neben dem freien Beruf des Rechtsanwaltes entwickelt. Für den Beruf des Rechtsanwaltes hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 1989, 88/14/0067, die Vertretung von Klienten als wesentliches Ähnlichkeitsmerkmal für das typisierte Bild des Rechtsanwaltes festgestellt. Gleiches gilt auf Grund obiger Überlegungen sowie der Tatsache, daß Wirtschaftstreuhänder überwiegend auch die Vertretungstätigkeit nach § 33 Abs. 1 lit. c WT-BO ausüben, für das typisierte Bild des Wirtschaftstreuhänders. Auch für diesen freien Beruf stellt somit die Vertretungstätigkeit ein wesentliches Ähnlichkeitsmerkmal im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG dar.
Nach dieser Rechtsprechung, von der abzugehen sich der Gerichtshof auch durch die gegenständliche Beschwerde nicht veranlaßt sieht, begründet weder die in der Beschwerde mit EDV-Revision umschriebene Tätigkeit des Beschwerdeführers, noch die Unternehmensbewertung noch die Erstattung von Rechtsgutachten eine ausreichende Ähnlichkeit zur Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders. Daran ändert auch der in der Beschwerde ausgeführte Umstand nichts, daß Wirtschaftstreuhänder die von ihnen nach der WT-BO auszuübenden Tätigkeiten in verschiedenem Umfang und allenfalls durch Spezialisierung nur in Teilbereichen ausüben.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeigt die Beschwerde somit nicht auf.
Die Rüge, daß im angefochtenen Bescheid Verfahrensvorschriften verletzt wurden, ist im Ergebnis allerdings berechtigt: Wiewohl nach den ausdrücklichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid bei Entscheidung über die Berufung unter anderem die Steuererklärungen und der Betriebsprüfungsbericht zur Kenntnis genommen wurden, woraus deutlich zu entnehmen war, daß der Beschwerdeführer an der SD-GmbH wesentlich, nämlich zu 100 % beteiligt war, läßt der angefochtene Bescheid eine Begründung dafür vermissen, warum die "über die SD-GmbH bezogenen Honorare" des Beschwerdeführers unabhängig von der Frage, ob dessen Tätigkeit eine den Wirtschaftstreuhändern ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG darstellt, nicht als gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 ebenfalls unter die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu subsumierende Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit beurteilt wurden. Dies zu begründen war die belangte Behörde schon deshalb verhalten, weil der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen eine Trennung in Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit durchgeführt hatte, worauf bereits in der Berufung hingewiesen worden war. Daß etwa die Voraussetzung einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung gegenständlich nicht erfüllt wäre, wurde weder ausgeführt, noch läßt sich solches der Aktenlage entnehmen.
Für die Einkommensteuer der Streitjahre kann allerdings dahinstehen, ob die diesbezüglichen Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder solche aus selbständiger Arbeit im Sinn des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 zu qualifizieren gewesen wären, weil sich an der Art und Höhe der Abgabe, dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und den Bemessungsgrundlagen, somit an den gemäß § 198 Abs. 2 BAO den Spruch der Abgabenbescheide bildenden Elementen, nichts ändern würde; das Betriebsausgabenpauschale des § 4 Abs. 6 EStG 1972 steht auch für selbständige Einkünfte im Sinn des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 nicht zu. Durch eine allenfalls unrichtige Qualifikation der genannten Einkünfte wurde der Beschwerdeführer somit hinsichtlich der Streitjahre bei dieser Abgabenart in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt. Daß sich aus den angefochtenen Bescheiden für den Beschwerdeführer andere Rechtsverletzungsmöglichkeiten, insbesondere hinsichtlich späterer Veranlagungszeiträume, ergeben könnten, hat er nicht behauptet und vermag auch der Verwaltungsgerichtshof solches nicht zu erkennen, zumal eine Bindung der belangten Behörde an ihre im angefochtenen Bescheid geäußerte Rechtsansicht für die Folgejahre nicht besteht.
Für die Gewerbesteuer der Streitjahre ist die aufgezeigte Verletzung von Verfahrensvorschriften aber wesentlich, weil die Vorschreibung von Gewerbesteuer - soweit Einkünfte aus (sonstiger) selbständiger Arbeit tatsächlich vorliegen - durch das Gesetz nicht gedeckt wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit darin über die Gewerbesteuer abgesprochen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren im Ausmaß von S 360,-- war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur einfach vorzulegen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991130048.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
20.01.2011